BilRUG verkündet und in Kraft getreten: Überblick über die Änderungen
Wichtigste Änderungen der größten HGB-Reform seit dem Bilanzrechtmodernisierungsgesetz sind
- die rückwirkend bereits für Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2013 beginnen, anwendbaren, erhöhten monetären Schwellenwerte für die Klassifikation der Größenklassen für Kapitalgesellschaften und die Befreiung der Konzernbilanzierung. Konkret werden die Werte für kleine Kapitalgesellschaften um fast ¼ erhöht, während die Werte für mittelgroße Kapitalgesellschaften oder die Befreiung von der Konzernrechnungslegungspflicht lediglich um knapp 4 % erhöht werden (§ 267 und § 293 HGB-BilRUG);
- die Konkretisierung der Erleichterungsvorschriften für bestimmte, in einen Konzernabschluss einbezogenen Tochterunternehmen nach § 264 Abs. 3 und § 264b HGB-BilRUG;
- die Streichung der außerordentlichen Posten in der GuV-Gliederung, dafür aber postenweise Nennung (im Regierungsentwurf wurde noch eine Erläuterung gefordert) von Betrag und Art im Anhang (§ 275 und § 285 Nr. 31 HGB-BilRUG);
- eine Änderung der Umsatzdefinition, nach der „als Umsatzerlöse (…) die Erlöse aus dem Verkauf und der Vermietung oder Verpachtung von Produkten sowie aus der Erbringung von Dienstleistungen der Kapitalgesellschaft nach Abzug von Erlösschmälerungen und der Umsatzsteuer sowie sonstiger direkt mit dem Umsatz verbundener Steuern auszuweisen“ sind (§ 277 Abs. 1 HGB-BilRUG);
- die Festlegung der Nutzungsdauer für Geschäfts- oder Firmenwert, bei denen keine verlässliche Schätzung vorgenommen werden kann, von 10 Jahre (§ 253 Abs. 3 HGB-BilRUG);
- die Einführung einer Ausschüttungssperre für phasengleich vereinnahmte Beteiligungserträge nach § 272 Abs. 5 HGB-BilRUG;
- der Anlagespiegel und die Haftungsverhältnisse sind im Anhang und nicht mehr wahlweise in oder unter der Bilanz anzugeben – zudem wird die Aufgliederung der Abschreibungen in Anlagespiegel erweitert (§ 284 Abs. 3 HGB-BilRUG);
- der Nachtragsbericht und die Aktienanzahl u. s. w. werden aus dem Lagebericht in den Anhang verlagert;
- deutlich erweiterte und konkretisierte Angabepflichten im Anhang und Konzernanhang;
- eine Erweiterung der Erleichterungen für kleine Kapitalgesellschaften (§ 288 Abs. 1 HGB-BilRUG);
- eine deutliche Erhöhung der Angabepflichten für mittelgroße Kapitalgesellschaften, wobei im Gegensatz zum Regierungsentwurf nun immerhin zumindest die Angabepflicht zu aperiodischen Aufwendungen und Erträgen für diese Unternehmen entfallen darf (§ 288 Abs. 2 HGB-BilRUG);
- eine Neuregelung der befreienden Wirkung von Konzernabschlüssen für (§§ 291 und 292 HGB-BilRUG);
- die Einführung eines Wahlrechts bei der Bestimmung des Zeitpunkts, zu dem die Neuwertung im Rahmen der Kapitalkonsolidierung zu erfolgen hat. Nun wird neu ausgeführt: „Stellt ein Mutterunternehmen erstmalig einen Konzernabschluss auf, sind die Wertansätze zum Zeitpunkt der Einbeziehung des Tochterunternehmens in den Konzernabschluss zugrunde zu legen, soweit das Tochterunternehmen nicht in dem Jahr Tochterunternehmen geworden ist, für das der Konzernabschluss aufgestellt wird. Das gleiche gilt für die erstmalige Einbeziehung eines Tochterunternehmens, auf die bisher gemäß § 296 verzichtet wurde. In Ausnahmefällen dürfen die Wertansätze nach Satz 1 auch in den Fällen der Sätze 3 und 4 zugrunde gelegt werden; dies ist im Konzernanhang anzugeben und zu begründen.“ (§ 301 Abs. 2 Sätze 3 und 4 HGB-BilRUG);
- die verbindliche Bezeichnung der Minderheitsanteile als „nicht beherrschende Anteile“ in Bilanz und GuV (§ 307 HGB-BilRUG);
- die Forderung einer Erklärung der Unternehmensführung nach § 289a HGB nun auch im Konzernlagebericht (§ 315 Abs. 5 HGB-BilRUG) – weiterhin ist diese von der Prüfungspflicht ausgenommen (§ 317 Abs. 2 HGB-BilRUG);
- eine Neuformulierung der Offenlegungsvorschriften, was insbesondere dazu führt, dass zukünftig alle offenlegungspflichtigen Unterlagen innerhalb von 12 Monaten zur Bekanntmachung beim Bundesanzeiger eingereicht sein müssen (§ 325 HGB-BilRUG);
- die Ausweitung der Erleichterungen für Kleinkapitalgesellschaften auch auf Kleinstgenossenschaften (§ 336 Abs. 3 HGB-BilRUG);
- ein (bisher) branchenbezogener Bericht über Zahlungen an staatliche Stellen für Unternehmen von öffentlichem Interesse, die über 500 Mitarbeiter beschäftigen und die in der mineralgewinnenden Industrie oder auf dem Gebiet des Holzeinschlags in Primärwäldern tätig sind.
