Dr. Ralf Sauter, Dr. Maximilian Bode
3.1 Cyber-physische Systeme
Schnittstelle zwischen digitaler und physischer Welt
Cyber-physische Systeme (CPS) sind, vereinfacht ausgedrückt, Systeme, die eine Schnittstelle zwischen der digitalen (cyber) und realen (physisch) Welt besitzen. Ein einfaches Beispiel sind Sensoren mit eigener IP-Adresse. Es handelt sich aber oft um verteilte, miteinander vernetzte ("intelligente") Systemelemente mit eingebetteter Software, die mithilfe von Sensoren und Aktoren Daten erfassen, auswerten und speichern. Die CPS sind in drahtgebundene oder drahtlose Kommunikationsnetze eingebunden, wodurch die Kommunikation zwischen technischen Einrichtungen (bspw. Produktionsanlagen) und/oder deren Steuerungseinrichtungen erfolgt. Damit stellen CPS eine wesentliche Grundlage der Vernetzung bei I4.0 dar.
Oftmals stellen CPS in einer vernetzten Produktionssystemumgebung mithilfe von Mensch-Maschinen-Schnittstellen die Kommunikation zwischen den Bedienern und den Produktionsanlagen sicher. So kann Condition Monitoring durch die Analyse von Maschinendaten als Anwendungsbeispiel für die Nutzung von CPS dienen. Unter Condition Monitoring werden Methoden zur Überwachung von Maschinen, basierend auf aktuellen Zustands- und Metainformationen sowie der Ferndiagnose und -wartung, bspw. zur Bestimmung der optimalen Wartungsintervalle, verstanden.
Die intelligente Steuerung der Produktionsabläufe durch vernetzte Anlagen und Automatisierungslösungen, basierend auf intelligenten Sensoren und deren Datenübermittlung, ist die Kerninnovation der I4.0. Die flexible Just-in-Time-Produktion bei optimaler Auslastung ist das Ziel der so genannten "resilienten Fabrik". Diese Initiative von Festo AG & Co. KG zielt darauf ab, die Fabrik widerstandsfähig gegen saisonale und dem breiten Produktspektrum geschuldeter Auslastungsschwankungen zu machen. An der Technologieinitiative SmartFactoryKL nehmen rund 35 Unternehmen und Forschungsinstitute unterschiedlicher Industrien und Wertschöpfungsfunktionen teil. Hierbei sollen herstellerunabhängig unterschiedliche I4.0-Konzepte im Bereich der Fabriksysteme untersucht und weiterentwickelt werden.
3.2 Big Data Analytics
Herausforderung Datenmengen intelligent zu nutzen
Unter Big Data Analytics wird die Nutzung teilweise sensorgenerierter, vernetzter, unstrukturierter Daten aus unterschiedlichsten Quellen verstanden. Die Daten können bei I4.0-Anwendungsfällen u. a. durch intelligente Sensoren an Maschinen und Werkstück(-trägern), durch mobile oder stationäre CPS oder durch klassische Unternehmensdaten erzeugt werden. Die Herausforderung besteht darin, diese enormen Datenmengen intelligent zusammenzuführen und auszuwerten, um daraus z. B. Prognosen zu erstellen (Predictive bzw. Prescriptive Analytics).
3.3 Digitale Abbildung/Steuerung realer Produktionsabläufe
Echtzeit-Informationsflüsse
Die Daten werden auch zur digitalen Abbildung und Steuerung realer Produktionsabläufe in Echtzeit genutzt. Hierbei werden bspw. die Fertigungsaufträge nicht mehr nur nach vollständiger Abarbeitung an die Produktions- und ERP-Systeme rückgemeldet, sondern der aktuelle Bearbeitungsstand. Die Wittenstein AG nutzt diese Daten in dem Anwendungsbeispiel "Mobiles Produktionsmanagement", damit Produktionsmitarbeiter standortunabhängig (auf einem mobilen Ausgabegerät) Feinplanungsinformationen zu Fertigungsaufträgen abrufen können. Damit wird ein effektiver Informationszugriff und eine Beschleunigung des Eskalationsprozesses (bei Störfällen oder Kapazitätsengpässen) erreicht. Die DMG Mori Seiki AG unterstützt die Arbeitsplatzvorbereitung und NC-Programmierung ihrer Werkzeugmaschinen durch Simulation auf einem virtuellen Abbild der Maschine. Dadurch können der Fertigungsprozess optimiert und die gewonnenen Erkenntnisse in einer zentralen Wissensbasis für vergleichbare Prozesse zur Verfügung gestellt werden.
3.4 Mobile Informationssysteme
Fortschrittliche Mensch-Maschine-Interaktion
Der Einsatz mobiler Informationssysteme für Mitarbeiter der Produktion, der Teilelagerung oder der Produktionslogistik ist ein Beispiel für die Nutzung vorhandener Technologien, die die Prozesse durch fortschrittliche Mensch-Maschine-Interaktion effizienter und sicherer gestalten. Der VW-Konzern experimentiert mit Datenbrillen in den Teilelagern, um die Handscanner abzulösen. ABB Ltd setzt auf den Einsatz von Tablets im Servicebereich, um per Augmented Reality Wartungsinformationen für defekte Geräte schnell und mobil zur Verfügung zu stellen.