Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Bestellung eines Prozeßpflegers
Leitsatz (NV)
Ist die Revisionsklägerin eine GmbH u. Co. KG und ist die geschäftsführende Komplentär-GmbH nach Einlegung der Revision aufgrund § 1 des Gesetzes über die Auflösung und Löschung von Gesellschaften aufgelöst worden, weil der Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens mangels Masse rechtskräftig abgewiesen wurde, so kann nicht auf Antrag eines ehemaligen Gesellschafters der KG ein Prozeßpfleger bestellt werden.
Normenkette
FGO § 155; ZPO § 57 Abs. 1
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG. Persönlich haftende Gesellschafterin ist die E-GmbH. Diese GmbH ist nach Einlegung der Revision aufgrund § 1 des Gesetzes über die Auflösung und Löschung von Gesellschaften und Genossenschaften vom 9. Oktober 1934 (RGBl 1934, 914) aufgelöst worden, weil der Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens mangels Masse rechtskräftig abgewiesen wurde. Ihr Geschäftsführer befindet sich mit unbekanntem Aufenthalt im Ausland.
Deshalb beantragt der Antragsteller (ein früherer Gesellschafter der Klägerin) die Bestellung eines Prozeßpflegers gemäß § 155 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i. V. m. § 57 der Zivilprozeßordnung (ZPO).
Entscheidungsgründe
Der Antrag wird abgelehnt, weil die Voraussetzungen des § 57 ZPO und des § 155 FGO nicht gegeben sind.
Nach § 57 Abs. 1 ZPO hat der Vorsitzende des Prozeßgerichts einer nicht prozeßfähigen Partei, die verklagt werden soll, auf Antrag bis zum Eintritt des gesetzlichen Vertreters einen besonderen Vertreter (Prozeßpfleger) zu bestellen, falls mit dem Verzug Gefahr verbunden ist.
Die Klägerin ist zwar nicht prozeßfähig, weil sich der einzige Geschäftsführer ihrer persönlich haftenden Gesellschafterin mit unbekanntem Aufenthalt im Ausland befindet (vgl. Stein/Jonas, Kommentar zur Zivilprozeßordnung, 19. Aufl., § 57 Anm. 2). Gleichwohl kommt eine Anwendung des § 57 ZPO nicht in Betracht. Der Sinn und Zweck des § 57 ZPO erschöpft sich darin, dem Kläger einen prozeßfähigen Gegner gegenüberzustellen, damit er seinen Anspruch geltend machen kann (Baumbach / Lauterbach / Albers / Hartmann, Zivilprozeßordnung, 44. Aufl., Einführung vor §§ 57, 58 Anm. 1). Ein Kläger braucht eine solche prozessuale Hilfe im allgemeinen nicht, weil er, wenn er einen Anspruch verfolgen will, selbst in der Lage ist, sich durch geeignete Maßnahmen ein vertretungsberechtigtes Organ zu verschaffen. Im Streitfall besteht die Möglichkeit, die Notbestellung eines Liquidators der E-GmbH durch das Amtsgericht zu beantragen (Hardenburg/Hohner, GmbHG, 7. Aufl., § 66 Rdnr. 35). Außerdem ist die Klägerin durch einen Prozeßbevollmächtigten vertreten, so daß eine Unterbrechung des Verfahrens nicht eintritt (§ 246 ZPO, § 155 FGO).
Das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 26. März 1980 I R 111/79 (BFHE 130, 477, BStBl II 1980, 587), auf das sich der Antragsteller beruft, betraf einen anderen Sachverhalt, nämlich den, daß in einem von einer GmbH & Co. KG geführten Steuerprozeß die nicht mehr prozeßfähige Komplementär-GmbH notwendig beigeladen werden mußte. Da die Fortführung der Steuerprozesse von der Beiladung abhing und diese nur erfolgen konnte, wenn die GmbH wieder prozeßfähig wurde, lag hier nach dem Sinn und Zweck des § 57 ZPO dessen analoge Anwendung nahe.
Fundstellen
Haufe-Index 424436 |
BFH/NV 1987, 379 |