Ermittlung des Lebensbedarfs eines behinderten Kindes

Das FG Baden-Württemberg hat zur Ermittlung der dem behinderten Kind zur Verfügung stehenden Mittel im Hinblick auf die Gewährung von Kindergeld entschieden.

Wenn bei einem Kind vor Vollendung des 25. Lebensjahres eine körperliche, geistige oder seelische Behinderung eintritt und es nicht in der Lage ist, sich selbst zu unterhalten, besteht Anspruch auf Kindergeld. Hierfür muss ermittelt werden, welche Mittel dem Kind zur Verfügung stehen, um seinen existenziellen Lebensbedarf zu decken.

Festsetzung von Kindergeld

Vor dem FG Baden-Württemberg wurde folgender Fall verhandelt: Für den Streitzeitraum Dezember 2019 bis Juli 2021 wurde von der Familienkasse Kindergeld festgesetzt. Doch diese Festsetzung wurde mit Bescheiden vom März 2021 aufgehoben.

Ermittlung der Einkünfte und Bezüge des Kindes

Hiergegen wehrte sich der Kindsvater und führte an, dass es keine Änderungsnorm geben würde, denn die Verhältnisse hätten sich nicht geändert. Zudem sei die Berechnung der Einkünfte und Bezüge des Kindes durch die Familienkasse falsch. Die Erbschaft des Kindes von der Mutter sei zweckgebunden gewesen und zum Abschluss einer privaten Rentenversicherung verwendet worden. Der Einspruch wurde durch Einspruchsentscheidung abgewiesen. Das FG Baden-Württemberg entschied, dass die Klage fristgerecht erhoben worden sei und zudem begründet sei.

Klage war fristgerecht

Die Einspruchsentscheidung der Familienkasse wurde datiert vom 28. Juli 2021, der Absendevermerk vom 29. Juli 2021. Der Vertreter des Klägers gab an, dass die Einspruchsentscheidung am 3.8.2021 bei ihm zuging. Die Klage vom 3.9.2021 sei daher fristgemäß. Das FG hat klargestellt, dass ein Abgangsvermerk der Stelle, die das Schriftstück an die Postausgangsstelle weiterleite, nicht ausreicht. Ein Absendevermerk der Poststelle sei hier maßgeblich. Zwar seien die Schilderungen der Familienkasse schlüssig und lassen auf eine Postaufgabe am 29.7.2021 schließen. Doch die Zugangsfiktion am dritten Tag sei erschüttert. Der tatsächliche Zugang am 3.8.2021 sei möglich und die Klage daher zulässig.

Außerdem verweist das FG darauf, dass es keine Änderungen in den einen Kindergeldanspruch begründenden Verhältnissen gegeben hat. Von der privaten Rente des Kindes hatte die Familienkasse bereits bei der Kindergeldfestsetzung Kenntnis. Die Klage hatte daher Erfolg.

FG Baden-Württemberg, Urteil v. 14.4.2022, 1 K 2137/21, veröffentlicht am 7.6.2022


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