Die Möglichkeit, das BilRUG insgesamt vorzeitig anzuwenden, wurde gestrichen
Es ist zu beachten, dass die erhöhten Schwellenwerte nur dann bereits rückwirkend Anwendung finden dürfen, wenn zugleich mit den erhöhten Werten auch die neue Umsatzerlösdefinition angewendet wird. Dabei wird nun zusätzlich gefordert, dass bei einer erstmaligen Anwendung der nur zusammen anzuwendenden §§ 267, 267a, 277 und 293 HGB-BilRUG im Anhang oder Konzernanhang auf die fehlende Vergleichbarkeit der Umsatzerlöse hinzuweisen und unter nachrichtlicher Darstellung des Betrags der Umsatzerlöse des Vorjahres, der sich aus der Anwendung von § 277 Abs. 1 HGB-BilRUG ergeben würde, erläutert wird, Abs. 2 EGHGB-BilRUG). Eine noch im Regierungsentwurf eingeräumte Möglichkeit, das BilRUG insgesamt vorzeitig anzuwenden, wurde gestrichen.
Für Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2015 beginnen, pflichtgemäß anzuwenden
Die übrigen geänderten Vorschriften und die §§ 267, 267a, 277 und 293 HGB-BilRUG, wenn sie nicht bereits vorzeitig Anwendung gefunden haben, sind für Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2015 beginnen, nun pflichtgemäß anzuwenden.
Spannend ist im Gesetzgebungsverfahren zudem die begleitende Eingabe des zuständigen Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz, dass die Bundesregierung den Abzinsungssatz für die Berechnung der Rückstellungen in § 253 Abs. 2 HGB angesichts des sehr niedrigen Zinsniveaus kurzfristig überprüfen und anpassen soll. Bislang wird der laufzeitadäquate durchschnittlich Zinssatz über die letzten 7 Jahre berechnet, da angenommen wurde, dass diese Zeitspanne einem üblichen Zinszyklus entsprechen würde und damit der Anpassungsbedarf der Rückstellungen allein aus Zinsänderungen möglichst ausgeschlossen werden sollte. Da der durchschnittliche Zinssatz seit Jahren nun aber drastisch verfallen ist und der Abstand zu den immer noch nach § 6a EStG zu verwendenden 6 % bei Pensionsverpflichtungen immer größer wird, was Unternehmen von einem weiteren Engagement bei Pensionszusagen zusehends zögerlicher werden lässt, soll ggf. ein längerer Zeitraum gewählt werden.
Auch zeigte sich der Ausschuss überrascht, welche Auswirkungen die Anpassung der Umsatzerlösdefinition haben dürfte. Hier soll die Bundesregierung – ohne dass dies in der Beschlussempfehlung explizit genannt ist – auf europäischer Ebene die Umsetzung beobachten und ggf. noch einmal insistieren, um die alte Fassung zukünftig wieder anwenden zu können. Ob eine nochmalige Änderung jedoch sinnvoll ist, sei hier dahingestellt. Es verdeutlicht, dass entscheidende Weichenstellungen für die Rechnungslegung in Deutschland zunehmend in der EU getroffen werden und entsprechend dort rechtzeitig eingewirkt werden muss. So sollten die Branchenvertreter die im Rahmen der EU-Richtlinie 2013/34/EU bereits angekündigte Überlegung, die Forderung eines Zahlungsberichts für die Darstellung der Zahlungen an staatliche Stellen auf alle Unternehmen ab 2018 ausweiten zu wollen, bereits dort entschieden entgegentreten, um hier weiteren Bürokratieaufwand für Unternehmen zu verhindern.
Schließlich sei angemerkt, dass angesichts der umzusetzenden CSR-Richtlinie (Richtlinie 2014/95/EU – umzusetzen bis 6.12.2016) bereits im Herbst mit einem erneuten Referentenentwurf für weitere Änderungen des HGB zu rechnen ist.
Das Gesetz können Sie beim Bundesanzeiger Verlag nachlesen und downloaden.
(Die im Bundestag verabschiedete Fassung mit einer synoptischen Gegenüberstellung der Änderungen zum Regierungsentwurf ist als BT-Drucksache 18/5256 abrufbar (letzter Zugriff am 18.6.2015).)
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