Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausreichende NZB-Begründung -- grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache
Leitsatz (NV)
1. Die Rechtsfrage, ob eine überlange Verfahrensdauer ein Grund für den Erlaß von Aussetzungszinsen sein kann, ist nicht klärungsbedürftig, weil sie höchstrichterlich geklärt ist.
2. Verfahrensfehler sind auf der Grundlage der Rechtsauffassung des FG im übrigen zu prüfen.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3
Verfahrensgang
Gründe
Die Beschwerde ist teilweise unzulässig und im übrigen unbegründet. Sie war deshalb insgesamt als unbegründet zurückzuweisen.
1. Die Beschwerde ist unzulässig, soweit die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) mit ihr eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht des Finanzgerichts (FG) rügt. Die Klägerin hat den behaupteten Verfahrensmangel in ihrer Beschwerdebegründung nicht ausreichend dargelegt. Es fehlt die schlüssige Begründung, weshalb sich dem FG auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung im übrigen nicht nur eine Beweisaufnahme, sondern konkret die Zeugenvernehmung eines namentlich nicht näher bezeichneten Bearbeiters hätte aufdrängen müssen. Das FG hat in den Entscheidungsgründen lediglich ausgeführt, es sei der Finanzverwaltung überlassen, mit wievielen Bescheiden sie die Aussetzungszinsen für einen Aussetzungszeitraum festsetze. Aus dieser Aussage folge nicht, daß es nach der Auffassung des FG auf den subjektiven Willen eines bestimmten Bearbeiters des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt -- FA --) ankomme. Auch für Zinsbescheide gilt § 124 Abs. 1 Satz 2 der Abgabenordnung (AO 1977). Danach werden Verwaltungsakte mit dem Inhalt wirksam, mit dem sie bekanntgegeben werden. Nach seinem bekanntgegebenen Inhalt betrifft jedoch der Bescheid vom 16. Juni 1988 nur die Festsetzung von Zinsen zur Körperschaftsteuer ... für die Zeit vom 21. August 1987 bis zum 8. Mai 1988. Aus dem bekanntgegebenen Wortlaut des Bescheides ergibt sich kein Anhaltspunkt dafür, daß Zinsen zur Körperschaftsteuer ... für die Zeit vor dem 21. August 1987 bzw. Zinsen zur Ergänzungsabgabe ... und/oder zum Stabilitätszuschlag ... nicht erhoben werden sollten. Das FG hat auf den objektiven Wortlaut des Bescheides abgestellt. Es hatte auf der Grundlage seiner Auffassung keinen Anlaß zu einer Vernehmung von Bearbeitern des FA.
2. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung. Die von der Klägerin geltend gemachten Rechtsfragen sind nicht klärungsbedürftig, weil sie sich ohne weiteres aus dem Gesetzeswortlaut beantworten lassen bzw. weil sie offensichtlich so zu beantworten sind, wie es das FG getan hat (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 26. September 1991 VIII B 41/91, BFHE 165, 287, BStBl II 1991, 924; vom 15. Dezember 1989 VI B 78/88, BFHE 159, 196, BStBl II 1990, 344). Dies ergibt sich im einzelnen aus folgendem:
a) Nach § 237 Abs. 1 AO 1977 ist ein geschuldeter Steuerbetrag, hinsichtlich dessen die Vollziehung eines Verwaltungsaktes ausgesetzt wurde, u. a. dann zu verzinsen, wenn ein förmlicher außergerichtlicher Rechtsbehelf oder eine Anfechtungsklage endgültig keinen Erfolg hatte. Im Streitfall sind diese Voraussetzungen unstreitig erfüllt. Aus § 237 Abs. 2 AO 1977 ergibt sich, für welche Zeit Zinsen zu erheben sind. Eine Verletzung des § 237 Abs. 2 AO 1977 durch die angefochtenen Zinsbescheide wird von der Klägerin nicht behauptet. Ergänzend dazu folgt aus § 239 i. V. m. § 155 Abs. 1 AO 1977, daß die zu verzinsenden Steuern durch schriftlichen Bescheid festzusetzen sind. Der Bescheid muß so gestaltet sein, daß sich aus ihm ergibt, für welchen ausgesetzten Steuerbetrag (Art und Höhe) und für welchen Zeitraum welcher Zinsbetrag festgesetzt wird. Außerdem muß der Bescheid die erlassende Behörde und den Adressaten bezeichnen. Die Angabe der Rechtsgrundlage für die Erhebung der Zinsen und des Steuerbescheides, dessen Vollziehung ausgesetzt wurde, mag zwar zweckmäßig sein. Beides dient jedoch nur der Begründung der Festsetzung von Zinsen, weshalb sie die Wirksamkeit des Bescheides nicht berühren. Dies folgt unmittelbar aus § 157 Abs. 2 AO 1977.
Die Klägerin mußte auf Grund der Regelung in § 237 Abs. 2 AO 1977 wissen, daß sie materiellrechtlich auch Zinsen für die Zeit vor dem 21. August 1987 schuldete. Wenn der Bescheid vom 16. Juni 1988 nur Zinsen zur Körperschaftsteuer ... und auch nur solche für die Zeit zwischen dem 21. August 1987 bis 8. Mai 1988 festsetzte, so konnte und durfte die Klägerin nicht annehmen, daß das FA Zinsen für die Zeit vor dem 21. August 1987 nicht erheben würde. Es fehlt an einer in dem Bescheid vom 16. Juni 1988 enthaltenen entsprechenden Erklärung des FA. Folglich hinderten die §§ 172 ff. AO 1977 das FA nicht am Erlaß der Zinsbescheide vom 14. November 1988. Dies ist selbstverständlich und bedarf keiner weiteren höchstrichterlichen Klärung.
Die Behauptung der Klägerin, die Zinsen seien zwei- oder mehrfach festgesetzt worden, ist sachlich unzutreffend. Zwar wurden die Zinsen durch verschiedene Bescheide festgesetzt. Jeder von der Klägerin materiellrechtlich geschuldete Zinsbetrag wurde jedoch nur einmal festgesetzt. Dies ist in tatsächlicher Hinsicht unstreitig.
b) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus §§ 133, 157, 242 des Bürgerlichen Gesetzbuches analog. Nach seinem klaren Wortlaut enthält der Bescheid vom 16. Juni 1988 nur die Festsetzung von Zinsen für die Zeit vom 21. August 1987 bis zum 8. Mai 1988. Er enthält nicht die Erklärung, daß Zinsen für die Zeit vor dem 21. August 1987 nicht festgesetzt würden. Die Klägerin mußte deshalb damit rechnen, daß die von ihr materiellrechtlich geschuldeten Zinsen durch einen weiteren Bescheid festgesetzt würden.
Der Senat sieht in entsprechender Anwendung des Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs von der Wiedergabe des Tatbestandes ab.
Fundstellen
Haufe-Index 421311 |
BFH/NV 1996, 731 |