Entscheidungsstichwort (Thema)
Abzinsung eines der Kapitalgesellschaft unverzinslich gewährten unbefristeten Gesellschafterdarlehens trotz der Vereinbarung von Zinsen ab dem Folgejahr (wertbegründende Tatsache)
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein der Kapitalgesellschaft von ihrem Gesellschafter zunächst einschränkungslos unverzinslich gewährtes unbefristetes Darlehen ist zum Bilanzstichtag auch dann nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG gewinnerhöhend abzuzinsen, wenn im Folgejahr bereits vor der Bilanzaufstellung eine Verzinsung des Gesellschafterdarlehens mit Wirkung ab dem Beginn des Folgejahres vereinbart worden ist. In diesem Fall ist das Darlehen bis zur Vereinbarung der künftigen Verzinsung als unverzinslich zu behandeln und erst ab dem Bilanzstichtag des Folgejahres entsprechend der geänderten Verzinsungsvereinbarung neu zu bewerten (Anschluss an BMF v. 26.5.2005, IV B 2-S 2175-7/05, BStBl I 2005, 699).
2. Die Vereinbarung hinsichtlich der Verzinslichkeit des Darlehens ab dem Folgejahr stellt für den Bilanzstichtag des laufenden Jahres eine wertbegründende und keine wertaufhellende Tatsache dar.
Normenkette
EStG 2007 § 6 Abs. 1 Nrn. 3, 2, § 5 Abs. 1; KStG § 8 Abs. 1; HGB § 252 Abs. 1 Nr. 4
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Tatbestand
Die Klägerin ist eine GmbH, deren Unternehmensgegenstand der An- und Verkauf sowie die Verwaltung von eigenen Immobilien und der Erwerb von Unternehmensbeteiligungen ist. Gesellschafter der Klägerin sind die Herren B. und C..
Zum 31. Dezember 2007 bestanden Darlehensverbindlichkeiten der Klägerin gegenüber ihren Gesellschaftern in Höhe von 2.048.287,42 Euro. Die Darlehen, die jedenfalls teilweise schon seit einer Reihe von Jahren liefen, waren der Klägerin bis zum 31. Dezember 2007 zinslos gewährt worden. Durch vertragliche Vereinbarungen vom 1. März 2008 wurden die Darlehen ab dem 1. Januar 2008 mit 1,5 % p.a. verzinst.
Der Beklagte nahm im Jahre 2012 bei der Klägerin eine Außenprüfung für die Jahre 2007 bis 2009 vor. Er kam danach zu der Auffassung, dass die Darlehen zum 31. Dezember 2007 gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) abzuzinsen seien. Der Beklagte ging davon aus, dass die Laufzeit der Darlehen unbestimmt seien und somit gemäß § 13 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes (BewG) der 9,3 fache Jahreswert anzusetzen sei. Unter Verwendung des entsprechenden Vervielfältigers von 0,503 bewertete er die Darlehensverbindlichkeiten mit 1.030.288,57 Euro und erhöhte den Gewinn der Klägerin um die Differenz zum Nennbetrag, also um 1.017.998,85 Euro. Aufgrund der Verzinsung der Darlehen ab Beginn des Jahres 2008 wurden die Darlehensverbindlichkeiten zum 31. Dezember 2008 wieder erhöht; der Gewinn der Klägerin verminderte sich zu diesem Zeitpunkt entsprechend um 1.017.998,85 Euro. Die Gewinnerhöhung im Streitjahr führte aufgrund der Begrenzung des Verlustrücktrags auf 511.500,00 Euro zur Festsetzung von Körperschaftsteuer.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Verzinsung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG auf den Zeitraum, für den die Darlehen unverzinslich gewährt worden waren, also auf die Zeit bis zum 31. Dezember 2007, zu beschränken sei. Die Nichtberücksichtigung der bei Bilanzerstellung bereits feststehenden Verzinsung würde dazu führen, dass der zu bewertende Vorteil aus der unentgeltlichen Nutzung des Kapitals unrichtig ermittelt und dargestellt werden würde. Auch das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 26. Mai 2005 (Bundessteuerblatt [BStBl]. I 2005, 699) stelle in Tz. 6 auf den Rückzahlungszeitpunkt einer unverzinslichen Verbindlichkeit ab. Nur in Fällen, in denen für eine objektive Restlaufzeit der Verbindlichkeit keine Anhaltspunkte vorlägen, sei hilfsweise § 13 Abs. 2 BewG und damit der Vervielfältiger von 0,503 heranzuziehen. Die Klägerin wertet insoweit die vertraglichen Vereinbarungen vom 1. März 2008 als wertaufhellende Tatsache und weist darauf hin, dass bei Kleinkapitalgesellschaften nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) zumindest Tatsachen, die innerhalb eines Zeitraumes von sechs Monaten nach dem Bilanzstichtag, also regelmäßig bis zum 30. Juni eines Jahres, erkennbar werden, als wertaufhellend zu berücksichtigen seien. In Anbetracht dessen, dass die Verbindlichkeiten nur bis zum Ende des Jahres 2007 verzinslich gewesen sei, sei der Vorteil der unentgeltlichen Kapitalnutzung mit 0 zu bewerten und von einer Abzinsung der Verbindlichkeit bereits zum Bilanzstichtag 31. Dezember 2007 abzusehen.
Die Klägerin beantragt,
den Körperschaftsteuerbescheid 2007, den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer zum 31. Dezember 2007 und den Bescheid zur gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2 und § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG zum 31. Dezember 2007, sämtlich vom 14. November 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15. Mai 2013, dahingehend zu ändern, dass der Gewinn der Klägerin um 1.017,998,00 Euro vermindert...