Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Dr. Andrea Rolvering
Tz. 118
Stand: EL 41 – ET: 6/2020
IAS 34 unterscheidet ebenso wie IAS 8 "Rechnungslegungsmethoden, Änderungen von rechnungslegungsbezogenen Schätzungen und Fehler" zwischen Änderungen der Rechnungslegungsmethoden (accounting policies) und Änderungen von Schätzungen (accounting estimates). Die beiden Sachverhalte werden bilanziell unterschiedlich behandelt. Eine Schätzung ist gem. IAS 8.34 zu ändern, wenn sich die Umstände, auf denen die Schätzung basiert, ändern oder neue und zusätzliche Informationen, eine größere Erfahrung des Unternehmens oder nachfolgende Entwicklungen dies erforderlich machen. In diesem Fall sind Art und – sofern möglich – Betrag der Änderung einer Schätzung anzugeben, wenn das Unternehmen davon ausgeht, dass die Änderung sich entweder wesentlich auf die aktuelle Berichtsperiode oder die folgenden Berichtsperioden auswirken wird (IAS 8.39f.). IAS 34.16A (d) verlangt die gleichen Angaben in einem Zwischenbericht. Kann der Änderungsbetrag nicht quantifiziert werden, ist diese Tatsache anzugeben.
Tz. 119
Stand: EL 41 – ET: 6/2020
Gemäß IAS 34.34–36 sind Änderungen von Schätzungen bei Vermögenswerten oder Schulden im aktuellen Zwischenbericht erfolgswirksam in der GuV zu berücksichtigen und anzugeben. Frühere Zwischenberichte müssen nicht rückwirkend korrigiert werden. Aufwendungen und Erträge, die in der aktuellen Zwischenberichtsperiode in der Gesamtergebnisrechnung erfasst werden, spiegeln demnach sämtliche Änderungen der Schätzungen von Beträgen wider, die für frühere Zwischenberichtsperioden des Geschäftsjahres vorgenommen wurden. Die Korrekturen sollten in den Posten der Gesamtergebnisrechnung berücksichtigt werden, denen die ursprünglichen Schätzungen zugrunde liegen, damit aufeinanderfolgende Zwischenberichte vergleichbar sind.
Tz. 119a
Stand: EL 41 – ET: 6/2020
Für die bilanzielle Abbildung von Versicherungsverträgen nach IFRS 17 dürfen in früheren Zwischenabschlüssen vorgenommene Schätzungen nicht in nachfolgenden Zwischenabschlüssen oder in der jährlichen Berichtsperiode geändert werden (IFRS 17.B137; vgl. hierzu auch Freiberg, PiR 2019, S. 190). Nach IFRS 17 sind Änderungen der Schätzungen des Erfüllungsbetrags (fulfilment cash flow) bei Versicherungsverträgen ohne direkte Überschussberechtigung mit der vertraglichen Servicemarge (contractual service margin) zu verrechnen (IFRS 17.44 iVm. IFRS 17.B96f.). Sind Änderungen der Schätzungen des Erfüllungsbetrags indes auf Anpassungen der Verpflichtung für bereits eingetretene, aber zum Stichtag noch nicht regulierte Versicherungsereignisse (liability for incurred claims) bezogen, sind diese Schätzungsänderungen (experience adjustments) in der GuV zu erfassen (IFRS 17.42). Die Regelung in IFRS 17.B137 ist damit eine Ausnahme von IAS 34.28, wonach die Häufigkeit der Berichterstattung eines Unternehmens nicht die Höhe des Jahresergebnisses beeinflussen darf (IFRS 17.BC214). Der IASB entscheidet sich mit dieser Ausnahmeregelung für einen integrativen Ansatz der Erfolgsermittlung. Eine freiwillige Anwendung des eigenständigen Ansatzes, dh. die Berücksichtigung von Änderungen früherer Schätzungen in Zwischenabschlüssen, ist indes nicht vorgesehen (vgl. IASB (Hrsg.), Staff Paper 2F (Dezember 2018), Tz. 8). IFRS 17 ist für Geschäftsjahre anzuwenden, die nach dem 31.12.2021 beginnen, und ersetzt den bis dahin anzuwendenden IFRS 4.
Tz. 120
Stand: EL 41 – ET: 6/2020
Unter Umständen kann es im Einzelfall schwierig sein, zu entscheiden, ob eine Rechnungslegungsmethode oder lediglich eine Schätzung geändert wird (vgl. IFRS-Komm., Teil B, IAS 8, Tz. 28). Im Zweifelsfall ist gem. IAS 8.35 von einer geänderten Schätzung auszugehen, und es sind die in IAS 34.16A (d) geforderten Angaben zu machen (vgl. Tz. 118–123).
Tz. 121
Stand: EL 41 – ET: 6/2020
Wird eine Schätzung in der letzten Zwischenberichtsperiode eines Geschäftsjahres geändert und veröffentlicht das Unternehmen keinen gesonderten Zwischenbericht für diese Berichtsperiode (zweiter Halbjahres- oder vierter Quartalsfinanzbericht für ein Geschäftsjahr), sind Art und Betrag dieser geänderten Schätzung im Anhang des jährlichen Abschlusses für dieses Geschäftsjahr anzugeben (IAS 34.26), sofern die Schätzungsänderung eine wesentliche Auswirkung auf die (Zwischen-)Berichtsperiode hat oder erwartet wird, dass sie eine wesentliche Auswirkung auf folgende Berichtsperioden haben könnte. Beispiele für Schätzungen, die in der abschließenden Zwischenberichtsperiode geändert werden, sind wesentliche außerplanmäßige Abschreibungen von Vorräten, Restrukturierungsmaßnahmen oder Verluste aufgrund von Wertminderungen, die in einer früheren Zwischenberichtsperiode des Geschäftsjahres erfasst wurden (IAS 34.30 (a)). Das Unternehmen ist nicht verpflichtet, zusätzliche finanzielle Informationen über die letzte Zwischenberichtsperiode in seinem jährlichen Abschluss auszuweisen.
Tz. 122
Stand: EL 41 – ET: 6/2020
Nicht explizit ist im IAS 34 geregelt, ob über den geschätzten Betrag respektive den diesem Betrag zugrunde liegenden ...