Änderungen im Wettbewerbsumfeld bedingen Anpassung der Steuerungssysteme
Die Öffnung des europäischen Fernverkehrs im Jahr 2011 hatte einen starken Anstieg des Wettbewerbs für die Österreichische Bundesbahn (ÖBB) zur Folge. Diese grundlegend geänderten Wettbewerbsbedingungen führten bei der ÖBB zu dem Entschluss, die internen Strukturen des Unternehmens kritisch zu überprüfen. Entgegen der Vermutungen konnte die ÖBB weder als monopolistischer Preissetzer noch als ertrags- und finanzstark im Vergleich zum europäischen Wettbewerb befunden werden. Zudem war die ÖBB aufgrund der internen Kostenstruktur unflexibel. Daher entschloss sich das Management der ÖBB zur Einführung eines neuen effektiven und modernen Steuerungssystems.
Elemente des Steuerungssystems
Für das neue Steuerungssystem der ÖBB wurden im Vorfeld präzise Gestaltungselemente definiert. Ein wichtiger Bestandteil war dabei die Etablierung von Qualitäts- und Effizienzanforderungen sowie die Schaffung klarer Verantwortlichkeiten durch die Überarbeitung des Center-Konzepts.
Des Weiteren war es klare Zielvorgabe, die Kosten- und Ergebnisrechnung gemäß einer strikten Leistungsorientierung der internen Verrechnungslogik zu überarbeiten. Zudem sollte die vormals starke Orientierung an der Gewinn- und Verlustrechnung ohne echte operative Transparenz einem schlanken und modernen kennzahlenbasierten operativen Performance Management System weichen. Dieses Zielbild wurde durch die Hinterlegung des neuen Steuerungsansatzes im gesamten Managementprozess sowie der Integration in die Planungs- und Forecastprozesse vervollständigt (s. Abb. 1 in der Bilderserie).
Steuerung erfolgt über eine neue Center-Struktur
Die Basis für das neue Steuerungssystem bildete dabei die neu definierte Center-Struktur der ÖBB. Die wichtigste Veränderung war dabei die Etablierung der drei Geschäftsbereiche Fern-, Nah- und Busverkehr als echte Profit-Center mit klarer Ergebnisverantwortung. Zudem wurden die Service- und Cost-Center neu ausgestaltet. Dies hatte zur Folge, dass die neuen Verantwortlichkeiten der Profit-Center entsprechend in der Ergebnisrechnung zwecks Kosten- und Ergebnissteuerung abgebildet werden mussten. Primäres Steuerungsziel der Service Center ist hingegen die Zielkosteneinhaltung, deren Abweichungen mittels geeigneter Kennzahlen zu „Wirtschaftlichkeit“, „Produktivität“ und „Qualität“ nachverfolgt werden sollten.
Die Steuerungslogik der Center wurde in einem weiteren Schritt mittels konsistenter Kennzahlenbäume mit klaren Top-Kennzahlen abgebildet. Diese Kennzahlenbäume sind entsprechend die Basis für schlanke sowie multidimensional und individuell auswertbare Kennzahlenberichte.
Verankerung im Planungs- und Managementprozess ermöglicht eine zukunftsorientierte Steuerung
Elementarer Bestandteil des neuen Steuerungssystems war dessen Verankerung im Planungsprozess der ÖBB. Durch die Integration von Top-down-Zielen wurde die mittelfristige Verankerung der Ziele in der Organisation gewährleistet. Für die Profit-Center bedeutet dies, dass die Zielvorgaben bzw. die Rentabilitätserwartungen mit entsprechenden marktseitigen Maßnahmen sowie Primärkostensenkungen zu hinterlegen sind. Die Top-down-Zielvorgaben der Service-Center werden hingegen über die Zielkostenkurve definiert, welche demzufolge in der Planung mittels Effizienzmaßnahmen zu präzisieren ist.
Die konsequente Verankerung des Steuerungssystems im Planungsprozess ermöglicht der ÖBB die Durchführung von Simulationen und Szenarien. Diese sind letztendlich die Basis für die Ableitung der Ziele für die mittelfristige Planung.
Erfolgsfaktoren der Implementierung
Durch die Einführung des neuen Steuerungssystems wurde die Transparenz sowie Verbindlichkeit im Entscheidungsprozess der ÖBB entscheidend erhöht. Ein bedeutender Erfolgsfaktor war dabei rückblickend, dass der Veränderungsprozess von Beginn an von der obersten Führungsebene mitgetragen wurde. Darüber hinaus erwiesen sich die proaktive Kommunikation innerhalb der Organisation sowie Berücksichtigung der Unternehmenskultur als zentral.
Das Unternehmen
Die ÖBB ist ein staatliches Bahnunternehmen mit 12.000 Mitarbeitern, welches im Nahverkehr, Fernverkehr sowie im Busverkehr tätig ist. Bis zur Öffnung des europäischen Bahnverkehrs war der Wettbewerb im Fernverkehr in Europa durch nationale Monopolisten in den jeweiligen Staaten geprägt.