Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Prof. Dr. Thomas Krolak
Tz. 77
Stand: EL 30 – ET: 09/2016
Eine zahlungsmittelgenerierende Einheit ist in IAS 36.6 definiert als kleinste identifizierbare Gruppe von Vermögenswerten, die Mittelzuflüsse erzeugen, die weitestgehend unabhängig von den Mittelzuflüssen anderer Vermögenswerte oder anderer Gruppen von Vermögenswerten sind. Eine zahlungsmittelgenerierende Einheit ist immer dann zu identifizieren, wenn der erzielbare Betrag für einen einzelnen Vermögenswert nicht bestimmt werden kann. Dies ist der Fall, wenn (IAS 36.67)
(a) |
nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Nutzungswert eines Vermögenswerts dessen beizulegendem Zeitwert abzüglich der Veräußerungskosten entspricht, und |
(b) |
der Vermögenswert keine Mittelzuflüsse aus der fortgesetzten Nutzung erzeugt, die weitestgehend unabhängig von denen anderer Vermögenswerte sind. |
Tz. 78
Stand: EL 30 – ET: 09/2016
Das Kriterium (a) folgt aus dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit. Die Identifizierung einer zahlungsmittelgenerierenden Einheit ist nur dann gerechtfertigt, wenn der für den einzelnen Vermögenswert nicht unmittelbar bestimmbare Nutzungswert wahrscheinlich von dessen beizulegendem Zeitwert abzüglich der Veräußerungskosten abweicht. Sofern aufgrund prinzipieller Überlegungen davon auszugehen ist, dass der Nutzungswert des Vermögenswerts wahrscheinlich dessen beizulegendem Zeitwert abzüglich der Veräußerungskosten entspricht, braucht das Unternehmen keine zahlungsmittelgenerierende Einheit zu identifizieren. Dies ist bspw. der Fall, wenn die Mittelzuflüsse aus der weiteren Nutzung des Vermögenswerts unbedeutend sind, weil der Vermögenswert in nächster Zukunft veräußert werden soll (IAS 36.67(a)).
Tz. 79
Stand: EL 30 – ET: 09/2016
Das Kriterium (b) bezieht sich auf die Zuordnung der Mittelzuflüsse zu einem einzelnen Vermögenswert. Voraussetzung für die Bestimmung des Nutzungswerts eines einzelnen Vermögenswerts ist, dass diesem künftige Zahlungen (sowohl Einzahlungen als auch Auszahlungen) zugeordnet werden können. In einem Unternehmen werden die Einzahlungen aber typischerweise – sofern die Vermögenswerte nicht selbst zur Veräußerung bestimmt sind – nicht durch einzelne Vermögenswerte, sondern durch das Zusammenwirken verschiedener Vermögenswerte generiert. Einzelnen Vermögenswerten können die Einzahlungen daher nur in Ausnahmefällen direkt zugeordnet werden. Aufgrund dieses Zuordnungsproblems kann für die meisten im Unternehmen dauerhaft genutzten Vermögenswerte ein Nutzungswert nicht unmittelbar bestimmt werden. In diesem Fall sieht IAS 36 die Bestimmung des Nutzungswerts der nächstgrößeren zahlungsmittelgenerierenden Einheit vor; dieser Nutzungswert umfasst dann entsprechend die einzelnen, zusammenhängenden Vermögenswerte. Für assoziierte Unternehmen gilt, dass diese regelmäßig unabhängige Zahlungsmittelzuflüsse generieren und aus diesem Grund idR selbst eine zahlungsmittelgenerierende Einheit darstellen (IAS 28.43; IDW RS HFA 40, Tz. 61).
Tz. 80
Stand: EL 30 – ET: 09/2016
Zur Veranschaulichung der beiden in IAS 36.67 genannten Kriterien enthält IAS 36 das Beispiel eines Bergbauunternehmens, das eine private Eisenbahn zur Unterstützung seiner Bergbautätigkeit unterhält. Das Unternehmen kann den erzielbaren Betrag der Eisenbahn nicht ermitteln, da diese nur zu ihrem Schrottwert verkauft werden könnte und dieser Wert wahrscheinlich von dem Nutzungswert der Eisenbahn abweicht [vgl. Kriterium (a)]. Des Weiteren erzeugt die Eisenbahn keine Mittelzuflüsse, die unabhängig von denen der anderen Vermögenswerte des Bergwerkes sind [vgl. Kriterium (b)]. Das Unternehmen hat demnach die nächstgrößere zahlungsmittelgenerierende Einheit für die Eisenbahn zu identifizieren, für die der erzielbare Betrag ermittelt werden kann. In dem Beispiel ist diese nächstgrößere zahlungsmittelgenerierende Einheit das Bergwerk als Ganzes (IAS 36.67). Das Beispiel verdeutlicht damit indirekt die Problematik, zahlungsmittelgenerierende Einheiten unterhalb der Ebene des Gesamtunternehmens abzugrenzen.
Tz. 81
Stand: EL 30 – ET: 09/2016
In IAS 36.68 wird darauf hingewiesen, dass die Identifizierung zahlungsmittelgenerierender Einheiten ein ausgewogenes Urteil (judgement) erfordert. Dabei handelt es sich um eine beim Unternehmen liegende Ermessensentscheidung, welche einen Gestaltungsspielraum bietet (IAS 36.68). Im Vergleich zum entsprechenden Exposure Draft (E 55) wurde IAS 36 um zahlreiche Anleitungen erweitert, damit ein einheitliches Vorgehen bei der Identifizierung zahlungsmittelgenerierender Einheiten erleichtert wird. So hat ein Unternehmen bei der Abgrenzung zahlungsmittelgenerierender Einheiten zu berücksichtigen, wie die Unternehmensleitung das Unternehmen steuert (zB. nach Produktlinien, Geschäftsfeldern oder regionalen Tätigkeitsfeldern) oder wie die Unternehmensleitung Entscheidungen über die Einstellung oder Fortsetzung der Unternehmenstätigkeiten bzw. den Abgang einzelner Vermögenswerte trifft (IAS 36.69). Indes werden zahlungsmittelgenerierende Einheiten nicht durch unterschiedliche Länder, funktion...