Entscheidungsstichwort (Thema)
Abänderung einer Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB
Leitsatz (redaktionell)
Die generelle Befreiung des Geschäftsführers einer GmbH von den Beschränkungen des § 181 BGB ist als eine von den Parteien des Gesellschaftsvertrages bindend gewollte Gesellschaftsregel und damit als echter Satzungsinhalt anzusehen, der nur unter Einhaltung der Förmlichkeiten der §§ 53, 54 GmbHG geändert werden kann.
Normenkette
BGB § 181; GmbHG §§ 53-54
Verfahrensgang
AG Wiesbaden (Aktenzeichen 21 HRB 2808) |
LG Wiesbaden (Aktenzeichen 12 T 36/81) |
Tenor
Die Beschwerde wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.
Der Beschwerdewert beträgt 3.000,– DM.
Gründe
Die Antragstellerin ist eine mehrgliedrige GmbH, deren Gesellschaftsvertrag die Möglichkeit einer generellen Befreiung ihrer Geschäftsführer von den Beschränkungen des l§ 181 BGB nicht vorsieht. Am 16. Oktober 1981 erklärten die beiden Gesellschafter der Antragstellerin zu notariellem Protokoll den Beschluß, daß der derzeitige Geschäftsführer der Antragstellerin von den Beschränkungen des § 131 BGB befreit ist. Diese Entschließung hat die Antragstellerin zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet. Vom Registerrichter ist die Eintragung abgelehnt worden. Das Landgericht hat die als Beschwerde zu behandelnde Erinnerung der Antragstellerin zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich deren weitere Beschwerde.
Das Rechtsmittel ist unbefristet statthaft (§ 27 Satz. 1 FGG), auch formgerecht angebracht (§ 29 Abs. 1 FGG) und danach zulässig, sachlich jedoch nicht begründet. Der angefochtene Beschluß beruht nicht auf Verletzung des Gesetzes (§ 27 Satz 2 FGG in Verbindung mit § 550 ZPO). Die Vorinstanzen haben die §§ 8, 10, 53, 54 GmbHG sowie § 181 BGB richtig angewendet.
Rechtlich einwandfrei geht der angefochtene Beschluß davon aus, daß die Befugnis des Geschäftsführers einer GmbH, die Gesellschaft bei allen Rechtsgeschäften mit sich selbst oder als Vertreter eines Dritten uneingeschränkt zu vertreten (Befreiung von der Beschränkung des § 181 BGB), zu den Rechtsverhältnissen gehört, die nach den §§ 8 Abs. 3, 10 Abs. 1 Satz 2, 54 Abs. 2 GmbHG in das Handelsregister einzutragen sind. Das hat der Senat mit seinem zur Veröffentlichung bestimmten Beschluß 20 W 819/82 vom 3. Dezember 1982 im Anschluß an die nach der neueren Rechtsprechung und dem jüngeren Schrifttum im Vordringen begriffene Auffassung entschieden. Auf die Begründung dieser Entscheidung kann hier Bezug genommen werden.
Entgegen der Meinung, der Antragstellerin ist aber auch die Ansicht der Vorinstanzen zutreffend, daß im Falle der Antragstellerin die Befreiung ihres Geschäftsführers von den Beschränkungen des § 181 eine Satzungsänderung darstellt, die mithin nur unter den Voraussetzungen der §§ 53, 54 GmbHG wirksam werden kann. Allerdings gehört die Vertretungsbefugnis, obwohl sie zum Handelsregister angemeldet und eingetragen werden muß, nach § 3 Abs. 1 GmbHG nicht zum notwendigen Inhalt des Gesellschaftsvertrages. Hieraus folgt, daß nicht jede Änderung der Vertretungsbefugnis eine Satzungsänderung ist. Gehört die Regelung der Vertretungsbefugnis materiell nicht zur Satzung, kann sie wirksam auch ohne die Beachtung der Vorschriften des § 53 GmbHG geändert werden. Um eine Satzungsänderung handelt es sich aber nicht nur in den Fällen, in denen die neue Regelung von ausdrücklich in die Satzung aufgenommenen Bestimmungen abweicht. Auch dann, wenn die spätere Vereinbarung einen Punkt der Vertretungsbefugnis regelt, über den die Satzung ausdrücklich keine Bestimmung trifft, kann eine Satzungsänderung vorliegen. Denn soweit die Satzung schweigt, gilt das Gesetz, dessen Regelung damit materiell zur Satzung gehört. Wird nun ein solcher Punkt ausdrücklich geregelt, und weicht diese Regelung von derjenigen des Gesetzes ab, so liegt darin eine Satzungsänderung. Ein häufiger Fall dieser Art ist die Bestimmung über die Gesamt- oder Einzelvertretung von Geschäftsführern. Schweigt die Satzung, so gilt nach § 35 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 GmbHG Gesamtvertretung. Bestimmen nun die Gesellschafter, daß unter bestimmten Voraussetzungen auch eine Einzelvertretung zulässig ist, so weichen sie in diesem für das Gesellschaftsverhältnis erheblichen Punkt vom bisher geltenden dispositiven Gesetzesrecht ab und ändern so die Satzung. Nicht anders liegt es bei der generellen Befreiung des Geschäftsführers von den Beschränkungen des § 181 BGB. Schweigt der Gesellschaftervertrag hierzu, so gilt für den Geschäftsführer das gesetzliche Verbot, als Vertreter im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten, ein Rechtsgeschäft vorzunehmen. Dieses Verbot hat, wie der Senat in Übereinstimmung mit dem Bayerischen Obersten Landesgericht (BayObLGZ 1980, 209 = BB 1980, 1442; vgl. auch die Ergänzung BayObLG 1981, 132 = BB 1981, 869) meint, kaum weniger große Bedeutung für die gesellschaftlichen Verhältnisse der GmbH als die Frage der Gesamt- oder Einzelvertretung der Geschäftsführer. Deshalb ist es ...