Leitsatz (amtlich)
Sonderabschreibungen auf Herstellungskosten für die Errichtung von Waldarbeiterwohnungen nach der Verordnung über Steuervergünstigungen zur Förderung des Baues von Landarbeiterwohnungen vom 8. August 1955 (BGBl I 1955, 508) gehören zu den anderen Betriebsausgaben im Sinn des § 34b Abs. 2 Nr. 2 EStG.
Normenkette
EStG § 34b Abs. 2
Tatbestand
Streitig ist, ob bei der Ermittlung der Einkünfte 1956 der Revisionsbeklagten (Eheleute, Steuerpflichtige) aus Forstwirtschaft Sonderabschreibungen für den Bau von Waldarbeiterwohnungen (Verordnung über Steuervergünstigungen zur Förderung des Baues von Landarbeiterwohnungen vom 8. August 1955, BGBl I, 508) des Wirtschaftsjahres 1955/56 in Höhe von 57 127 DM den festen Verwaltungskosten gemäß § 34b Abs. 2 Nr. 1 EStG zuzurechnen sind. Die Steuerpflichtigen hatten im selben Wirtschaftsjahr Kalamitätsnutzungen außerhalb des Nutzungssatzes in Höhe von 71 238 DM. Das FA nahm "andere Betriebsausgaben" im Sinne des § 34b Abs. 2 Nr. 2 EStG an und verteilte diese entsprechend dem Verhältnis der Roherlöse zu den gesamten Betriebsausgaben auf alle Nutzungserlöse.
Nach erfolglosem Einspruch hiergegen gab das FG den Steuerpflichtigen auf ihre Klage recht. Es führte im wesentlichen aus. Was unter persönlichen und sachlichen Verwaltungkosten, soweit sie zu den festen Betriebsausgaben gehören, im Sinne des § 34b Abs. 2 Nr. 1 EStG zu verstehen sei, beantworte das Gesetz nicht. Die Antwort müsse unter Berücksichtigung des Sinnes und Zweckes der gesetzlichen Regelung aus der allgemeinen betriebswirtschaftlichen Kostenabgrenzung gefunden werden (Urteil des BFH IV 435/61 S vom 10. Oktober 1963, BFH 78, 151, BStBl III 1964, 60). Zu den festen persönlichen und sachlichen Verwaltungskosten gehörten danach die Kosten, wie sie gemeinhin und ohne Berücksichtigung der besonderen Terminologie der Forstwirtschaft als Verwaltungskosten verstanden würden. Die für Waldarbeiterwohnungen in Anspruch genommenen Abschreibungen seien als feste sachliche Verwaltungskosten anzusehen. Zu den Vertriebskosten gehörten die Abschreibungen nicht. Sie könnten auch nicht zu den Herstellungskosten gerechnet werden. Der Bau von Waldarbeiterwohnungen richte sich nicht so sehr auf die Produktion und Erhaltung des Wirtschaftsgutes stehendes Holz, sondern vielmehr darauf, dem Betrieb eine gesunde und dauernde Arbeitsgrundlage zu verschaffen. Dieses Ziel decke sich mit dem durch Verwaltungskosten allgemein zu erstrebenden Ergebnis, die Voraussetzungen für einen leistungsfähigen und kontinuierlichen Betrieb zu schaffen.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision des FA führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage der Steuerpflichtigen als unbegründet.
Im Urteil IV 435/61 S nahm der Senat zur Auslegung des § 34b Abs. 2 EStG 1955 eingehend Stellung. Er gelangte bei Beurteilung der Frage, zu welcher Art Kosten die Wegebaukosten gehörten, aus Sinn und Zweck der in § 34b Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 EStG gemachten Unterscheidung und aus der allgemeinen betriebswirtschaftlichen Kostenabgrenzung unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte der Vorschrift und der Gesetzesmaterialien (amtliche Begründung zum Entwurf des Gesetzes zur Neuordnung von Steuern, Deutscher Bundestag, 2. Wahlperiode, Bundestagsdrucksache Nr. 481 Anm. zu Art. 1 Ziff. 26 zu § 34a Abs. 2 S. 95, sowie Stellungnahme der Bundesregierung zu den Änderungsvorschlägen und Empfehlungen des Bundesrates zum Entwurf des Gesetzes über die Neuordnung von Steuern, Anlage C der amtlichen Begründung zu Ziff. 19 S. 146) zum Ergebnis, daß zu den festen Verwaltungskosten im Sinne des § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG alle Kosten gehören, die nicht so sehr mit der Produktion und dem Vertrieb des Wirtschaftsgutes stehendes Holz in Zusammenhang stehen, als vielmehr für die allgemeine laufende Erhaltung der normalen forstwirtschaftlichen Betriebsverwaltung aufgewendet werden müssen. Es sei davon auszugehen, daß der Gesetzgeber auf eine Zuordnung der einzelnen Betriebsausgaben zu den Holznutzungsarten, mit denen sie in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, wohl aus Vereinfachungsgründen verzichtet habe. Die Wegebaukosten rechnete der Senat in dieser Entscheidung in Übereinstimmung mit der amtlichen Begründung auch deshalb zu den auf alle Holznutzungsarten zu verteilenden Kosten im Sinne des § 34b Abs. 2 Nr. 2 EStG, weil sie infolge der Ermöglichung des Zuganges für die Forstflächen und der Begehung des Waldes allen Arbeitsvorgängen dienten, die für die Erzeugung, Pflege und den Abtrieb sowie Vertrieb des Holzes im Rahmen eines forstwirtschaftlichen Betriebes notwendig würden.
