BGH: Kostenregelung erstreckt sich auf alle Balkonteile

Sieht die Teilungserklärung vor, dass jeder Eigentümer für die Instandhaltung und Instandsetzung des Balkons seiner Wohnung aufkommen muss, erfasst dies auch die Kosten, die die im Gemeinschaftseigentum stehenden Balkonteile betreffen.

Hintergrund: Gemeinschaft will Kosten für Balkonsanierung übernehmen

In einer Eigentumswohnanlage verfügen einige Wohnungen über Balkone. In der Teilungserklärung heißt es in § 5.2.:

„Einrichtungen, Anlagen und Gebäudeteile, die nach der Beschaffenheit oder dem Zweck des Bauwerks oder gemäß dieser Teilungserklärung zum ausschließlichen Gebrauch durch einen Wohnungseigentümer bestimmt sind (z. B. Balkone, Terrassen, Veranden, Einstellplätze), sind von ihm auf seine Kosten instandzusetzen und instandzuhalten.“

Auf einer Eigentümerversammlung im März 2010 beschlossen die Wohnungseigentümer, dass die Kosten für die Sanierung bestimmter Balkone von der Gemeinschaft übernommen werden. Außerdem wurde beschlossen, die Kosten für eine Ursachenanalyse, in der von einer schadhaften Balkon- und Fugenabdichtung sowie von einem größtenteils losen und starke Rissbildungen aufweisenden Fliesenbelag die Rede ist, auf sämtliche Eigentümer umzulegen.

Eine Eigentümerin hat diese Beschlüsse angefochten.

Entscheidung: Kostenregelung gilt umfassend

Die Anfechtungsklage hat Erfolg.

Die Beschlüsse entsprechen nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, weil sie gegen § 5.2. der Teilungserklärung verstoßen. Die Regelung ist dahin auszulegen, dass Eigentümer von Wohnungen, die über einen Balkon verfügen, für sämtliche diesbezüglich entstehenden Instandsetzungs- und Instandhaltungskosten aufkommen müssen. Der Wortlaut enthält keine Einschränkung und bietet keine Anhaltspunkte für eine Unterscheidung. Damit sind die Kosten für die Isolierung und die Abdichtungsanschlüsse von den betroffenen Wohnungseigentümern zu tragen. Sie dürfen nicht auf sämtliche Mitglieder der WEG umgelegt werden.

Die Überbürdung der gesamten Kostenlast knüpft schon nach der sprachlichen Fassung von § 5.2. der Teilungserklärung daran an, dass der Balkon zum „ausschließlichen Gebrauch“ durch den jeweiligen Wohnungseigentümer bestimmt ist, die übrigen Wohnungseigentümer mithin von der Nutzung ausgeschlossen sind.

Der Teilungserklärung ist auch unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck, wie er sich bei nächstliegendem Verständnis einem unbefangenen Betrachter erschließt, keine Einschränkung zu entnehmen. Danach ist nicht ersichtlich, dass die das Gemeinschaftseigentum betreffenden Sanierungskosten nicht von dem jeweiligen Wohnungseigentümer getragen werden sollen.

Es ist zwar richtig, dass Maßnahmen, die den Eintritt von Feuchtigkeit verhindern, auch der Erhaltung des gesamten Gebäudes zugutekommen können. Nur knüpft die Regelung hieran nicht an. In Übereinstimmung mit eindeutigen Wortlaut, dem insbesondere keine Differenzierung zwischen Sonder- und Gemeinschaftseigentum zu entnehmen ist, besteht der Sinn der Regelung vielmehr darin, dass die übrigen - von der Nutzung der Balkone ausgeschlossenen - Wohnungseigentümer deshalb von der Verpflichtung zur Instandhaltung und Instandsetzung aller Balkonteile befreit sein sollten, weil diese Lasten bei einer Bauweise ohne Balkone nicht angefallen wären.

Frage der Nichtigkeit kann offenbleiben

Ob der in dem Verstoß gegen § 5.2 der Teilungserklärung liegende Rechtsfehler nur zur Anfechtbarkeit der Beschlüsse führt oder zu deren Nichtigkeit wegen fehlender Beschlusskompetenz zur erstmaligen Begründung einer Kostenlast der Gemeinschaft, kann hier offenbleiben, da der Fehler innerhalb der Anfechtungs- bzw. Begründungsfrist geltend gemacht worden ist.

(BGH, Urteil v. 16.11.2012, V ZR 9/12)

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