vorläufig nicht rechtskräftig

Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [X R 19/23)]

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Revisionszulassung durch Einzelrichter bei Schätzung nach BMF-Richtsatzsammlung

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Fällt die Wahl der Schätzmethode auf eine Ausbeutekalkulation wichtiger Warengruppen (hier das Döner-Fleisch) ist es erforderlich, bestimmte Gerichte als Hauptumsatzträger zu bestimmen und die jeweilige Portionierung deren Hauptzutaten in dem zu prüfenden Betrieb zu ermitteln. Die Schätzung anhand der Ausbeutekalkulation ist daher unzulässig, wenn das Finanzamt keine betriebsbezogene Portionierung ermittelt hat und das Gericht diese auch nicht anderweitig ermitteln und feststellen kann.
  2. Die Schätzung nach der BMF-Richtsatzsammlung ist (weiterhin) eine zulässige Schätzmethode.
  3. Die Aufforderung des BFH an das BMF, einem Revisionsverfahren beizutreten, begründet für die dort streitige Rechtsfrage (hier: Zulässigkeit der Schätzung nach der BMF-Richtsatzsammlung) keine wesentliche Änderung der Prozesslage im Sinne von § 6 Abs. 3 Satz 1 FGO für einen dieselbe Rechtsfrage betreffenden finanzgerichtlichen Rechtsstreit; daher kann der vor der Beitrittsaufforderung dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragene Rechtsstreit nicht zur Entscheidung auf den Senat zurückübertragen werden.
  4. In diesem Fall hat jedoch der Einzelrichter die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, wenn das Revisionsverfahren weiterhin anhängig ist.
 

Normenkette

FGO § 115 Abs. 2, § 6 Abs. 3; AO § 162

 

Streitjahr(e)

2011, 2012, 2013

 

Tatbestand

Streitig zwischen den Beteiligten ist eine aufgrund von Feststellungen einer Betriebsprüfung erfolgte Schätzung der Besteuerungsgrundlagen eines Imbisses mit Döner-Verkauf („Döner-Imbiss”).

Die Klägerin mit Wohnsitz in A betrieb von 1995 bis 2016 in B einen Imbiss. Ihren Gewinn ermittelte sie im Streitjahr 2011 durch Einnahme-Überschuss-Rechnung (§ 4 Abs. 3 des EinkommensteuergesetzesEStG -); zum 01.01.2012 wechselte sie zur Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 EStG). Beim Beklagten wurde die Klägerin für Zwecke der Umsatzsteuer, des Gewerbesteuermessbetrags und mit gesonderter Feststellung der Besteuerungsgrundlagen steuerlich geführt. Die Bescheide über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2011 bis 2013, Gewerbesteuermessbeträgen 2011 bis 2013, jeweils vom 11.01.2013 (für 2011), vom 21.03.2014 (für 2012) und vom 25.11.2014 (für 2013), ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 der Abgabenordnung - AO -); den Umsatzsteuererklärungen der Klägerin für 2011 vom 2.12.2012, für 2012 vom 12.12.2014 und für 2013 vom 25.11.2014 stimmte der Beklagte nach § 168 Sätze 1 und 2 AO zu. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Aktenabschriften/Kontenauszüge (Bl. 14 ff. des Fallhefts) verwiesen.

Aufgrund einer Prüfungsanordnung vom 11.12.2014 wurde im Jahr 2015 mit einer Betriebsprüfung für die Streitjahre begonnen. Aufgrund der dabei getroffenen Feststellungen vertrat der Beklagte die Auffassung, eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen sei gerechtfertigt, da die Buchführung nicht ordnungsgemäß sei. Insbesondere seien die Kassenaufzeichnungen unzureichend und die Kassenbuchführung fehlerhaft. Auch ein Chi2-Test habe Hinweise auf eine fehlerhafte Buchführung ergeben Hinsichtlich der Schätzungshöhe berief sich der Beklagte auf eine durchgeführte Ausbeutekalkulation (innerer Betriebsvergleich), deren Ergebnis durch einen Vergleich mit Daten anderer Imbissbetriebe nach der Richtsatzsammlung des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) (äußerer Betriebsvergleich) bestätigt werde.

Gegen die durchgeführte Ausbeutekalkulation wandte die Klägerin durch ihren früheren Bevollmächtigten u.a. ein, der angesetzte Bratverlust sei um 4% auf 38% zu erhöhen, zudem seien Sachspenden, Nachlässe und Rabatte zu berücksichtigen. Zudem hätten selbstgezogene Warenproben ergeben, dass der Fleischanteil in den verkauften Gerichten höher seien und der Anteil der der verschiedenen Gerichte mit unterschiedlichen Fleischanteil am Gesamtumsatz anders zu gewichten sei. Dies berücksichtigend - unter Übernahme der übrigen Feststellungen der Betriebsprüfung - ergäben sich Rohgewinnaufschlagsätze von 183% (für 2011), von 189% (für 2012) und von 215% (für 2013) und damit Gesamterlöse von … € (für 2011), von … € (für 2012) und von … € (für 2013). Zu den Einzelheiten wird auf die Schreiben des früheren Bevollmächtigten C vom 21.12.2015 und 11.01.2016 (Bl. 57 ff. des Fallheftes) Bezug genommen. Diese Einwände berücksichtigend wurde von der Betriebsprüfung ein Abschlag von der eigenen Kalkulation in Höhe von 25% vorgenommen. Schließlich schätzte der Beklagte unter Ansatz von Rohgewinnaufschlagsätzen von 220% (für 2011), von 220% (für 2012) und von 248% (für 2013) Gesamterlösen von … € (für 2011), von … € (für 2012) und von … € (für 2013) und damit Erlöse von … € (für 2011), von … € (für 2012) und von … € (für 2013) zu. Die zugeschätzten Erlöse wurden – wie von der Klägerin angeregt...

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