Im Fall der Insolvenz des Wohnungseigentümers fällt sein gesamtes Vermögen in die Insolvenzmasse, also auch die Sondereigentumseinheit. Der Wohnungseigentümer verliert die Verfügungsbefugnis über die Wohnung oder die Teileigentumseinheit. Verfügungsbefugt ist nach § 80 Abs. 1 InsO allein noch der Insolvenzverwalter. Insoweit übt auch er allein das Stimmrecht in der Wohnungseigentümerversammlung aus. Der Wohnungseigentümer selbst ist nicht stimmberechtigt.

Der Insolvenzverwalter hat allerdings die Möglichkeit, die Sondereigentumseinheit aus der Insolvenzmasse freizugeben bzw. eine entsprechende Enthaftungserklärung abzugeben. In diesem Fall fällt die Verfügungsbefugnis auf den Eigentümer zurück und er übt wieder allein das Stimmrecht aus.

Für den Fall, dass der Insolvenzschuldner Eigentümer mehrerer Sondereigentumseinheiten in der Wohnanlage ist, von denen der Insolvenzverwalter einige aus der Insolvenzmasse freigegeben hat, andere aber nicht, ist bezüglich des Stimmrechts nach dem geltenden Stimmprinzip zu differenzieren:

  • Objektprinzip: Der Insolvenzverwalter übt das Stimmrecht für die nicht freigegebenen Einheiten aus, der Eigentümer übt das Stimmrecht bezüglich der aus der Insolvenzmasse freigegebenen Einheiten aus.
  • Wertprinzip: Es gelten keine Besonderheiten gegenüber dem Objektprinzip. Der Insolvenzverwalter übt wiederum das Stimmrecht bezüglich der Sondereigentumseinheiten aus, die er nicht aus der Insolvenzmasse freigegeben hat, der Wohnungseigentümer das Stimmrecht bezüglich der freigegebenen Einheiten.

     
    Praxis-Beispiel

    Stimmrechte bei Wertprinzip

    Der insolvente Wohnungseigentümer ist Eigentümer einer Wohnung, die 20/1.000 Miteigentumsanteile repräsentiert und weiter Eigentümer einer Wohnung, die 35/1.000 Miteigentumsanteile repräsentiert. Der Insolvenzverwalter hat die größere Wohnung aus der Insolvenzmasse freigegeben. Er übt dann also noch das Stimmrecht bezüglich 20/1.000 Miteigentumsanteilen aus, der Wohnungseigentümer hingegen dasjenige bezüglich 35/1.000 Miteigentumsanteilen.

  • Kopfprinzip: Gilt das gesetzliche Kopfprinzip, ist die Rechtslage nicht eindeutig geklärt. Zwar liegt es nahe, in diesem Fall die Bestimmung des § 25 Abs. 2 Satz 2 WEG entsprechend heranzuziehen, wonach mehrere Eigentümer einer Sondereigentumseinheit das Stimmrecht ausüben und sich insoweit einigen müssen, wie sie abstimmen.[1] Allerdings haben hier entweder der Wohnungseigentümer oder der Insolvenzverwalter die Möglichkeit, die Stimmabgabe insoweit zu torpedieren, als ggf. bewusst eine Einigung nicht herbeigeführt wird. Vieles spricht hier eher dafür, das Stimmrecht in Bruchteile aufzuteilen. Eine entsprechende Anwendung der Bestimmung des § 25 Abs. 2 Satz 2 WEG dürfte an der Selbstständigkeit der Wohnungseigentumseinheiten scheitern.[2]

     

    Vorläufiger Insolvenzverwalter

    Bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens kann das Insolvenzgericht einen "schwachen" Insolvenzverwalter bestellen oder aber einen Insolvenzverwalter, der als "starker" Insolvenzverwalter im Rahmen der nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO angeordneten Sicherungsmaßnahmen das Stimmrecht alleine ausübt. Ist lediglich ein "schwacher" Insolvenzverwalter bestellt, verbleibt das Stimmrecht beim Wohnungseigentümer.

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