Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsüberlastung des Prozessbevollmächtigten als Wiedereinsetzungsgrund
Leitsatz (redaktionell)
Arbeitsüberlastung eines Prozessbevollmächtigten stellt nur dann einen Wiedereinsetzungsgrund dar, wenn die Überlastung unvorhersehbar und unabwendbar eintrat oder bei andauernder Überlastung auch durch geeignete organisatorische Maßnahmen nicht verhindert werden konnte, eine laufende Frist nicht einzuhalten.
Normenkette
FGO §§ 56, 65 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 3
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin wegen Versäumnis einer Ausschlussfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden kann. In der Hauptsache ist streitig, ob Gehaltszahlungen an die Gesellschafter der Klägerin wegen fehlender vorheriger Vereinbarung teilweise verdeckte Gewinnausschüttungen darstellen.
Die Klägerin ist eine im Jahr 1981 errichtete GmbH mit einem Stammkapital von 50.000 DM. Gegenstand des Unternehmens war die Herstellung und der Vertrieb von Back- und Konditorwaren. Bis zum Jahr 1998 waren an der GmbH der Gesellschafter W zu 3/4 und die Gesellschafterin U zu 1/4 als Gesellschafter beteiligt. Nach der von der Klägerin für 1996 gemeinsam mit den Steuererklärungen eingereichten Gewinn- und Verlustrechnung betrugen die Gesellschafterbezüge (Konto 4120) insgesamt 176.880 DM. Der Beklagte veranlagte die Klägerin zunächst mit Steuerbescheiden vom 22.2.1999 erklärungsgemäß. In der Anlage zum Körperschaftsteuerbescheid 1996 wies er aber darauf hin, dass nach den ihm vorliegenden Gehaltsvereinbarungen der Klägerin mit den Gesellschaftern W und U bzw. den entsprechenden Nachträgen deren Gehälter zuletzt 64.000 DM bzw. 59.124 DM betrügen. Die Klägerin werde deshalb gebeten, die aktuellen Verträge über die Gesellschafterbezüge vorzulegen. Soweit entsprechende im Voraus abgeschlossene Vereinbarungen nicht nachgewiesen werden könnten, sei in Höhe der sich zu den laut Gewinn- und Verlustrechnung gezahlten 176.880 DM ergebenden Differenz von 53.756 DM von einer verdeckten Gewinnausschüttung auszugehen. Da die Klägerin dieser Aufforderung nicht nachkam, änderte der Beklagte die Steuerbescheide am 19.5.1999 entsprechend. Da die Klägerin ihre am 22.6.1999 gegen diese Bescheide eingelegten Einsprüche nicht begründete, wurden die Einsprüche mit Einspruchsentscheidung vom 20.9.1999 zurückgewiesen.
Auch ihre am 18. Oktober 1999 erhobene Klage begründete die Klägerin zunächst nicht. Ihr wurde daraufhin von dem Vorsitzenden des Senates mit Verfügung vom 4.1.2000 eine Ausschlussfrist bis zum 30.1.2000 gesetzt, innerhalb der sie den Gegenstand des Klagebegehrens gemäß § 65 Abs. 1 S. 1 FGO zu bezeichnen hatte. Das Büro der Bevollmächtigten der Klägerin ließ daraufhin unter dem 3.1.2000 mitteilen, dass die Klage nach Rückkehr des Sachbearbeiters aus dem Urlaub am 12.1.2000 begründet werde. Am 9.2.2000 ging bei Gericht ein Schreiben der Bevollmächtigten der Klägerin ein, mit dem zwei von den damaligen Gesellschaftern der Klägerin unterschriebene Gesellschafterbeschlüsse, mit Datum "2.1.1996" vorgelegt wurden, wonach dem Geschäftsführer der Klägerin ab 1996 ein monatliches Gehalt in Höhe von 10.000 DM sowie eine Direktversicherung in Höhe von monatlich 350 DM gewährt sowie ein Fahrzeug zur privaten Nutzung zur Verfügung gestellt werden sollte. Der Gesellschafterin U sollte "als Prokuristin" ein monatliches Gehalt in Höhe von 4.500 DM zuzüglich monatlich 350 DM Direktversicherung und 52 DM vermögenswirksame Leistungen gewährt werden. Der Bevollmächtigte wies darauf hin, dass der fehlende Gesellschafterbeschluss, der bisher als Begründung gefehlt habe, nunmehr beigefügt sei und erklärte, dass es in seiner Gesellschaft zu einer Partnertrennung und damit zu einer massiven Arbeitsüberlastung gekommen sei. Das Mandat sei bis dahin von einem anderen Kollegen betreut worden, der Sachverhalt sei erst bei Durcharbeitung der Unterlagen deutlich geworden. Mit Schreiben vom 8.2.2000, eingegangen am 11.2.2000 trug die Klägerin als Klagebegründung vor, dass um die nachträgliche Berücksichtigung der Gehaltszahlungen an die Gesellschafter W und U gebeten werde.
Im Rahmen eines am 8.9.2000 durchgeführten Erörterungstermines ließ die Klägerin weiter vortragen, die im Rahmen des finanzgerichtlichen Verfahrens vorgelegten Gesellschafterbeschlüsse seien nach Vorbereitung durch ihren Steuerberater erst nachträglich gefertigt worden. Es sei aber so gewesen, dass der Gesellschafter W bereits vor dem Streitjahr ein Gehalt von monatlich 10.000 DM bezogen habe. Wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten sei dann das Gehalt ab 1995 auf 4.000 DM monatlich herabgesetzt worden. Da die Klägerin Ende Februar 1996 eine weitere Filiale am X-Weg in Hamburg eröffnet und sich deswegen bereits zuvor eine erhebliche Steigerung der Umsätze und des Ertrages abgezeichnet habe, sei man Anfang 1996 übereingekommen, das Gehalt wieder auf 10.000 DM monatlich zu erhöhen. Dies belege auch eine Gesprächsnotiz vom 7.2.1996 des Leiters der Lohnbuchhaltung ihres Bevol...