Ohne Tarifvertrag keine Betriebsratswahl für Flugpersonal
Sunexpress fliegt im Verbund des Lufthansa-Konzerns sowohl unter eigenem Namen als auch für die Marke Eurowings. Nachdem bereits ein Wahlvorstand gewählt worden war, wehrte sich die Arbeitgeberin gegen die Durchführung der Betriebsratswahl. Bisher erfolgreich. Der Eilantrag wurde bereits in zweiter Instanz vom LAG Frankfurt bestätigt. Jetzt hat das Arbeitsgericht Frankfurt auch im Hauptsacheverfahren entschieden, dass das Flugpersonal vorläufig keinen Betriebsrat wählen darf. Der Grund: Es fehle an einer gesetzlichen Grundlage, da der Flugbetrieb nicht dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) unterliege.
Ohne Tarifvertrag keine Betriebsratswahl
Das Arbeitsgericht Frankfurt begründete seine Entscheidung damit, dass das BetrVG für im Flugbetrieb beschäftigte Arbeitnehmer von Luftfahrtunternehmen nicht gilt. Nach der gesetzlichen Bestimmung müsse durch einen Tarifvertrag geregelt werden, wie eine Vertretung der Beschäftigten gebildet wird und welche Beteiligungsrechte gelten. Ohne einen Tarifvertrag gemäß § 117 Abs. 2 BetrVG sei die Wahl eines Betriebsrates für das fliegende Personal eines Luftfahrtunternehmens nichtig.
Nach Auffassung des Gerichts könne man § 117 Abs. 2 BetrVG auch nicht dahingehend auslegen, dass das Betriebsverfassungsgesetz auch auf Flugpersonal Anwendung findet, falls kein Tarifvertrag zur Errichtung einer Personalvertretung besteht. Dagegen stehe der Wortlaut sowie der historische Wille des Gesetzgebers.
Arbeitgeberseite lehnt Tarifvertrag ab
Ein solcher Tarifvertrag ist bei Sunexpress Deutschland GmbH bisher nicht geschlossen worden. Die Airline, eine Tochter der in Antalya ansässigen Sunexpress, die zu gleichen Teilen Turkish Airlines und Lufthansa gehört, lehnte dies vehement ab. Ein Betriebsrat sei „nicht notwendig“, heißt es, da es „kontinuierlichen, konstruktiven Dialog“ mit der Belegschaft gebe. Für einen Betriebsrat müssten mehrere Mitarbeiter von der Arbeit freigestellt werden. Zudem würden die Mitspracherechte interne Prozesse bremsen, argumentiert die Airline.
Ausnahme: Betriebsratswahl im Flugbetrieb
In der Tat gilt im Betriebsverfassungsgesetz für die Luftfahrt eine Ausnahme. Grundsätzlich kann laut § 1 BetrVG in Betrieben mit in der Regel mindestens fünf ständig wahlberechtigten Arbeitnehmern ein Betriebsrat gewählt werden. Doch hiervon sieht das Betriebsverfassungsgesetz Ausnahmen vor: Es gilt nicht für Betriebe des öffentlichen Dienstes oder für Religionsgemeinschaften, fremde Streitkräfte sowie für die im Flugbetrieb beschäftigten Arbeitnehmer der Luftfahrtunternehmen. Für im Flugbetrieb beschäftigte Arbeitnehmer von Luftfahrtunternehmen kann eine Sondervertretung errichtet werden - nach Maßgabe eines Tarifvertrags.
117 Abs.2 BetrVG: Verstoß gegen EU-Richtlinie?
Die Gewerkschaften sehen in der nationalen Bestimmung im Gegensatz zum Arbeitsgericht Frankfurt einen Verstoß gegen EU-Recht. Das Arbeitsgericht Frankfurt entschied anders. Die Richter sahen keinen Widerspruch zur EU-Richtlinie zu Personalvertretungen. Diese verlange nicht die Schaffung von Arbeitnehmervertretungen, so die Begründung, sondern setze nach den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften vorgesehene Vertretungen voraus.
Art. 5 der Richtlinie sehe ausdrücklich vor, dass die Mitgliedsstaaten den Sozialpartnern überlassen können die Modalitäten für die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer festzulegen. Entsprechend habe der Gesetzgeber mit der Norm § 117 Abs. 2 BetrVG aufgrund der Besonderheiten im Flugbetrieb entschieden, die Art und Weise der Errichtung einer Vertretung für das im Flugbetrieb beschäftigte Personal von Luftfahrtunternehmen den Sozialpartnern zu überlassen.
Gewerkschaften fordern für Flugpersonal höchstrichterliche Entscheidung
Die Gewerkschaften bleiben bei der Überzeugung, dass ein Betriebsrat bei Sunexpress unbedingt erforderlich ist und streben eine höchstrichterliche Entscheidung an. Die Pilotengewerkschaft "Vereinigung Cockpit" nannte die für Mai 2019 geplante Schließung der Station Nürnberg als Beispiel dafür, dass dringend ein Betriebsrat benötigt werde. Es müsse über einen Sozialplan verhandelt werden. Eine Sunexpress-Sprecherin versicherte, dass allen rund 40 Beschäftigten Alternativangebote vorgelegt würden.
Hinweis: Arbeitsgericht Frankfurt, Beschluss vom 24.10.2018, Az: 14 BV 382/18
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