Nachweis der Investitionsabsicht für den Investitionsabzugsbetrag erleichtert
Hintergrund
Durch das Unternehmenssteuerreformgesetz 2008 wurde die bisherige Ansparabschreibung zu einem Investitionsabzugsbetrag umgestaltet. Voraussetzung ist, dass der Unternehmer die Investition "voraussichtlich" tätigen wird. Zu der früheren Fassung (Ansparabschreibung) hatte der BFH entschieden, dass bei Betrieben, deren Gründung noch nicht abgeschlossen ist, die Bildung einer Rücklage für die Anschaffung wesentlicher Betriebsgrundlagen eine verbindliche Bestellung voraussetzt. Die Finanzverwaltung vertritt die Auffassung, diese Rechtsprechung sei auch auf den heute geltenden Investitionsabzugsbetrag zu übertragen. Dem ist der BFH entgegen getreten.
Der Unternehmer U beabsichtigte, eine Photovoltaikanlage zu errichten. Ende Dezember 2007 unterbreitete ihm die Solar-GmbH einen Kostenvoranschlag (rund 128.000 EUR) und Ende Januar 2008 ein "Angebot/Auftragsbestätigung" über rund 169.000 EUR. U bestellte die Anlage Mitte Februar 2008. Sie wurde im April 2008 installiert.
In seiner Einnahmen/Überschussrechnung für 2007 erklärte U einen Investitionsabzugsbetrag von rund 67.000 EUR. Das FA lehnte dies wegen Fehlens einer verbindlichen Bestellung ab.
Entscheidung
Dass FG gab der Klage statt und wurde vom BFH bestätigt.
Der BFH bekräftigt zunächst, dass der Investitionsabzugsbetrag auch von noch in Gründung befindlichen Unternehmen in Anspruch genommen werden kann. Denn nach allgemeinen Grundsätzen sind bei ausreichendem Zusammenhang auch bereits vor der Erzielung entsprechender Einnahmen vorweggenommene Betriebsausgaben oder Werbungskosten zu berücksichtigen.
Sodann betont der BFH, dass bei Betrieben vor Abschluss der Betriebseröffnung - zur Vermeidung von Missbräuchen - für die Prüfung der Investitionsabsicht für wesentliche Betriebsgrundlagen strenge Maßstäbe anzulegen sind. Entgegen der Rechtsprechung zu der Vorgängerregelung und der Auffassung der Finanzverwaltung ist jedoch eine verbindliche Bestellung bis zum Ende des Abzugsjahrs nicht erforderlich. Die Investitionsabsicht kann vielmehr auch durch andere geeignete und belegbare Indizien nachgewiesen werden. Für den Streitfall ließ der BFH den Kostenvoranschlag vom Dezember 2007 im Zusammenhang mit einer umfassenden Beratung und Teilnahme an einer Informationsveranstaltung ausreichen.
Hinweis
Die Prognose ist grundsätzlich aus der Sicht des jeweiligen Bilanzstichtags/Gewinnermittlungszeitraums zu treffen. Jedoch ist auch die künftige Entwicklung ergänzend zu berücksichtigen. Daher können bereits konkrete Verhandlungen über den Erwerb wesentlicher Betriebsgrundlagen ausreichen, wenn die Realisierung absehbar ist und den bei ernsthaft geplanten Investitionen üblichen Rahmen nicht überschreitet. Davon war im Streitfall auszugehen, da die Anlage schon im Frühjahr 2008 installiert wurde.
BFH Urteil vom 20.06.2012 - X R 42/11 (veröffentlicht am 22.08.2012)
Alle am 22.08.2012 veröffentlichten Entscheidungen im Überblick
-
Vermietung an den Partner in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft
812
-
BVerfG verhandelt im November zum Solidaritätszuschlag
707
-
Antrag auf Aufteilung der Steuerschuld nach § 268 AO ist unwiderruflich
690
-
Abschreibung für eine Produktionshalle
632
-
Selbst getragene Kraftstoffkosten bei der 1 %-Regelung
544
-
Berechnung der Zehn-Jahres-Frist bei sanierungsrechtlicher Genehmigung
519
-
Abzug von Fahrtkosten zur Kinderbetreuung
493
-
Neue Grundsteuer B in Baden-Württemberg ist verfassungsmäßig
473
-
Sonderausgabenabzug für einbehaltene Kirchensteuer auf Kapitalerträge aus anderen Einkunftsarten
465
-
Anschrift in Rechnungen
421
-
Rückwirkende Steuerbefreiung für Corona-Sonderzahlungen ab März 2020
22.11.2024
-
Positives Eigenkapital nach Umwandlung einer GmbH
22.11.2024
-
Alle am 21.11.2024 veröffentlichten Entscheidungen
21.11.2024
-
Keine Rückstellung für vorläufig festgesetzte Zinsrückzahlung
21.11.2024
-
Erfordernis der Glaubhaftmachung gem. § 52a Abs. 6 FGO
20.11.2024
-
Betriebsausgabenabzug für steuerfreie Photovoltaikanlagen auch in 2022 möglich
18.11.2024
-
Keine AdV bei geltend gemachter Verfassungswidrigkeit der Grundsteuerwertermittlung
18.11.2024
-
BFH zur Vorteilsminderung bei der 1 %-Regelung
18.11.2024
-
Bestattungskosten als Nachlassverbindlichkeiten bei Zahlung aus einer Sterbegeldversicherung
18.11.2024
-
Erbschaftsteuerlicher Freibetrag bei Erbverzicht der Elterngeneration
18.11.2024