Entscheidungsstichwort (Thema)
Einheitliches Vertragswerk bei der Grunderwerbsteuer. strukturiertes Zusammenwirken von Verkäufer und Bauunternehmer in einem Neubaugebiet ohne dass dies für den Käufer ersichtlich ist
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein objektiv sachlicher Zusammenhang zwischen Kauf- und Bauvertrag wird auch dann indiziert, wenn der Veräußerer dem Erwerber vor Abschluss des Kaufvertrags über das Grundstück aufgrund einer in bautechnischer und finanzieller Hinsicht konkreten und bis (annähernd) zur Baureife gediehenen Vorplanung ein bestimmtes Gebäude auf einem bestimmten Grundstück zu einem im Wesentlichen feststehenden Preis anbietet und der Erwerber dieses Angebot später unverändert oder mit lediglich geringen Abweichungen, die den Charakter der Baumaßnahme nicht verändern, annimmt.
2. Der Umstand, dass der Bauunternehmer neben seinem Prospekt eine Preisliste hat, in der nicht allgemein die Preise für verschiedene Reihenhaustypen angegeben, sondern die Preise für bestimmte Reihenhäuser konkreter Bauabschnitte im streitigen Neubaugebiet nebst dem Preis des Grundstücks aufgeführt sind, spricht für ein strukturiertes Zusammenwirken zwischen Verkäufer und Bauunternehmer bei der Vermarktung des Neubaugebiets.
3. Es genügt, dass ein Zusammenwirken der Parteien, die der Veräußererseite zugerechnet werden, anhand äußerer Merkmale objektiv festgestellt werden kann, ohne dass dies für den Grundstückserwerber erkennbar sein muss.
Normenkette
GrEStG § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1, § 1 Abs. 1 Nr. 1
Tenor
1. Der Grunderwerbsteuerbescheid des Klägers zu 1. vom 07. Juli 2011 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 09. September 2011 sowie in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28. Februar 2012 wird dahingehend geändert, dass die Grunderwerbsteuer auf 3.755 EUR herabgesetzt wird.
2. Der Grunderwerbsteuerbescheid der Klägerin zu 2. vom 07. Juli 2011 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 09. September 2011 sowie in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28. Februar 2012 wird dahingehend geändert, dass die Grunderwerbsteuer auf … EUR herabgesetzt wird.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob der Beklagte zu Recht die Kosten für die Errichtung eines Reihenhauses in die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer mit einbezogen hat.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 03. August 2006 erwarben die Kläger von der Firma W zum jeweils hälftigen Miteigentum eine noch zu vermessende unbebaute Teilfläche von ca. … qm in der X-straße, in G, verzeichnet im Grundbuch des Amtsgerichts …, zu einem Quadratmeterpreis von … EUR. Der Kaufpreis betrug … EUR. Die Kläger handelten im Notartermin für sich und die Veräußerin, jedoch unter Vorbehalt deren Genehmigung. Die Genehmigung des notariellen Kaufvertrags durch die Veräußerin erfolgte am 11. August 2006. Gemäß Punkt I. 2. c) des Vertrags befindet sich die von den Klägern erworbene Teilfläche im ersten Bauabschnitt des Geltungsbereichs des städtebaulichen Vertrags, den die Veräußerin mit der Stadt G für Zwecke der Erschließung des Bebauungsplanbereichs … abgeschlossen hatte. Die Grunderschließung des ersten Bauabschnitts war am 03. August 2006 gemäß Punkt VII. 1., 2. des Vertrags bereits abgeschlossen und die Kosten hierfür gemäß Punkte VIII. 1., 2. im Kaufpreis enthalten. Nicht im Kaufpreis enthalten waren gemäß Punkt VIII. 3. des Kaufvertrags die Kosten für den Hausanschluss zur Erschließung der Bauparzelle mit Erdgas durch die Firma E. Die Kosten hierfür werden im Vertrag mit ca. … EUR zzgl. Mehrwertsteuer beziffert und sollten den Klägern durch die Firma E gesondert in Rechnung gestellt werden. Unter Punkt XVII. des Vertrags stellten die Vertragsparteien u. a. fest, dass zwischen dem Grundstückskauf und der von den Klägern beabsichtigten Baumaßnahme kein rechtlicher Zusammenhang bestünde und dass die Kläger frei in der Wahl der Baufirma bzw. des Bauträgers wären. Dem Vertrag ist als Anlage eine von den Klägern unterschriebene Skizze beigefügt, die einen Teil der Bauparzellen der S-straße zeigt, darunter auch diejenige der Kläger. Diese Bauparzellen werden auf der Skizze als dritter Bauabschnitt – „3. BA” – gekennzeichnet.
Den Vertrag zur Errichtung eines Reihenmittelhauses, …, schlossen die Kläger mit der Firma A … am 10. August 2006 zu einem Festpreis von … EUR ab. Der Vertrag umfasst auch die Erstellung der Eingabeplanung des Reihenhauses. Eine Rücktrittsmöglichkeit vom Bauvertrag war nicht vorgesehen. Den Antrag auf Vorlage des Bauvorhabens im Genehmigungsfreistellungsverfahren unterzeichneten die Kläger sowie der Entwurfsverfasser, ein Bauingenieur der Firma A, mit Datum vom 31. Juli 2006. Auch die Aufstellung der bautechnischen Zahlen des Reihenmittelhauses …, wie z. B. die Größe der Wohnfläche, des umbauten Raums, die Geschoßflächenzahl, war mit dem Datum des 31. Juli 2006 von dem Entwurfsverfasser der Eingabeplanung unterschrieben. Der Eingangsstempel des Stadtbauamts G ...