Entscheidungsstichwort (Thema)
Umdeutung einer Revision in eine Nichtzulassungsbeschwerde?
Leitsatz (NV)
Die Umdeutung einer - nicht zugelassenen - Revision in eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision kommt nicht in Betracht, wenn ein auf eine solche Umdeutung gerichteter, vorsorglich gestellter Antrag nicht innerhalb der Frist für die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde von einem Monat (§ 115 Abs. 3 Satz 1 FGO) eingeht.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 3
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erstrebt im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung für das Jahr 1980 die Berücksichtigung von Verlusten in Höhe von . . . DM, die ihm bei einer Nebentätigkeit als selbständiger Rechtsanwalt erwachsen sind. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) beurteilte die Nebentätigkeit als Liebhaberei und setzte die Einkommensteuer 1980 dementsprechend fest. Die hiergegen gerichtete Klage wies das Finanzgericht (FG) durch Urteil vom 19. September 1985 als unbegründet zurück. Das Urteil wurde dem Kläger am 28. September 1985 zugestellt.
Die Revision ist in dem Urteil des FG nicht zugelassen. In der Rechtsmittelbelehrung des Urteils ist darauf hingewiesen, daß die Revision nur statthaft ist, wenn das FG sie zugelassen hat, es sei denn, es werden wesentliche Mängel des Verfahrens i. S. des § 116 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gerügt. Außerdem enthält die Rechtsmittelbelehrung die Hinweise auf Frist und Form einer Nichtzulassungsbeschwerde.
Gegen das Urteil des FG hat der Kläger mit dem beim FG am 28. Oktober 1985 eingegangenen Schriftsatz vom 25. Oktober 1985 Revision eingelegt. Zur Begründung der Revision wurde ihm antragsgemäß Fristverlängerung bis 25. März 1986 gewährt. Die Geschäftsstelle des erkennenden Senats wies den Kläger mit Schreiben vom 27. November 1985 auf die ab 17. Juli 1985 wirksame Veränderung der Rechtslage aufgrund des Art. 2 des Gesetzes zur Beschleunigung verwaltungsgerichtlicher und finanzgerichtlicher Verfahren vom 4. Juli 1985 (BGBl I, 1274, BStBl I, 496) hin.
Mit dem am 25. März 1986 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz vom 22. März 1986 begründet der Kläger die Revision; er legt dar, daß das FG den Begriff der Liebhaberei verkannt habe. Ergänzend führt der Kläger aus: Für den Fall, daß der erkennende Senat die Auffassung vertreten sollte, daß die Revision ,,nicht gegeben sei", werde ,,fürsorglich das gesamte Vorbringen zur Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde wie folgt ergänzt:". Es folgen Ausführungen, die die Grundsätzlichkeit der Rechtsfrage belegen sollen. Auf die Revisionserwiderung, mit der das FA Ausführungen zur Unzulässigkeit von Revision und Nichtzulassungsbeschwerde macht, beantragt der Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Der Schriftsatz vom 25. Oktober 1985 habe wegen Arbeitsüberlastung zunächst nur der Fristwahrung dienen sollen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unzulässig.
1. Nach Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) i.d.F. des Gesetzes zur Beschleunigung verwaltungsgerichtlicher und finanzgerichtlicher Verfahren vom 4. Juli 1985 (BGBl I, 1274, BStBl I, 496), in Kraft getreten am 17. Juli 1985 (Art. 5 des Gesetzes vom 4. Juli 1985), findet abweichend von § 115 Abs. 1 FGO die Revision nur statt, wenn das FG oder - auf Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision im Urteil des FG - der Bundesfinanzhof (BFH) selbst die Revision zugelassen hat. Gemäß Art. 3 des Gesetzes vom 4. Juli 1985 ist diese Regelung auf alle Entscheidungen des FG anzuwenden, die nach dem Inkrafttreten des Gesetzes vom 4. Juli 1985, also ab 17. Juli 1985 verkündet oder von Amts wegen an Stelle einer Verkündung zugestellt werden (vgl. BFH-Urteil vom 6. November 1985 II R 217/85, BFHE 145, 120, BStBl II 1986, 175).
2. Danach ist die vom Kläger mit Schriftsatz vom 25. Oktober 1985 eingelegte Revision unzulässig. Die Vorentscheidung wurde ihm am 28. September 1985 zugestellt; sie enthält keine Zulassung der Revision durch das FG. Die Voraussetzungen einer zulassungsfreien Revision gemäß § 116 Abs. 1 FGO sind nicht gegeben.
3. Über eine Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht zu entscheiden, da der Kläger eine solche nicht eingelegt hat. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 25. Oktober 1985 das eingelegte Rechtsmittel mit ,,Revision" bezeichnet. Auch hat er - obwohl zwischenzeitlich durch die Geschäftsstelle des erkennenden Senats über die neue Rechtslage nach Art. 1 Nr. 5 BFHEntlG im Anschluß an die Rechtsmittelbelehrung des FG nochmals informiert - mit Schriftsatz vom 23. März 1986 eine ausdrücklich als solche gekennzeichnete ,,Revisionsbegründung" abgegeben und sich inhaltlich auch entsprechend mit den Ausführungen des FG im Urteil vom 19. September 1985 auseinandergesetzt.
Allerdings hat der Kläger vorsorglich für den Fall, daß ,,eine Revision nicht gegeben sei", das gesamte Vorbringen als Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde bezeichnet und schriftsätzlich ergänzt. Damit ist jedoch nicht dem gesetzlichen Erfordernis genügt, daß innerhalb der Monatsfrist des § 115 Abs. 3 Satz 1 FGO die Beschwerde beim FG einzulegen ist. Eine Fristwahrung durch Umdeutung der Revision in eine Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht in Betracht zu ziehen. Sie wird grundsätzlich nicht als angängig angesehen (BFH-Beschlüsse vom 27. Januar 1967 VI R 216/66, BFHE 88, 73, BStBl III 1967, 291, und vom 19. Januar 1968 III R 147/66, BFHE 91, 460, BStBl II 1968, 383). Im Streitfall ist sie in besonderem Maße deshalb nicht angängig, weil die Umdeutung nur bedingt begehrt wird für den Fall, daß das zur Entscheidung berufene Gericht nach Prüfung der eingelegten Revision diese für unzulässig ansieht. Bei dieser Sachlage kommt dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand keine Bedeutung zu.
Fundstellen
Haufe-Index 414582 |
BFH/NV 1988, 370 |