Die Anweisung des BMF 2014

Die Finanzverwaltung nimmt relativ schnell zu dem Urteil des BFH Stellung und ändert (vorläufig) die Anweisungen im UStAE, kündigt aber schon an, dass zu weiteren Fragen des Urteils des BFH ein gesondertes Schreiben ergehen wird.

Die Finanzverwaltung gibt ihre in der Vergangenheit umstrittene „10 %-Grenze“ auf und geht jetzt davon aus, dass der Leistungsempfänger dann ein bauleistender Unternehmer ist, wenn er die bezogene Bauleistung selbst – unmittelbar – für eine derartige Leistung verwendet. Der Anteil der vom Leistungsempfänger selbst ausgeführten Bauleistungen ist für die Übertragung der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger nunmehr unerheblich.

Wichtig: Der leistende Unternehmer kann den Nachweis, dass der Leistungsempfänger ein Unternehmer ist, der die an ihn erbrachte Bauleistung selbst für die Ausführung einer derartigen Leistung verwendet mit allen geeigneten Belegen und Beweismitteln führen,. Legt der Leistungsempfänger dem leistenden Unternehmer eine im Zeitpunkt der Ausführung der Bauleistung gültige Freistellungsbescheinigung nach § 48b EStG (Bauabzugssteuer) ausdrücklich für umsatzsteuerliche Zwecke für diesen Umsatz vor, gilt dies als Indiz dafür, dass der Leistungsempfänger die an ihn erbrachte Leistung seinerseits für eine Bauleistung verwendet (Abschn. 13b.3 Abs. 2 UStAE).

Ausdrücklich wird von der Finanzverwaltung festgestellt, dass der Leistungsempfänger – selbst wenn er ansonsten am Markt Bauleistungen ausführt – nicht mehr zum Steuerschuldner wird, wenn die ihm gegenüber ausgeführten Bauleistungen nicht unmittelbar zur Erbringung eigener Bauleistungen verwendet werden (Abschn. 13b.3 Abs. 8 und Abs. 10 UStAE). Damit dürften auch Leistungen, die in den privaten Bereich des Leistungsempfängers ausgeführt werden nicht mehr dem Reverse-Charge-Verfahren unterliegen.

Beispiel: Bauunternehmer B beauftragt Dachdecker D das Dach des Verwaltungsgebäudes neu einzudecken. D führt gegenüber B eine Bauleistung aus, B ist auch Unternehmer, der selbst am Markt Bauleistungen ausführt. Da aber die Bauleistung des D nicht unmittelbar in eine Bauleistung des B eingeht, geht die Steuerschuldnerschaft für die Leistung des D nicht auf B über. Die Leistung muss von D versteuert werden.

Vergleichbares hat die Finanzverwaltung auch für die Gebäudereinigungsleistungen geregelt. Auch hier wurde die 10 %-Grenze aufgehoben; es kommt nur noch darauf an, ob der leistende Unternehmer eine Gebäudereinigungsleistung ausführt, die bei dem Leistungsempfänger unmittelbar in eine Gebäudereinigungsleistung eingeht. In welchem Umfang der Leistungsempfänger selbst Gebäudereinigungsleistungen am Markt ausführt, ist unbeachtlich (Abschn. 13b.5 Abs. 4 und Abs. 5 UStAE.

Beispiel: Gebäudereiniger G beauftragt den Subunternehmer S mit der Reinigung des eigenen Verwaltungsgebäudes des G sowie mit der Reinigung eines Fremdgebäudes. S führt gegenüber G Gebäudereinigungsleistungen aus. Da die Reinigungsleistung in dem Verwaltungsgebäude des G nicht unmittelbar in eine Gebäudereinigungsleistung eingeht, wird G für diese ihm gegenüber ausgeführte Reinigungsleistung nicht zum Steuerschuldner. Für die Reinigung des Fremdgebäudes wird G zum Steuerschuldner, da diese Reinigungsleistung unmittelbar in eine Gebäudereinigungsleistung eingeht.

