Rn. 196
Stand: EL 35 – ET: 03/2022
Berichtspflichtig sind nach § 289a Satz 1 Nr. 8 ferner wesentliche Vereinbarungen des UN, die bei einem Kontrollwechsel infolge eines Übernahmeangebotes wirksam werden, sich ändern oder enden (vgl. DRS 20.K211). Darzustellen sind nicht nur die oftmals als "change-of-control"-Klauseln bezeichneten Vereinbarungen, sondern auch die daraus resultierenden Wirkungen. Auf diese Weise soll ein potenzieller Bieter über Maßnahmen informiert werden, die das UN zur Abwehr unerwünschter Übernahmen getroffen hat.
Rn. 197
Stand: EL 35 – ET: 03/2022
Der Begriff Kontrollwechsel wird weder im Gesetz noch in der RegB definiert. Aus § 29 Abs. 2 WpÜG lässt sich jedoch ableiten, dass ein solcher beim Halten von mindestens 30 % der Stimmrechte aus Aktien vorliegt (vgl. DRS 20.K213). Unter einem Wechsel der Kontrolle ist dabei auch das erstmalige Überschreiten der 30 %-Grenze zu verstehen (vgl. Sailer, AG 2006, S. 913 (916); Beck Bil-Komm. (2020), § 289a HGB, Rn. 51), durch das die Abgabe eines Pflichtangebots gemäß § 35 WpÜG notwendig wird.
Rn. 198
Stand: EL 35 – ET: 03/2022
Berichtspflichtig sind nur wesentliche Vereinbarungen, die an einen Kontrollwechsel anknüpfen. Bei der Einschätzung der Wesentlichkeit ist nicht allein auf die Sicht des UN abzustellen, sondern es muss v.a. die Relevanz für einen potenziellen Bieter berücksichtigt werden. Demnach ist eine Vereinbarung immer dann als wesentlich und damit als berichtspflichtig anzusehen, wenn sie aufgrund ihrer Auswirkungen auf die zukünftige VFE-Lage des UN für einen potenziellen Bieter entscheidungsrelevant wäre. Hiervon ist z. B. dann auszugehen, wenn die Vereinbarung für die Fortführung des Geschäftsbetriebs oder die erfolgreiche Durchführung der Übernahme von Bedeutung ist (vgl. Lanfermann/Maul, BB 2004, S. 1517 (1520)). Beispiele dafür sind Kreditverträge, Joint-Venture-Verträge, Lizenzverträge sowie Vereinbarungen mit Mitarbeitern, Kunden oder Lieferanten. Auch mehrere für sich allein nicht wesentliche Vereinbarungen mit der Bedingung eines Kontrollwechsels können in ihrer Gesamtheit wesentlich und damit berichtspflichtig sein (vgl. DRS 20.K213). Im Zweifelsfall ist von einer Berichtspflicht auszugehen.
Rn. 199
Stand: EL 35 – ET: 03/2022
Darzustellen sind die wesentlichen Inhalte der Vereinbarungen einschließlich der Voraussetzungen, unter denen die Sonderregelungen greifen, sowie die möglichen wirtschaftlichen Folgen. Dabei ist eine zusammenfassende Beschreibung ausreichend (vgl. DRS 20.K215). Die wirtschaftlichen Folgen müssen zumindest qualitativ aufgezeigt werden. Sie sollten quantifiziert werden, wenn die betragsmäßigen Auswirkungen bekannt oder mit vertretbarem Aufwand ermittelbar sind (vgl. DRS 20.K215).
Rn. 200
Stand: EL 35 – ET: 03/2022
§ 289a Satz 4 enthält eine Schutzklausel, wonach die Angaben gemäß Satz 1 Nr. 8 unterbleiben können, soweit sie geeignet sind, dem UN einen erheblichen Nachteil zuzufügen. An die Nutzung dieser Schutzklausel sind sehr strenge Maßstäbe anzulegen. So muss es sich um einen wesentlichen Nachteil handeln, der mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Ein schlichter Hinweis auf Konkurrenzgründe ist nicht hinreichend (vgl. Bonner HGB-Komm. (2019), § 289a, Rn. 62). Der potenzielle Schaden muss nicht materieller Natur sein; auch immaterielle Nachteile können die Inanspruchnahme der Schutzklausel rechtfertigen (vgl. DRS 20K.217). Wird auf die Angabe einer wesentlichen Vereinbarung verzichtet, ist auf die Inanspruchnahme der Schutzklausel im Lagebericht hinzuweisen. Eine Inanspruchnahme der Schutzklausel ist ausgeschlossen, sofern das UN aufgrund anderer Vorschriften zur Offenlegung der Informationen verpflichtet ist (vgl. z. B. nach § 162 Abs. 2 Nr. 2 AktG).