Legt man diese Überlegungen, an denen der Senat festhält, der Beurteilung der hier zur Entscheidung stehenden Sonderabschreibungen für Waldarbeiterwohnungen zugrunde, so ist es im Gegensatz zur Auffassung der Vorinstanz nicht gerechtfertigt, diese zu den festen Verwaltungskosten im Sinne des § 34b Abs. 2 Nr. 1 EStG zu rechnen. § 34b Abs. 2 trifft in den Nrn. 1 und 2 eine Unterscheidung zwischen den sogenannten Verwaltungskosten, die feste Betriebsausgaben sind, einerseits, und allen anderen Betriebsausgaben andererseits. Steuerlich sind die Sonder-AfA zweifellos Betriebsausgaben. Sie werden jedenfalls als solche behandelt. Insofern ist der Vorinstanz zuzustimmen. Sie sind aber nicht Verwaltungskosten. Die Errichtung der Waldarbeiterwohnungen und ihre Zurverfügungstellung an die Waldarbeiter dient nicht der normalen forstwirtschaftlichen Betriebsverwaltung. Die Waldarbeiterwohnhäuser müssen vielmehr mit der Tätigkeit der Waldarbeiter in Zusammenhang gebracht werden, für die aber davon auszugehen ist, daß sie der Produktion, der Erhaltung, dem Abtrieb und dem Vertrieb des stehenden und des geschlagenen Holzes dienen. Der Vorinstanz kann daher nicht gefolgt werden, wenn sie ausführt, der Bau von Waldarbeiterhäusern richte sich nicht so sehr auf die Produktion und Erhaltung des Wirtschaftsgutes stehendes Holz, sondern vielmehr darauf, dem Betrieb eine dauernde Arbeitsgrundlage zu verschaffen, was sich mit dem durch Verwaltungskosten allgemein zu erstrebenden Ergebnis decke, die Voraussetzungen für einen leistungsfähigen und kontinuierlichen Betrieb zu schaffen. Wenn das letztere auch richtig sein mag, so spricht dies doch keineswegs dafür, daß es sich um Verwaltungskosten handelt. Die Errichtung eines Fabrikgebäudes z. B. dient ebenfalls dazu, die Voraussetzungen für einen leistungsfähigen Betrieb zu begründen, es ist aber keine Rede davon, daß die Aufwendungen für ein Fabrikgebäude zur allgemeinen Verwaltung des Betriebes gehören. Daß es sich bei den Aufwendungen für Waldarbeiterwohnungen um feste Kosten handelt, steht der vom Senat vertretenen Auffassung nicht entgegen. So hat schon die Entscheidung IV 435/61 S im vorletzten Absatz ausgeführt, zu den anderen Betriebsausgaben im Sinne von § 34b Abs. 2 Nr. 2 EStG habe der Gesetzentwurf die variablen Kosten und andere feste Betriebsausgaben gerechnet, die nicht zu den persönlichen und sachlichen Verwaltungskosten im Sinne von § 34b Abs. 2 Nr. 1 EStG gehörten.
Auch nach einfachem Recht sind keine Umstände erkennbar, die es ausschlössen, das Gesetz so auszulegen, daß beim Zusammentreffen mehrerer Vergünstigungen die Inanspruchnahme der einen die andere einschränkt. Es gibt keinen Rechtssatz, daß das Gesetz in einem solchen Fall entgegen seinem Wortlaut und Zweck so ausgelegt werden müsse, daß beide Vergünstigungen voll zur Auswirkung gelangen.
Fundstellen
Haufe-Index 69163 |
BStBl II 1970, 845 |
BFHE 1971, 192 |