Es ist bei der Ausführung von Gebäudereinigungsleistungen davon auszugehen, dass der Leistungsempfänger die ihm gegenüber ausgeführte Gebäudereinigungsleistung selbst unmittelbar für eine solche Leistung verwendet, wenn der Leistungsempfänger für diesen Auftrag einen gültigen Nachweis gemäß dem Vordruck USt 1 TG vorlegt (gem. BMF, Schreiben v. 10.12.2013, BStBl 2013 I S. 1621). Dies gilt allerdings nicht, wenn es sich um einen gefälschten Nachweis handelt oder wenn der leistende Unternehmer Kenntnis davon hat, dass die Gebäudereinigungsleistung nicht unmittelbar in eine Reinigungsleistung eingeht (Abschn. 13b.5 Abs. 4 UStAE).

Nicht umfassend gibt die Finanzverwaltung ihre Vereinfachungsregelung in Abschn. 13b.8 UStAE auf, nach der die Beteiligten einvernehmlich die Anwendung des § 13b UStG vereinbaren können, wenn die Anwendung fraglich ist oder sich später als nicht zutreffend herausstellt. Diese Vereinfachungsregelung wird grundsätzlich beibehalten, die Bauleistungen wurden aber aus dem Anwendungsbereich dieser Regelung herausgenommen.

Spannend sind die Anwendungsgrundsätze in dem BMF-Schreiben. Die Grundsätze sind in allen noch offenen Fällen anzuwenden. Es wird aber nicht beanstandet, wenn bei der Ausführung von Bauleistungen die bis zur Veröffentlichung dieses Schreibens ausgeführt worden sind, die Vertragsparteien noch einvernehmlich die Übertragung der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger entsprechend der bisherigen Verwaltungsauffassung regeln oder einvernehmlich entscheiden, an der damaligen Entscheidung festzuhalten; in diesen Fällen ist keine Rechnungsberichtigung notwendig.

Haben aber die Beteiligten an der Entscheidung einvernehmlich festgehalten, dass der Leistungsempfänger der Steuerschuldner ist und beruft sich später der Leistungsempfänger auf die neue Rechtslage, soll der leistende Unternehmer keinen Vertrauensschutz nach § 176 Abs. 2 AO genießen. Mit anderen Worten bedeutet dies, dass die Finanzverwaltung in den Fällen, in denen nach der bisherigen Verwaltungsauffassung die Beteiligten von der Übertragung der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger ausgegangen sind und später der Leistungsempfänger (z. B. ein Bauträger) die von ihm ursprünglich geschuldete Umsatzsteuer doch von seinem Finanzamt wieder zurückfordert, sich die Finanzverwaltung die Umsatzsteuer nun von dem leistenden Unternehmer holen möchte; man braucht kein Prophet zu sein, um bei dieser fragwürdigen Aussage noch weiteren Klärungsbedarf durch die Gerichte zu sehen.

Wichtig: Aus Sicht eines leistenden Unternehmers, der bisher Bauleistungen an Unternehmer ausgeführt hat, die diese Leistungen nicht unmittelbar für eigene Bauleistungen verwendet haben, sollte jetzt eine Vereinbarung getroffen werden, dass an der bisherigen Auffassung der Übertragung der Steuerschuldnerschaft festgehalten wird. Zu beachten ist dabei, dass die steuerrechtlichen Verjährungsfristen regelmäßig länger sind, als die Möglichkeit, zivilrechtlich Ansprüche gegenüber dem Vertragspartner geltend zu machen. Darüber hinaus bleibt bei dieser Rechtsauffassung der Finanzverwaltung ein Restrisiko beim leistenden Unternehmer. Grundsätzlich ist es aber aus Sicht des Leistungsempfängers nur dann reizvoll, die bisher von ihm geschuldete Umsatzsteuer von seinem Finanzamt zurückzufordern, wenn er selbst nicht oder nicht vollständig zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.