Entscheidungsstichwort (Thema)
Kosten eines Vaterschaftsprozesses als außergewöhnliche Belastungen
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Kosten für einen Zivilprozess, in dem nach einer sereologischen Untersuchung die Vaterschaft des Klägers festgestellt und der Kläger zur Zahlung von Kindesunterhalt verurteilt worden ist, sind jedenfalls dann nicht als außergewöhnliche Belastungen abziehbar, wenn der Kläger zuvor bestehende "begründete Zweifel" an seiner Vaterschaft behauptet, diese Behauptung aber nicht durch einen substantiierten Sachvortrag untermauert.
2. Zur "Zwangsläufigkeit" von Kosten eines Zivilprozesses.
Normenkette
EStG § 33 Abs. 1-2; BGB § 1600a
Gründe
I.
Streitig ist, ob der Kläger im Streitjahr 1996 Kosten für einen Prozeß zur Feststellung der Vaterschaft und zur Zahlung von Kindesunterhalt als allgemeine außergewöhnliche Belastungen i. S. des § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG) abziehen darf.
Der Prozeß betraf das nichteheliche, am … 1996 geborene Kind A. B. In diesem Prozeß stellte das Amtsgericht X im Endurteil vom … 1996 die Vaterschaft des Klägers fest und verurteilte ihn zur Zahlung von Kindesunterhalt. Die Kostenrechnung des Amtsgerichts, auf die gemäß § 105 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) verwiesen wird, weist einen Betrag von 3.000 DM aus.
In der Einkommensteuer(ESt)-Erklärung für 1996 machte der Kläger diesen Betrag bei den außergewöhnlichen Belastungen nach § 33 EStG geltend. Im ESt-Bescheid vom … 1998 lehnte der Beklagte (das Finanzamt – FA –) den steuermindernden Abzug ab.
Hiergegen wandte der Kläger sich mit dem Einspruch, den das FA mit Einspruchsentscheidung vom … 1999 als unbegründet zurückwies.
Mit der vorliegenden Klage will der Kläger weiterhin erreichen, daß die streitigen Prozeßkosten bei der ESt-Veranlagung für 1996 im Rahmen der außergewöhnlichen Belastungen steuermindernd berücksichtigt werden. Er ist der Auffassung, er habe nicht ohne weiteres davon ausgehen können, daß er der Vater des Kindes sei. Es hätten „begründete Zweifel” an seiner Vaterschaft bestanden. Deswegen sei es ihm nicht möglich gewesen, von Anfang an zu erkennen, daß er im Unrecht gewesen sei, d. h. im Zivilprozeß vordem Amtsgericht unterliegen würde. Er habe sich deswegen nicht leichtfertig einem Prozeßkostenrisiko ausgesetzt. Vielmehr habe er sich in einer Zwangslage befunden, die eine gerichtliche Klärung seiner Vaterschaft (und ggf. der Alimentationspflicht) unumgänglich gemacht habe. Der Abzug der Gerichtskosten sei nicht deswegen ausgeschlossen, weil er (der Kläger) den Prozeß verloren habe.
Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet (§ 90 Abs. 2 FGO).
II.
Die Klage ist nicht begründet. Dem Kläger steht der steuermindernde Abzug der streitigen Prozeßkosten nicht zu.
1. Nach § 33 Abs. 1 EStG wird auf Antrag die ESt ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie gleichen Familienstandes erwachsen. Sinn und Zweck dieser Vergünstigung ist es, unbillige Härten bei der Besteuerung zu vermeiden. Abziehbar sind nur existenziell notwendige private Aufwendungen.
a) Zwangsläufig entstehen Kosten, wenn der Steuerpflichtige sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann. Werden rechtliche Gründe geltend gemacht, so ist stets zu untersuchen, ob die rechtliche Verpflichtung die Folge eines vorhergehenden Verhaltens des Steuerpflichtigen ist. Tatsächliche Gründe sind unabwendbare Ereignisse wie z. B. Katastrophen, nicht selbst verschuldete Unfälle, Krankheit oder Tod usw. (vgl. im einzelnen Schmidt/Drenseck, EStG, 19. Aufl., § 33 Anm. 23 f). Die Gründe für das Entstehen der Aufwendungen müssen von außen auf die Entscheidung des Steuerpflichtigen in der Weise einwirken, daß er sich ihnen nicht entziehen kann, die Einkommensverwendung also zwingend erforderlich ist (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 21. Februar 1992 III R 88/90, BStBl II 1992, 795; Schmidt/Drenseck, a.a.O., § 33 Tz. 16, m.w.N.). Das ist zu verneinen, wenn der Betroffene die Möglichkeit hatte, den Aufwendungen auszuweichen. Die Entscheidung ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu treffen (vgl. BFH-Urteil vom 5. Juli 1963 VI 272/61 S, BStBl II 1963, 499).
b) Nach der ständigen BFH-Rechtsprechung spricht bei Kosten eines Zivilprozesses eine Vermutung gegen die Zwangsläufigkeit in diesem Sinne, weil das die Zahlungsverpflichtung adäquat verursachende Ereignis für den Steuerpflichtigen im allgemeinen nicht zwangsläufig ist (vgl. Beschluß vom 9. Mai 1996 III B 180/95, BFH/NV 1996, 882). Dem liegt die Erwägung zugrunde, daß derjenige, der einen Zivilprozeß führt, in aller Regel die Gründe für die rechtliche Pflicht zur Zahlung der Prozeßkosten selbst gelegt hat. Das gilt unabhängig davon, ob die Prozeßkosten dem Steuerpflichtigen in der Parteistellung als Kläger oder als Beklagter entstehen. Auch ein Beklagter setzt die rechtliche Pflicht zur Tragu...