Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsprüfung. Beitragsnachforderung. Arbeitslohn aus Anlass einer Betriebsfeier. nachträgliche Anmeldung zur Lohnsteuer. sozialversicherungsrechtliche Beurteilung

 

Leitsatz (amtlich)

Bei der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung von Arbeitsentgelt ist eine nachträgliche Anmeldung zur Lohnsteuer (hier: Pauschalbesteuerung) zu berücksichtigen, soweit die Anmeldung für den zurückliegenden Abrechnungszeitraum nach den Grundsätzen des Steuerrechts möglich ist.

 

Tenor

1. Der Bescheid der Beklagten vom 04.12.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.05.2018 wird aufgehoben.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Der Streitwert wird auf 60.043,71 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen einen Beitragsbescheid, mit dem die Beklagte Beiträge zur Sozialversicherung in Höhe von gut 60.000 € in Bezug auf eine von der Klägerin durchgeführten Betriebsveranstaltung nachfordert.

Die Klägerin hat am 05.09.2015 anlässlich eines Firmenjubiläums eine Betriebsveranstaltung durchgeführt. Dadurch sind Kosten in Höhe von 214.502,36 € inklusive Mehrwertsteuer entstanden. An dieser Veranstaltung haben nicht nur die Arbeitnehmer der Klägerin und deren Angehörige, sondern auch Kunden der Klägerin teilgenommen. Die Kosten der Veranstaltung überstiegen 110 € pro Arbeitnehmer.

Bei der Lohnsteueranmeldung vom 08.10.2015 berücksichtigte die Klägerin die Kosten für die Betriebsveranstaltung zunächst nicht. Unter dem 31.03.2016 korrigierte sie die Lohnsteueranmeldung für den September 2015 jedoch und teilte dem Finanzamt mit, dass sich die Korrektur ausschließlich auf die pauschale Lohnsteuer beziehe. Aufgrund der Betriebsveranstaltung sei bei den Arbeitnehmern der Freibetrag in Höhe von 110 € überschritten worden. Der Restbetrag sei der pauschalen Lohnsteuer in Höhe von 25 % zuzüglich Nebensteuern unterworfen.

Im Rahmen der Betriebsprüfung forderte die Beklagte Rechnungen inklusive der Verträge zu den Kosten der Betriebsveranstaltung und Nachweise über die Zahlungen an.

Mit Betriebsprüfungsbescheid vom 4.12.2017 forderte die Beklagte für den Prüfzeitraum vom 1.1.2013 bis zum 31.12.2016 Beiträge zur Sozialversicherung in Höhe von 60.043,17 Euro nach. Eine Lohnsteueranmeldung wegen der Kosten der Betriebsveranstaltung sei ausweislich der vorliegenden Anmeldung vom 08.10.2015 nicht erfolgt. Erst am 31.03.2016 habe die Klägerin einen Teil der Kosten der Betriebsveranstaltung pauschal versteuert. Die endgültige Abrechnung der Betriebsveranstaltung sei nach Überprüfung der eingereichten Rechnungen spätestens am 04.11.2015 (Zahlung des letzten Rechnungsbetrages) möglich gewesen. Spätestens zu diesem Termin sei offensichtlich gewesen, dass der Freibetrag von 110 € überschritten werde. Zu dem Zeitpunkt habe für den übersteigenden Betrag Beitragspflicht in der Sozialversicherung bestanden, da keine Pauschalversteuerung vorgenommen wurde. Die Beitragspflicht entfalle nicht durch die nach dem 28.02.2016 durchgeführte, in diesem Falle also verspätete, Pauschalversteuerung. Die Klägerin habe ein grundsätzlich beitragspflichtiges Arbeitsentgelt unzulässig beitragsfrei behandelt und dann auch noch zu spät pauschal besteuert.

Indes hätten sich die Regelungen für die Beitragsfreiheit von Arbeitsentgelten in der Sozialversicherung bei einer möglichen Pauschalversteuerung mit Wirkung vom 22.04.2015 verschärft. Mit Änderung des § 1 Abs. 1 Satz 2 Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEv) müsse für eine Beitragsfreiheit der Zuwendungen eine pauschale Versteuerung der übersteigenden Beträge bereits mit der Entgeltabrechnung des jeweiligen Kalendermonats tatsächlich durchgeführt worden sein. Eine vom Arbeitgeber erst im Nachhinein durchgeführte Pauschalversteuerung wirke sich auf die beitragsrechtliche Behandlung der Arbeitsentgeltbestandteile demnach nur aus, wenn der Arbeitgeber die von ihm vorgenommene steuerrechtliche Behandlung noch ändern könne. Eine unzutreffende steuer- und beitragsfreie Behandlung von Arbeitsentgeltbestandteilen könne vom Arbeitgeber grundsätzlich nur bis zur Erstellung der Lohnsteuerbescheinigung, also längstens bis zum 28. Februar des Folgejahres (§ 41b Einkommensteuergesetz, EStG), durch eine nachträgliche Pauschalversteuerung geändert werden. Die Klägerin habe die pauschale Besteuerung der Zuwendungen erst nach dem 28.02.2016 durchgeführt, weshalb dieser Bestandteil des Arbeitsentgelts im vorliegenden Fall nicht zu einer Beitragsfreiheit in der Sozialversicherung führe. Die Zuwendungen würden der Beitragspflicht in der Sozialversicherung unterliegen. Die entsprechenden Beiträge seien im Rahmen eines Summenbeitragsbescheides nachzufordern. Es werde der von der Klägerin für die Betriebsveranstaltung pauschal versteuerte Gesamtbetrag von 162.892,96 € als Bemessungsgrundlage zugrunde gelegt. Ebenso werde berücksichtigt, dass ein Teil der Arbeitnehmer bereits die Jahresarbeitsentgeltgrenze in der Kranken- und Pflegeversicherung sowie die Beitragsbemessungsgrenze in der ...

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