Las-Vegas-Vergleiche sind beim Kindesunterhalt erlaubt
Die Kindesmutter war es leid, den Kindesvater ständig um den Unterhalt für das gemeinsame Kind anbetteln zu müssen. Sie schloss daher mit dem Unterhaltsschuldner einen Vergleich, wonach dieser monatlich einen Unterhalt für das Kind in Höhe von 150 Euro zu zahlen hat, ein Betrag, der deutlich unter dem Basisunterhalt liegt. Die Parteien vereinbarten in dem Vergleich darüber hinaus, dass die Kindesmutter eine Abänderung des Unterhaltsvergleichs verlangen kann, sobald der Unterhaltsschuldner mit einer Unterhaltszahlung mehr als einen Monat in Verzug gerät.
Wetten auf den Unterhalt
Solche Vergleiche werden als Las-Vegas-Vergleiche, Monaco- oder Monte-Carlo-Vergleiche bezeichnet, weil sie ihrem Wesen nach eine Wette enthalten. Der Gläubiger verzichtet auf einen Teil seiner Forderung mit der Maßgabe, dass der Schuldner entsprechend der getroffenen Vereinbarung vollständig und pünktlich zu zahlen hat. Zur Einhaltung der Vereinbarung hat der Gläubiger das Druckmittel, die vollständige Forderungshöhe sofort wieder geltend machen zu können, sobald der Schuldner seinen Zahlungsverpflichtungen nicht oder nicht pünktlich nachkommt. Der Schuldner wettet also darauf, dass er pünktlich zahlt und erhält dafür den Vorteil der niedrigeren Zahlungsverpflichtung, d.h. ihm wird ein Teilerlass gewährt.
Ungewöhnliche Abänderungsklausel
Das OLG Karlsruhe hielt die von den Parteien getroffene vergleichsweise Regelung zwar für eine ungewöhnliche Vereinbarung im Rahmen von Kindesunterhalt, dennoch sah das Gericht die Regelung als zulässig an. Aus Sicht der Kindesmutter werde auf diese Weise sinnvoller Druck auf den Unterhaltsschuldner ausgeübt, in dem vergleichsweise geregelten Rahmen freiwillig Unterhaltszahlungen zu erbringen. Dies sei aus Praktikabilitätserwägungen für die Kindesmutter möglicherweise der bessere Weg, regelmäßig Unterhaltszahlungen zu erhalten als sich ständig mit dem Vater vor Gericht herumzuschlagen oder immer wieder neue Vollstreckungsmaßnahmen ergreifen zu müssen.
Die Parteien können die Geschäftsgrundlage eines Vergleichs selbst bestimmen
Nach Auffassung des OLG-Senats stellen die Präklusionsvorschriften des § 238 Abs. 2 Abs. 3 FamFG kein Hindernis für den Vergleichsabschluss dar. Hiernach kann eine Abänderung von Vergleichen grundsätzlich nur dann verlangt werden, wenn neue Umstände vorgetragen werden, die zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vergleiches noch nicht bekannt waren. Das OLG stellte klar, dass Vergleiche darüber hinaus grundsätzlich immer dann abgeändert werden können, wenn ihre Geschäftsgrundlage entfällt. Welches die Geschäftsgrundlage für einen Vergleich ist, könnten die Parteien im Vergleich selbst frei vereinbaren. In diesem Rahmen sei es ohne weiteres zulässig, die pünktliche und vollständige Zahlung des Unterhalts zur Geschäftsgrundlage des Vergleichs zu machen. Dies ergebe sich aus dem Grundsatz der Privatautonomie.
Neuer Raum für schöpferische Gestaltung
Mit seiner Entscheidung hat das OLG neue Freiräume für die Gestaltung von Unterhaltsregelungen geschaffen. Die Grenzen bei der inhaltlichen Gestaltung von Unterhaltsregelungen sind damit in Zukunft deutlich weiter gesteckt. Für den Schöpfergeist der Beteiligten bei der Suche nach praktikablen Lösungen finden sich so neue Gestaltungsräume.
(OLG Karlsruhe, Beschluss v. 8.4.2014, 18 WF 32/14).
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