Entscheidungsstichwort (Thema)
Sonderkonto eines Gesellschafters als Kapital- oder als Darlehnskonto
Leitsatz (redaktionell)
- Wird für Kommanditisten neben den festen Kapitalkonten jeweils ein weiteres Sonderkonto zur Erfassung von Gewinnen, Verlusten „und dgl.” geführt, wobei die Guthaben und Verbindlichkeiten als verzinsliche Darlehen gelten sollen, steht grundsätzlich bereits die Verlustverrechnung der Annahme von Fremdkapital ausweisenden Darlehenskonten entgegen, die die Entstehung negativer Kapitalkonten und die Feststellung entsprechender verrechenbarer Verluste ausschließen würden.
- Die eine Ausnahme von diesem Grundsatz rechtfertigende Nachschusspflicht der Gesellschafter im Verlustfall muss ausdrücklich und klar im Gesellschaftsvertrag vereinbart sein.
- Eine die gesamthänderische Bindung der auf Gesellschafter-Sonderkonten ausgewiesenen Salden ausschließende Darlehensvereinbarung erfordert überdies regelmäßig dahingehende klare und eindeutige Vertragsabreden über Darlehenssumme, Besicherung und Kündigung sowie einen entsprechenden buchmäßigen Ausweis in der Bilanz der KG.
Normenkette
EStG § 15a; HGB §§ 111, 120 Abs. 2, § 121 Abs. 1, §§ 163, 168 Abs. 1
Streitjahr(e)
1995, 1996, 1997, 1998
Tatbestand
Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG, die sich seit dem 08.07.1999 in Liquidation befindet. An der Klägerin beteiligt sind gemäß Gesellschaftsvertrag vom 15.09.1993 die „I-GmbH” als Komplementärin sowie als Kommanditisten Herr „D” mit einer Kommanditeinlage von 150.000 DM, Herr „K” mit einer Kommanditeinlage von 150.000 DM, die Firma „H-GmbH & Co. KG”, vertreten durch die Fa. „E-GmbH”, diese vertreten durch ihren Geschäftsführer Herrn „H” mit einer Kommanditeinlage von 125.000 DM, und Herr „N” mit einer Kommanditeinlage von 75.000 DM. Durch Gesellschafterbeschluss vom 30.06.2000 wurde der Kommanditist „D” zum Liquidator bestellt.
Der Gesellschaftsvertrag vom 15.09.1993 enthält u. a. folgende Regelungen:
§ 1 Ziff. 3:
Für die in Absatz 1 und Absatz 2 vereinbarten Einlagen werden Festkapitalkonten geführt. Daneben werden für die Gesellschafter Sonderkonten zur Verrechnung von Gewinn- und Verlustanteilen, Entnahmen und dgl. geführt. Über diese Sonderkonten wickelt sich der gesamte Geldverkehr zwischen der Gesellschaft und den Gesellschaftern ab, so dass die Festkapitalkonten stets unverändert bleiben. Die Guthaben oder Verbindlichkeiten auf diesen laufenden Sonderkonten gelten als Darlehen der Gesellschafter an die Gesellschaft oder der Gesellschaft an die Gesellschafter; sie werden mit jährlich 5 % von Hundert im Kontokorrent verzinst...
§ 14 Ziff. 1:
Ein ausscheidender Gesellschafter erhält als Auseinandersetzungsguthaben eine Abfindung in Höhe des Nennbetrages seines Kapitalanteils unter Saldierung mit dem Sonderkonto...
Im Anschluss an eine steuerliche Außenprüfung für die Jahre 1992 bis 1994 erließ der Beklagte am 12.08.1999 gegenüber der Klägerin geänderte Feststellungsbescheide für die Jahre 1995 bis 1998, die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung standen. Die Klägerin beantragte am 30.11.1999 bei dem Beklagten, die Feststellungsbescheide 1995 bis 1998 gemäß § 164 Abs. 2 AO dahingehend zu ändern, dass § 15 a EStG keine Anwendung finde und deshalb kein verrechenbarer Verlust im Sinne von § 15 a Abs. 4 EStG einheitlich und gesondert festzustellen sei.
Der Beklagte lehnte die beantragte Änderung am 22.02.2000 ab, den hiergegen gerichteten Einspruch wies er am 13.09.2001 zurück. Zur Begründung führte er aus, die Verrechnung von Verlusten auf einem separat geführten Gesellschafterkonto spreche grundsätzlich für die Annahme eines gesamthänderisch gebundenen Guthabens. Stehen gelassene Gewinne seien als Einlage zu behandeln und begründeten keine Forderung des Gesellschafters gegen die Gesellschaft. Verluste minderten diese Einlage. Eine Nachschusspflicht sei im Gesellschaftsvertrag nicht vorgesehen.
Hiergegen richtet sich die Klage, mit der die Klägerin vorträgt:
Aufgrund der gesellschaftsvertraglichen Regelungen und der tatsächlichen Handhabung und Durchführung des Vertrages sei § 15 a EStG nicht anwendbar. § 15 a EStG orientiere sich an dem zivilrechtlichen Haftungsumfang. Gemäß § 1 Ziffer 3 des Gesellschaftsvertrages der Klägerin würden die Guthaben oder Verbindlichkeiten auf den Gesellschaftersonderkonten ausdrücklich als Darlehen, entweder der Gesellschafter an die Gesellschaft oder der Gesellschaft an die Gesellschafter geschuldet. Nach der Rechtsprechung des BFH sei darauf abzustellen, welche Rechtsnatur das Guthaben oder die Verbindlichkeit auf dem gesellschaftsvertraglich vereinbarten zweiten Gesellschaftskonto habe. Unerheblich sei, wie dieses in der Bilanz bezeichnet werde. Ob ein Darlehen zum Eigenkapital der Gesellschaft oder zum steuerlichen Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters gehöre, sei anhand aller Umstände des Einzelfalles zu beurteilen. Dabei sei die Art der Verlustverbuchung allenfalls ein Indiz. In der Regelung des § 1 Ziffer 3 des Gesellschaftsvertrages sei der schriftliche Abschluss eines ...