Entscheidungsstichwort (Thema)
Entfernung von Energieerzeugnissen aus dem Steuerlager - Abgabe von Energieerzeugnissen zu steuerfreien Zwecken an einen Nichtberechtigten
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Abgabe von Energieerzeugnissen zu steuerfreien Zwecken liegt auch dann vor, wenn der Käufer des Energieerzeugnisses mittelbaren Besitz an dem Energieerzeugnis erlangt, indem der Abgebende und Verkäufer des Energieerzeugnisses den unmittelbaren Besitz an dem Energieerzeugnis einem Dritten verschafft, der seinerseits dem Käufer aufgrund eines Besitzmittlungsverhältnisses den mittelbaren Besitz an dem Energieerzeugnis verschafft. Dieses Besitzmittlungsverhältnis kann auch durch einen Vertrag zugunsten Dritter begründet werden.
2. Da im Zeitpunkt der Abgabe eines Energieerzeugnisses zu steuerfreien Zwecken an einen Nichtberechtigten eine zweckwidrige Verwendung nicht ausgeschlossen werden kann, entsteht die Energiesteuer ungeachtet einer späteren steuerfreien Verwendung des Energieerzeugnisses.
Normenkette
EnergieStG § 8 Abs. 1, 2 Sätze 1, 4-5, § 24 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1; BGB § 328 Abs. 1, §§ 433, 868, 871; AO § 163 Abs. 1
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen einen Energiesteuerbescheid.
Die Klägerin ist Inhaberin einer Sammelerlaubnis, mit der ihr u. a. die Erlaubnis zur Herstellung von Energieerzeugnissen unter Steueraussetzung sowie zur Lagerung von Energieerzeugnissen unter Steueraussetzung erteilt worden ist mit jeweils u. a. zugelassener Betriebsstätte Raffinerie A. Eine der im Rahmen des Steuerlagers der Klägerin des Weiteren zunächst zugelassenen Betriebsstätten war die Bunkerstation "B GmbH & Co." (im Folgenden: B) in C, die die Klägerin mit Warenbewegungen innerhalb ihres Steuerlagers auf dem Wasserweg versorgte und von der aus die Klägerin aufgrund vertraglicher Vereinbarung die Fähren der D GmbH & Co. KG (im Folgenden: D) mit steuerbefreitem Schiffsbetriebsstoff, Schweröl der Unterposition 2710 1963 der Kombinierten Nomenklatur, sog. Marine Fuel Oil (MFO), bebunkerte, indem das MFO in Tankwagen gefüllt und über diese an die Fähren abgegeben wurde. Vor dem Hintergrund der konzerninternen Entscheidung, dass Energieerzeugnisse ausschließlich in Doppelhüllentankern transportiert werden sollten, es solche in der benötigten Größe für die Versorgung der Bunkeranlage aber noch nicht gab, nahm die Klägerin die Bunkerstation B aus ihrem Betriebsstättenverzeichnis und stellte das Verfahren dahin gehend um, dass die B die bestehenden Verträge mit der D zur Bebunkerung der Fähren übernahm und die Klägerin der B das MFO verkaufte, das diese ab Raffinerie A abzunehmen hatte. Mit der Organisation der Transporte beauftragte die B die E GmbH (im Folgenden: E-GmbH). Die E-GmbH stimmte den Transport mit der Klägerin ab und beauftragte die F-GmbH (im Folgenden: F-GmbH), bzw. in einem Fall einen anderen Reeder, als Subunternehmer mit dem Transport des MFO von der Raffinerie A in das Tanklager der Bunkerstation B, wobei diese Transporte aus Gründen der Verkürzung des Rechnungsweges durch die F-GmbH direkt der B in Rechnung gestellt wurden. In den Versandanzeigen der Klägerin war jeweils die B als Rechnungsempfänger und als Warenempfänger und jeweils die E-GmbH als steuerlicher Empfänger angegeben. In der vorbezeichneten Weise wurden im Zeitraum 17.04.2008 bis 14.07.2008 mit 17 Lieferungen insgesamt … kg MFO von der Klägerin an die B geliefert. Der B war in diesem Zeitraum weder eine Bewilligung als Steuerlagerinhaber noch eine Verteilererlaubnis für das MFO erteilt - letztere wurde der B erst am 15.07.2008 erteilt. Die E-GmbH war hingegen im Zeitraum der streitgegenständlichen MFO-Lieferungen Inhaberin einer Verteilererlaubnis nach § 24 Abs. 2 Satz 3, § 27 Abs. 1 Energiesteuergesetz (EnergieStG) für das MFO, die F-GmbH wiederum war nicht Inhaberin einer entsprechenden Verteilererlaubnis.
Mit Steuerbescheid vom 30.11.2009 forderte der Beklagte von der Klägerin … € für die vorstehend genannte Liefermenge MFO Energiesteuer an mit der Begründung, dass der tatsächliche Warenempfänger des MFO nicht im Besitz einer gültigen Erlaubnis zum Bezug unversteuerter Energieerzeugnisse gewesen sei und damit gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 EnergieStG die Steuer durch Entfernung des MFO aus dem Steuerlager entstanden sei. Die Klägerin und die B seien Gesamtschuldner gemäß § 8 Abs. 2 Satz 5 EnergieStG i. V. m. § 44 AO, wobei für die B die Energiesteuer nach § 163 AO aus Billigkeitsgründen abweichend auf 0,00 € festgesetzt worden sei.
Den dagegen erhobenen Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 12.03.2013 als unbegründet zurück. Da die Klägerin das MFO nicht unmittelbar an ein begünstigtes Seeschiff abgegeben habe, sondern an ihren Vertragspartner B, die das MFO so lange körperlich in ihrem Tanklager aufbewahrt habe, bis sie damit ein Schiff der D auf eigene Rechnung habe bebunkern können, könne sich die Klägerin nicht auf eine Abgabe von Energieerzeugnissen zur Verwendung in der steuerbefreiten gewerblichen Schifffahrt na...