Vorwort
Deutschland hat sich mit Unterzeichnung der UN-Behindertenrechtskonvention dazu verpflichtet, für alle Menschen einen gleichberechtigten Zugang zur Bildungs- und Arbeitswelt zu schaffen. Dazu gehört selbstverständlich auch, für Barrierefreiheit in einem allumfassenden Sinn zu sorgen. Dies gilt gerade auch für den Bereich der Bildungs- und Arbeitswelt. Hier ist der Arbeits- und Gesundheitsschutz vor besondere Herausforderungen gestellt.
Barrierefreiheit ist ein Thema, das alle Menschen angeht. Nicht nur Menschen mit Behinderungen profitieren von erleichterten räumlichen wie technischen Zugängen: Auch die Mutter mit dem Kinderwagen oder der alte Mann, dem Stufen zu schaffen machen, freuen sich. Gerade durch den demographischen Wandel ist absehbar, dass in Zukunft noch mehr Menschen in Deutschland die Vorteile einer inklusiven Gesellschaft, eines Lebens ohne Barrieren, zu schätzen wissen. Die barrierefreie Gestaltung der Umwelt muss also unbedingt als Steigerung des Komforts für alle erkannt werden.
Damit Bildungsträger und Arbeitgeber diesen Herausforderungen gewachsen sind, müssen sie von Anfang an barrierefrei planen. Das bedeutet, Gebäude und andere bauliche Anlagen und Einrichtungen für alle Menschen, egal ob mit oder ohne Behinderungen, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar zu machen.
Dabei hat die DGUV bei der Erstellung dieses Leitfadens einen Grundgedanken befolgt, den auch ich betone: Wenn Barrierefreiheit von Anfang an mitgedacht wird, sei es bei der Entwicklung von Produkten oder bei der Planung von Gebäuden, kann dies sogar Geld sparen. Ein Design für alle spart Geld, weil Dinge nicht nachträglich umgerüstet werden müssen, sondern von vornherein für alle zugänglich sind. Am Ende haben alle etwas davon, weil die Kosten für erforderliche Anpassungen und aufwendige Umbauten vermieden werden. Das gilt auch, wenn zunächst gar nicht klar ist, ob ein Gebäude von Menschen mit Behinderungen genutzt wird. Denn 96 Prozent der Behinderungen sind nicht angeboren, sondern im Laufe des Lebens erworben, durch Alter, Krankheit, Unfälle. Umso vorausschauender ist es, wenn die Gestaltung und Planung von Häusern, Wohnungen, Fabriken, Krankenhäusern von vornherein auf die unterschiedlichen Bedarfe und Bedürfnisse der Menschen eingeht.
Barrierefreiheit bezieht sich aber auch auf die innere Einstellung von Menschen. Respekt und Toleranz für alle sollte sich im Umgang miteinander ausdrücken. Und sich in den Arbeitsbedingungen zeigen. Niemand soll ausgeschlossen sein, Räume sollten ohne Risiko von Menschen mit und ohne Behinderungen genutzt werden können. Außerdem müssen gesundheitliche Beeinträchtigungen oder sogar Gefährdungen vermieden werden. Die Informationen über ein Gebäude müssen klar, verständlich und für jeden erfassbar sein. Die Aufteilung der Räume soll so klar strukturiert sein, dass sich alle leicht orientieren können. Wenn es dann auch noch gelingt, ein Gebäude ansprechend zu gestalten, so dass sich die Menschen in und mit ihm wohlfühlen, dann sind wir einen großen Schritt weiter auf dem Weg zu einer inklusiven Gesellschaft.
Verena Bentle
Beauftragte der Bundesregierung für die
Belange behinderter Menschen
Einleitung
Der Ansatz "Barrierefrei bauen" steht für eine inklusive Nutzung der gebauten Umwelt bzw. das "Bauen für Alle", anstelle von speziellen, separierenden Lösungen für Menschen mit Behinderung.
Alle Menschen mit und ohne Behinderung sollen einen weitestgehend barrierefreien Zugang zu ihrer Umwelt haben. Das bezieht sich sowohl auf Gebäude und deren Umgebung, als auch auf sämtliche weitere Gestaltungsfelder der Bildungs- und Arbeitswelt.
Die Bildungs- und Arbeitswelt muss so gestaltet werden, dass auch Menschen mit körperlichen oder kognitiven Einschränkungen an ihr selbstbestimmt, in der allgemein üblichen Art und Weise und ohne fremde Hilfe teilhaben können.
Im Hinblick auf die demografische Entwicklung unserer Gesellschaft ist die Barrierefreiheit kein Thema für eine spezielle Gruppe von Menschen, sondern wird immer mehr zu einer Aufgabe, der wir uns in allen gesellschaftlichen Lebensbereichen stellen müssen.
Barrieren können potentielle Nutzer ganz bzw. teilweise von einer unabhängigen, selbstbestimmten Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ausschließen. Oft behindern nicht eingeschränkte Fähigkeiten, sondern vom Menschen geschaffene Barrieren diesen selbstverständlichen Anspruch. Dies bezieht sich nicht nur auf Personen, die einen Rollstuhl oder Gehhilfen nutzen, sondern auch auf Menschen die sensorische bzw. kognitive Einschränkungen haben.
Barrierefreie Gestaltung kann nicht nach festgelegten, starren Vorgaben erfolgen. Deshalb sind die in Normen, Bauvorschriften und auch in den Technischen Regeln für Arbeitsstätten vorhandenen Gestaltungsbeispiele auch als Weg zum Erreichen einer weitgehenden Barrierefreiheit zu sehen.
Diesem Weg folgt der vorliegende Teil 2 des Leitfadens "Barrierefreie Arbeitsgestaltung". Es werden für einzelne bauliche Bestandteile P...