Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterschiedlicher Zinslauf bei mehreren offenen Gewinnausschüttungen
Leitsatz (redaktionell)
1) Die (offene) Gewinnausschüttung für ein abgelaufenes Wirtschaftsjahr stellt grds. ein rückwirkendes Ereignis i.S.d. § 233a Abs. 2a AO dar.
2) Aufgrund der Besonderheiten des Anrechnungsverfahrens ist eine Einschränkung der gesetzlichen Regelung dahingehend geboten, dass für die erste Gewinnausschüttung nicht der abweichende Zinslauf des § 233a Abs. 2a AO, sondern der Regelzinslauf des § 233a Abs. 2 AO anzuwenden ist, auch wenn die Gewinnausschüttung erst später als 1 Jahr nach Ablauf des betreffenden Wirtschaftsjahres erfolgt.
3) Für die nachfolgenden Gewinnausschüttungen gilt diese Einschränkung nicht. Der Zinslauf bestimmt sich insoweit nach § 233a Abs. 2a AO.
Normenkette
AO § 233a Abs. 2, 2a, §§ 175, 175 Abs. 1, 1 Sätze 1, 1 Nr. 2, § 233a
Nachgehend
Tatbestand
I.
Streitig ist die Berechnung der Zinsen gem. § 233 a Abgabenordnung (AO) wegen dreier für das Streitjahr beschlossener Gewinnausschüttungen.
In ihrer im Jahre 1999 eingereichten Körperschaftsteuer (KSt)-Erklärung 1997 erklärte die Klägerin (Kl.) u. a. drei im Jahr 1998 beschlossene Gewinnausschüttungen für das Wirtschaftsjahr 1996/1997, und zwar
Januar 1998 |
61 Mio. DM, |
März 1998 |
51 Mio. DM, |
Juli 1998 |
7 Mio. DM. |
Mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehendem KSt-Bescheid 1997 vom 02.07.1999 setzt der Beklagte (Bekl.) die KSt auf 65.485.023 DM fest. Abzüglich anzurechnender KSt und anzurechnender Kapitalertragsteuer ergab sich ein Betrag i. H. v. 61.350.554 DM. Nach Anrechnung der festgesetzten Vorauszahlungen war ein Betrag i. H. v. 727.826,00 DM von der Kl. bis zum 05.08.1999 zu zahlen.
Zur Zinsberechnung erhöhte der Bekl. diesen Unterschiedsbetrag um die KSt-Minderung auf Ausschüttungen i. H. v. 25.500.000 DM und legte für den Gesamtbetrag i. H. v. 26.227.826 DM einen Zinslauf vom 01.04.1999 bis 05.07.1999 zu Grunde. Für den KSt-Minderungsbetrag auf Ausschüttungen i. H. v. 25.500.000 DM ging der Bekl. von einem Zinslaufbeginn am 01.04.2000 aus. Die Berechnung des Bekl. führte zu festgesetzten Nachzahlungszinsen i. H. v. 393.417 DM.
Mit ihrem dagegen erhobenen Einspruch machte die Kl. geltend, bei der beschlossenen Gewinnausschüttung handele es sich nicht um ein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 233 a Abs. 2 a AO. Als rückwirkendes Ereignis könnten nur solche Umstände angesehen werden, die zu einer Änderung bereits erlassener Steuerbescheide nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO führten.
Mit Datum 12.10.1999 erließ der Bekl. einen geänderten KSt-Bescheid 1997. Auf Grund des verminderten Steuerbilanzgewinns führte die Steuerfestsetzung zu einer KSt nach Anrechnung von KSt und Kapitalertragsteuer i. H. v. 59.147.687 DM.
Danach ergab sich für die Zinsberechnung ein Unterschiedsbetrag zu Gunsten der Kl. i. H. v. 1.905.867 DM.
Für einen Teilunterschiedsbetrag i. H. v. 727.826 DM berechnete der Bekl. für die Zeit vom 05.08.1999 bis 15.10.1999 Erstattungszinsen i. H. v. 7.278,26 DM, für einen weiteren Teilunterschiedsbetrag i. H. v. 1.177.974 DM für die Zeit vom 01.04.1999 bis 15.10.1999 Erstattungszinsen i. H. v. 35.339,22 DM (Erstattungszinsen insgesamt 42.617,48 DM). Die bisher festgesetzten Nachzahlungszinsen minderte der Bekl. um die Zinsen auf den Teilunterschiedsbetrag i. H. v. 727.800 DM für die Zeit vom 01.04.1999 bis 05.07.1999 i. H. v. 10.917 DM. Insgesamt ergaben sich danach Erstattungszinsen i. H. v. 42.617,48 DM und Nachzahlungszinsen i. H. v. 382.500 DM, die insgesamt zu einer Zinsfestsetzung i. H. v. 339.882 DM führten.
Auf Grund der während des Einspruchsverfahrens ergangenen Entscheidung des BFH vom 18.05.1999 I R 60/98, BStBl. II 1999, 634 ging der Bekl. in der Folgezeit davon aus, dass die erste Gewinnausschüttung i. H. v. 61 Mio. DM nicht als rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 233 a Abs. 2 a AO anzusehen sei und der Zinslauf insoweit am 01.04.1999 begann. Hinsichtlich der weiteren Gewinnausschüttungen von 51 Mio. DM und 7 Mio. DM ging der Bekl. weiterhin von einem Beginn des Zinslaufs am 01.04.2000 aus. Auf der Grundlage dieser Rechtsauffassung erließ der Bekl. den gem. § 164 Abs. 2 AO geänderten Zinsbescheid vom 10.01.2000. Die Nachzahlungszinsen setzte er mit insgesamt 143.809 DM fest. Der Betrag setzt sich zusammen aus Erstattungszinsen i. H. v. 42.617,48 DM und Nachzahlungszinsen i. H. v. 186.427 DM.
Mit Bescheid vom 10.07.2000 änderte der Bekl. die KSt-Festsetzung und die Zinsfestsetzung erneut gem. § 164 Abs. 2 AO wegen einer weiteren Veränderung des Steuerbilanzgewinns. Insgesamt setzte er nunmehr Erstattungszinsen i. H. v. 43.489 DM fest.
Mit Einspruchsentscheidung (EE) vom 26.07.2000 wies der Bekl. den Einspruch der Kl. als unbegründet zurück. Zur Begründung führte der Bekl. aus, angesichts der Besonderheiten des körperschaftsteuerlichen Anrechnungsverfahrens sei nach Sinn und Zweck der Vorschrift des § 233 a...