Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Haftung nach § 25 HBG bei Fortführung der Geschäftsbezeichnung
Leitsatz (redaktionell)
1) Eine Haftungsinanspruchnahme nach § 25 HGB erfordert, dass das erworbene Handelsgeschäft unter der bisherigen Firma fortgeführt wird.
2) Die Fortführung einer Geschäfts- bzw. Etablissementbezeichnung ist keine Fortführung der "Firma" i.S. der §§ 18, 19 HGB.
3) § 25 Abs. 1 Satz 1 HGB findet auf Fälle der Fortführung einer Geschäftsbezeichnung auch keine analoge Anwendung.
Normenkette
HGB §§ 25, 18-19; AO § 191
Tatbestand
Streitig ist die Rechtmäßigkeit einer Haftungsinanspruchnahme nach § 191 Abgabenordnung (AO) in Verbindung mit § 25 Handelsgesetzbuch (HGB).
Das Finanzamt (FA) nahm den Kläger (Kl.) nach vorheriger Anhörung mit Haftungsbescheid vom 16.03.2005 wegen rückständiger Umsatzsteuer nebst Zinsen und Säumniszuschläge seines Bruder T. für die Jahre 1997 bis 2002 wegen Betriebsübernahme gemäß § 191 AO i. V. m. § 25 HGB in Höhe von insgesamt 37.431,53 EUR in Anspruch. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Bescheides Bezug genommen.
Sein Bruder T., über dessen Vermögen inzwischen am 15.01.2006 ein Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, betrieb in den Streitjahren 1997 bis 2002 und darüber hinaus bis zum 01.01.2004 in X, A-Straße 2, die Pizzeria „Y” (StNr. XXX/XXXX/XXX1), die ab dem 01.01.2004 vom Kl. übernommen wurde. Dieser erwarb den gesamten Warenbestand und die Geschäftsausstattung.
Zudem betrieb T. in den Jahren 2000 bis 2002 in X, B-Straße 67, die Pizzeria „X” (StNr. XXX/XXXX/XXX2), die er vom Kl. übernommen und zum 31.12.2002 wiederum an diesen abgegeben hatte.
Außerdem betrieb T. in den Streitjahren 1997 bis 2002 in N, C-Straße 3, die Trattoria „Z” (StNr. XXX/XXXX/XXX3). Diesen Betrieb veräußerte T. zum 31.12.2002. Den Namen des Erwerbers hat das FA im Laufe des außergerichtlichen Verfahrens nicht ermittelt, da sich die Akten bereits im Keller des für diesen Betrieb zuständigen Finanzamts N befinden würden (vgl. Vermerk des FA vom 26.10.2005, Blatt 67 bis 69 der Haftungsakte).
T. gab jeweils in den Jahren 2000 bis 2003 für die drei Betriebe zusammengefasste Umsatzsteuererklärungen ab. Das FA führte bei T. hinsichtlich der Pizzerien „Y” und „X” zwei Betriebsprüfungen (Bp) für die Jahre 1997 bis 2000 (betreffend „Y”) und für das Jahr 2000 (betreffend „X”) durch. Wegen der Einzelheiten wird auf die beiden Bp-Berichte vom 17.09.2003 Bezug genommen.
Laut der eingereichten Gewinn- und Verlustrechnungen erzielte T. in den Jahren 2000 bis 2002 in seinen drei Betrieben folgende Umsätze:
Jahr |
X |
Y |
Z |
Gesamtumsatz |
2000 |
434.867 |
520.200 |
362.644 |
1.317.711 |
2001 |
512.591 |
483.943 |
313.967 |
1.310.501 |
2002 (in EUR) |
259.305 |
210.459 |
123.802 |
593.566 |
Die Umsätze im Betrieb „Y” betrugen lt. Gewinn und Verlustrechnungen in den Jahren 1997 bis 1999:
1997: |
567.316,91 DM |
1998: |
522.285,53 DM |
1999: |
474.781,41 DM |
In dem o. a. Haftungsbescheid vom 16.03.2005 war bei den USt-Schulden des T. weder angegeben worden, auf welche der drei von T. geführten Betriebe die USt-Verbindlichkeiten entfallen, noch der genaue Zeitpunkt, wann der Kl. von seinem Bruder T. welchen Betrieb übernommen hatte.
Zur Begründung seines gegen den Haftungsbescheid vom 16.03.2005 eingelegten Einspruchs trug der Kl. vor, für eine Haftung gemäß § 25 HGB sei kein Raum. Er habe den Betrieb „X” nicht erworben. Er habe das Unternehmen bereits in der Vergangenheit betrieben und es später auf seinen Bruder T. übertragen, der den Betrieb nunmehr an ihn zurückübertragen habe.
Er habe zwei Unternehmen übernommen, die Pizzerien „X” und „Y”. Der Betrieb „X” sei kein Handelsgeschäft im Sinne des HGB, da kein in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb erforderlich sei. Der Umfang der Geschäftstätigkeit begründe kein Handelsgewerbe im Sinne des HGB. Die Umsätze lägen zwischen 196.000 und 236.000 EUR. Im allgemeinen sei eine Umsatzgrenze in Höhe von 250.000 EUR zugrunde zu legen. Es würden lediglich eine Vollzeitkraft, zwei Teilzeitkräfte und zwei bis drei Aushilfen beschäftigt. Daneben nehme er weder am Wechsel- noch am Frachtverkehr teil, eine weiträumige Tätigkeit, umfangreiche Werbung und größere Lagerhaltung seien ebenfalls nicht vorhanden bzw. erforderlich. Insgesamt spreche kein Kriterium für das Vorliegen eines Handelsgewerbes, so dass eine Haftung für die Steuerschulden der „X” ausgeschlossen sei.
Hinsichtlich der Pizzeria „Y” sei aufgrund der Namensänderung in „Bella Y” die Haftung ausgeschlossen. Schriftliche Unterlagen über den Verkauf bzw. Erwerb der Pizzerien lägen ihm nicht vor. Lediglich für die Übertragung der Wirtschaftsgüter der Pizzeria „Y” sei eine Rechnung geschrieben worden, die dem FA vorläge. Es seien auch Essen außer Haus angeboten worden, entweder zum Mitnehmen oder durch Anlieferung mit dem Pizza-Taxi. In geringem Umfang sei ein Partyservice angeboten worden.
Außerdem sei die Festsetzungsfrist für die Zeiträume 1997 bis 2000 nach § 191 Abs. 3 und 4 AO abgelaufen.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum außergerichtlichen Vorb...