Bis in die 1960er-Jahre dominierte in Familien eine klare Rollenverteilung zwischen Mann und Frau. Der Mann war für die außerhäusliche Erwerbsarbeit zuständig, während die Frau die innerhäuslichen Hausarbeiten und Betreuungsaufgaben übernahm. Als Ende der 1960er-Jahre das Hamburger Abkommen die Reform der unteren Schulformen und Vereinheitlichung der Schulsysteme der Bundesländer einleitete, wurde das Bildungswesen breiteren Kreisen der Bevölkerung zugänglich gemacht. Damit stieg die Chancengleichheit für Mädchen und junge Frauen gegenüber den Männern an.[1] Sie begannen sich gegen die reine Hausfrauen- und Mutterrolle zu wehren.[2]

Ab Mitte der 1970er-Jahre beteiligten sich Mütter und Frauen an der Erwerbstätigkeit. In diesem Zuge nahm die Anzahl der Ein-Personen-Haushalte zu. Ab den 1980er-Jahren stieg außerdem die Anzahl der nicht-ehelichen Haushalte, wobei es keine Rolle spielte, ob Kinder bereits vorhanden waren oder nicht. Die Einbindung der Frauen ins Erwerbsleben führte dazu, dass die Frage nach der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, insbesondere bei Müttern und Vätern, aufkam.[3]

Seit damals steigen die Anforderungen im Berufs- und Privatleben weiter an. Die Anzahl der alleinerziehenden Erwerbstätigen wächst, die Notwendigkeit zweier Einkommen zur Sicherung der Basis des Familienhaushaltes steigt und die familiären Verpflichtungen dehnen sich über die klassische Eltern-Kind-Rolle auf die Pflege von Angehörigen aus. Die Einführung des Mutterschutzes, der Elternzeit, der Ausbau der Ganztagesbetreuung und des Anspruchs auf einen Kitaplatz ab 12 Monaten waren erste sozialpolitische Maßnahmen zum Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Trotzdem ist eine gleichberechtigte und partnerschaftliche Aufteilung von Familie und Erwerbstätigkeit bis heute nicht immer Realität,[4] obwohl 96,1 % der Beschäftigten mit Kindern sowie 87,8 % der Beschäftigten mit pflegebedürftigen Angehörigen familienfreundliche Angebote zu den wichtigsten Kriterien für einen attraktiven Arbeitgeber zählen.[5]

Seit einigen Jahren wird die Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben zunehmend unter ökonomischen Gesichtspunkten diskutiert. Die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungen der letzten Jahre, vorangetrieben durch den demografischen Wandel und die Globalisierung, begründen die Analyse der ökonomischen Aspekte der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Von einer steigenden Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Familienleben profitieren laut Ergebnis 3 Seiten:[6]

  1. Mitarbeiter werden nicht nur bei der alltäglichen Koordination von Privat- und Berufsleben entlastet, sondern ermöglichen sich eine kontinuierliche Erwerbsbiografie und damit verbesserte berufliche Entwicklungsperspektiven.
  2. Der Staat erhält durch erhöhte Erwerbsbeteiligung höhere Steuereinnahmen und Sozialbeiträge.
  3. Unternehmen erzielen durch mitarbeiter- und familienorientierte Personalpolitik Wettbewerbsvorteile und Kosteneinsparungen.

Inzwischen wurde das bisher gedachte Konzept der Vereinbarkeit von Familie und Beruf von einigen Unternehmen und Anbietern durch den Begriff des Privatlebens erweitert. Dies wird dem Umstand gerecht, dass auch Berufstätige ohne familiäre Verpflichtungen Herausforderungen in der Vereinbarkeit haben. Der Trend geht demnach dahin, nicht mehr nur einen Service zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie, sondern einen Service für die gesamte Work-Life-Thematik anzubieten.

[1] Grossenbacher: Familienpolitik und Gleichstellungspolitik in der Schweiz – gegeneinander oder miteinander?, 2004.
[2] Blattmann: Geschlechterrollen – Stagnation und Wandel in 20. Jahrhundert, 2011.
[3] Grossenbacher: Familienpolitik und Gleichstellungspolitik in der Schweiz – gegeneinander oder miteinander?, 2004.
[4] BMFSFJ: Renditepotenziale der NEUEN Vereinbarkeit, 2016.
[5] BMFSFJ: Unternehmensmonitor Familienfreundlichkeit, 2016.
[6] BMFSFJ: Betriebswirtschaftliche Effekte familienfreundlicher Maßnahmen, 2005.

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