OFD Karlsruhe, Verfügung v. 11.4.2006, S 7416/1
1. Übergang von der Eigenbewirtschaftung auf die Betriebsverpachtung
Auf die Umsätze aus der Verpachtung landwirtschaftlicher Betriebe kann die Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG nicht angewendet werden (Abschn. 264 Abs. 6 UStR). Mit Verpachtungsbeginn kommt es – abhängig von Gesamtumsatz des Verpächters – zu einem Wechsel der Besteuerungsform von der Durchschnittssatzbesteuerung zur Regelbesteuerung oder zur Besteuerung nach § 19 Abs. 1 UStG.
Soweit die Pacht auf überlassene Grundstücke einschließlich aufstehender Gebäude oder auf standfeste Scheinbestandteile entfällt, sind die Pachteinnahmen gem. § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfrei (vgl. auch Nr. 6). Dadurch wird eine zeitanteilige Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15a Abs. 1 und 6 UStG ausgelöst, wenn der Verpächter im Rahmen der Regelbesteuerung Vorsteuerbeträge aus (nachträglichen) Anschaffungs- oder Herstellungskosten abgezogen hat und der Zehnjahreszeitraum bei Verpachtungsbeginn noch nicht abgelaufen ist (vgl. BMF-Schreiben vom 28.11.2005, Tz. 55, BStBl 2005 I S. 1065). Eine Vorsteuerberichtigung entfällt, wenn der Verpächter zulässigerweise auf die Steuerbefreiung der (anteiligen) Pacht verzichtet (§ 9 UStG).
Bei Erhaltungsaufwendungen an Pachtgebäuden, ist eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15a Abs. 3 UStG zu prüfen, wenn der Verpächter die Aufwendungen nach dem 31.12.2004 im Rahmen der Regelbesteuerung getätigt hat (§ 27 Abs. 11 UStG).
Sofern die auf Anschaffungs- und Herstellungskosten entfallenden Vorsteuerbeträge im Rahmen der Durchschnittssatzbesteuerung angefallen und durch die Vorsteuerpauschale abgegolten worden sind, erfolgt die Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG nicht bei dem einzelnen Verpächter, sondern makroökonomisch bei der Ermittlung der Vorsteuerbelastung für die gesamte Landwirtschaft. Bei der Festlegung der Vorsteuerbelastungen für die Land- und Forstwirtschaft werden steuerfreie Verpachtungen (§ 4 Nr. 12 Buchst. a UStG) durch eine entsprechende Minderung der Bruttoanlageinvestitionen berücksichtigt.
Bei steuerpflichtigen Verpachtungen (§ 9 UStG) ist eine Anwendung des § 15a UStG zu Gunsten des Verpächters für den restlichen Berichtigungszeitraum zulässig, wenn die auf (nachträgliche) Anschaffungs- und Herstellungskosten entfallenden Vorsteuerbeträge des jeweiligen Wirtschaftsguts nachgewiesen werden (Abschn. 214 Abs. 6 UStR).
2. Verpachtung von lebensfähigen landwirtschaftlichen Teilbetrieben
Die Verpachtung eines lebensfähigen Teilbetriebs unterliegt der Regelbesteuerung ohne Rücksicht darauf, welchen Umfang der vom Verpächter zurückbehaltene Teil hat. Ab Verpachtungsbeginn erstreckt sich die Durchschnittssatzbesteuerung nur noch auf den eigenbewirtschafteten Unternehmensteil (§ 24 Abs. 3 UStG; bestätigt zur Verpachtung der Landwirtschaft bei fortbestehendem Forstbetrieb durch BFH-Urteil vom 6.12.2001, BStBl 2002 II S. 555 und zu Betriebsteilungen durch BFH-Urteile vom 25.11.2004, BStBl 2005 II S. 896 und vom 6.10.2005, BStBl 2006 II S. 212). Die Frage, ob diese Grundsätze auch anzuwenden sind, wenn die Betriebsteilung zur Einhaltung der Tierhaltungsgrenzen des § 24 Abs. 2 UStG im eigenbewirtschafteten Unternehmensteil erfolgt, hat der BFH dem EuGH mit Beschluss vom 22.1.2004, BStBl 2004 II S. 530 zur Vorabentscheidung vorgelegt.
Zur Verpachtung einzelner Wirtschaftsgüter vgl. BMF-Schreiben vom 28.11.2005, BStBl 2005 I S. 1065 sowie S 7410 Karte 3.
3. Veräußerung eines landwirtschaftlichen Betriebs nach vorangegangener Verpachtung
Die Übertragung des landwirtschaftlichen Betriebs nach Ablauf der Pachtzeit ist kein Umsatz, der unter die Durchschnittssatzbesteuerung des § 24 Abs. 1 UStG fällt. Da es sich dabei regelmäßig um eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung nach § 1 Abs. 1a UStG handelt, ist beim erwerbenden Unternehmer (z.B. bisherigen Pächter) für den restlichen Berichtigungszeitraum die Vorsteuerüberwachung fortzuführen (§ 15a Abs. 10 UStG). Wendet der erwerbende Unternehmer im verbleibenden Berichtigungszeitraum die Durchschnittssatzbesteuerung an, ist mangels konkreter Vorsteuerabzugsberechtigung (§ 24 Abs. 1 Satz 4 UStG) eine Vorsteuerberichtigung durchzuführen.
4. Wirtschaftsüberlassungsverträge
Überlässt ein Betriebsinhaber einem Angehörigen seinen landwirtschaftlichen Betrieb aufgrund eines sog. Wirtschaftsüberlassungsvertrages, so sind nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs für den Hofeigentümer – mit Ausnahme des Umstands, dass er keine Pachteinnahmen, sondern Unterhaltsleistungen vom Nutzungsberechtigten erhält – dieselben Rechtsfolgen abzuleiten, wie sie für die Verpachtung landwirtschaftlicher Betriebe gelten; der Nutzungsberechtigte ist im Ergebnis einem Pächter gleichzustellen (Urteile vom 5.2.1976, BStBl 1976 II S. 335 und vom 25.1.1992, BB 1992 S. 1048).
5. „Eiserne Verpachtung”
Hingabe und Rückgabe des „eisernen Inventars” stellen keine Lieferung dar. Ein sich bei der Rückgabe ergebender Mehrwert, den der Verpächter auszugleich...