Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerbefreiung für Familienheime
Leitsatz (redaktionell)
- Die Steuerbefreiung für Familienheime ist rückwirkend zu versagen, wenn der Erwerber innerhalb von 10 Jahren nach dem Erwerb seine Eigentümerstellung überträgt, auch wenn er das Familienheim weiterhin im Rahmen eines Nießbrauchs oder Wohnrechts weiterbenutzt.
- Dies gilt auch für die unentgeltliche Übertragung des Familienheims durch den Erben auf seine Kinder innerhalb der Zehnjahresfrist.
Normenkette
ErbStG § 13 Abs. 1 Nr. 4c
Streitjahr(e)
2009
Tatbestand
Streitig zwischen den Beteiligten ist, ob die unentgeltliche Übertragung eines - von Todes wegen nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c des Erbschaftsteuergesetzes in der zum Besteuerungszeitpunkt geltenden Fassung (ErbStG) steuerfrei erworbenen - Familienheims auf die eigenen Kinder den Nachversteuerungstatbestand des § 13 Abs. 1 Nr. 4c Satz 5 ErbStG erfüllt, wenn das Familienheim aufgrund des vorbehaltenen Dauerwohnrechts und des vorbehaltenen Nießbrauchsrechts weiterhin vom Erwerber zu Wohnzwecken genutzt wird.
Der Kläger ist Alleinerbe seiner am … 2009 verstorbenen Mutter M (Erblasserin). Bestandteil des Nachlasses war unter anderem das mit einem Einfamilienhaus bebaute Grundstück S-Straße … in … . Das Gebäude wurde von der Erblasserin bis zu ihrem Umzug in ein Altenpflegeheim selbst genutzt; seit diesem Zeitpunkt nutzt es der Kläger gemeinsam mit seiner Ehefrau zu eigenen Wohnzwecken.
Unter Berücksichtigung der Angaben in der Erbschaftsteuererklärung vom 15. Dezember 2009 setzte der Beklagte (das Finanzamt - FA -) mit Bescheid vom 23. Februar 2011 Erbschaftsteuer in Höhe von 0,-- € fest. Betreffend des Erwerbs des streitgegenständlichen Grundstücks wurde eine Steuerbefreiung gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG berücksichtigt. Im Erläuterungstext heißt es hierzu: „Die Steuerbefreiung fällt mit Wirkung für die Vergangenheit weg, wenn der Erwerber das Familienheim innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb nicht mehr zu Wohnzwecken selbst nutzt, es sei denn, er ist aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert. Die Aufgabe der Selbstnutzung ist nach § 153 Abs. 2 AO anzeigepflichtig. Die Anzeige ist unverzüglich an das Finanzamt zu richten.” Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Steuerfestsetzung wird auf die Aktenausfertigung des Bescheides (Bl. 37 f. der Erbschaftsteuerakte) Bezug genommen.
Am 7. Juni 2011 erging ein Feststellungsbescheid des FA …, durch den der Grundbesitzwert des Familienheims mit …,-- € festgestellt wurde.
Mit Übergabevertrag vom…April 2013 (Urkundenrolle-Nr. …/2013 des Notars …) übertrug der Kläger das streitgegenständliche Grundstück an seinen Sohn T und seine Tochter K, geb. …, zum Miteigentumsanteil von je ½, wobei er sich das Nießbrauchsrecht an dem Grundstück und ein Dauerwohnrecht zugunsten seiner Ehefrau und sich selbst vorbehielt. Hinsichtlich der konkreten Einzelheiten der Vereinbarung wird auf die Kopie des notariellen Vertrages (Bl. 36 ff. der Gerichtsakte) Bezug genommen.
Am 11. März 2015 erließ das FA einen nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AO geänderten Steuerbescheid, durch den die Erbschaftsteuer auf …,-- € festgesetzt wurde. Die Steuerbefreiung für das Familienheim gewährte das FA nicht mehr, da es die Auffassung vertrat, die Übergabe des Grundstücks an die Kinder des Klägers erfülle den Nachversteuerungstatbestand des § 13 Abs. 1 Nr. 4c Satz 5 ErbStG. Durch die Weiterübertragung unter Nießbrauchsvorbehalt seien die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung des Familienheims entfallen (R E 13.4 Abs. 6 und 7 der Erbschaftsteuerrichtlinien 2011 - ErbStR -). Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Steuerfestsetzung wird auf die Aktenausfertigung (Bl. 49 f. der Erbschaftsteuerakte) Bezug genommen.
Hiergegen legte der Kläger am 2. April 2015 Einspruch ein. Zur Begründung trug er vor, er habe seinen Grundbesitz nicht zur Erzielung eines Gewinns veräußert, sondern an seine Kinder in dem Glauben verschenkt, dass dies keinen Einfluss auf die Höhe der Erbschaftsteuer habe. Der im ursprünglichen Steuerbescheid enthaltene Erläuterungstext sei unzureichend und für den Laien nicht nachvollziehbar, da er keinen Hinweis auf den Status als Eigentümer enthalte bzw. nicht auf die Schädlichkeit einer Veräußerung oder einer Schenkung hinweise.
Mit seiner Entscheidung vom 12. November 2015 wies das FA den Einspruch des Klägers als unbegründet zurück. In den Gründen seiner Entscheidung führte das FA aus, eine Weiterübertragung eines Familienheimes unter Nutzungsvorbehalt sei als Verstoß gegen den Nachversteuerungsvorbehalt im Sinne des § 13 Abs. 1 Nr. 4c Satz 5 ErbStG anzusehen. Insoweit sei die Finanzverwaltung an die Vorgaben der ErbStR gebunden. Diese Ergänzung der bereits vorher bestehenden Verwaltungsanweisungen in Form der gleichlautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 25. Juni 2009 sei für alle Erwerbsvorgänge, für die die Steuer nach dem 31. Dezember 2008 entstanden ist, anzuwenden. Etwas anderes folge auch nicht au...