Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Gestaltungsmissbrauch i.S.d. § 42 AO bei zivilrechtlich zulässigen Kapitalzuführungen
Leitsatz (redaktionell)
1. Wählen Gesellschafter einer in die Krise geratenen GmbH die weitere Finanzierung durch Gesellschafterdarlehen, so hat dies lediglich die Folge, dass nach der im Streitjahr 2000 geltenden Zivilrechtslage die Darlehen ggf. eigenkapitalersetzend i. S. d. § 32a GmbHG werden.
2. Werden Gesellschafterforderungen zivilrechtlich eigenkapitalersetzend, ergeben sich hieraus steuerliche Folgen bei der Anwendung des § 17 EStG. Kommt es auf § 17 EStG nicht an (im Streitfall, weil wegen des Vorliegens einer Betriebsaufspaltung die GmbH-Anteile im Betriebsvermögen gehalten wurden), respektiert dagegen das Steuerrecht die Finanzierungsentscheidungen der Gesellschafter.
3. Die im Streitfall gewählte Gestaltung, dass die Gesellschafter der Betriebs-GmbH Kapital zuzuführen, mit dem diese die gegenüber der personenidentischen Besitz-Personengesellschaft bestehenden Verbindlichkeiten tilgt, aus der die Gesellschafter das Kapital sodann wieder entnehmen, war aufgrund anzuerkennender außersteuerlicher Gründe – auch unter dem Aspekt des Gesamtplans – nicht missbräuchlich.
4. Die Gesellschafter haben auch keinen unüblichen, gekünstelten Weg der Gesellschafterfinanzierung gewählt. Zwar ist zuzugeben, dass ein Forderungsverzicht einfacher gewesen wäre. Entscheidend ist ber, dass nach § 26 Abs. 2 GmbHG die Bareinzahlung von im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Nachschüssen als gesetzlicher Normalfall geregelt ist. Dies schließt es aus, nicht im Gesellschaftsvertrag vorgesehene Nachschusszahlungen als unüblichen Weg zu qualifizieren.
Normenkette
EStG 1997 § 17; AO § 42; GmbHG § 32a a.F., § 26
Tenor
1. Die Feststellungen nach § 47 Abs. 2 Nr. 3 Körperschaftsteuergesetz a.F. (KStG) im Körperschaftsteuerbescheid 2000 vom 26.1.2005 wird dahingehend geändert, dass das Einkommen auf -90.308 DM herabgesetzt wird. Der Bescheid vom 26.1.2005 über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer zum 31.12.2000 wird dahingehend geändert, dass der verbleibende Verlustabzug nach § 10d Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG auf 795.956 DM festgestellt wird.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Klägerin ist eine GmbH, die mit Gesellschaftsvertrag vom gegründet worden ist. Gegenstand des Unternehmens ist der Groß-und Einzelhandel. Nach § 13 der Satzung der Klägerin vom 11.12.1978 muss die Gesellschafterversammlung zustimmen, wenn Gesellschafterdarlehen über 10.000 DM zurückgezahlt werden.
Gesellschafter der Klägerin waren im Streitjahr bis zum 28.12.2000 die KG (2.000 DM), A (24.000 DM), B (8.000 DM), C (8.000 DM) und D (8.000 DM).
Die Gesellschafterinnen A (50 %), B (16 2/3 %), C (16 2/3 %) und D (16 2/3 %) waren zugleich Gesellschafterinnen der KG und hielten die Beteiligungen an der Klägerin im Sonderbetriebsvermögen der KG.
Mit Beschluss der Gesellschafterversammlung der Klägerin vom 20.11.2000 wurden Bareinlagen in Höhe von 750.000 DM festgelegt (A 375.000 DM, B 125.000, C 125.000 DM, D 125.000 DM). Die Einlagen sollten in die Kapitalrücklage eingestellt (Ziff. 4 des Beschlusses) und aufgelöst werden, soweit dies zur Beseitigung eines Jahresfehlbetrages und eines Verlustvortrages erforderlich ist (Ziff. 5 des Beschlusses).
Am 15.12.2000 beschlossen die Gesellschafter – nach Einzahlung des Betrages von 750.000 DM gem. Beschluss vom 20.11.2000 – die Rückzahlung des Saldos des Verrechnungskontos mit der KG in Höhe von 735.694,55 DM (Stand 30.11.2000). Ferner stimmten die Gesellschafter der Übertragung sämtlicher Geschäftsanteile auf die KG zu.
Mit Vertrag vom 28.12.2000 veräußerten die Gesellschafterinnen A, B, C und D ihre Beteiligungen an der Klägerin zum Nominalwert an die KG.
In der Bilanz zum 31.12.2000 löste die Klägerin die Kapitalrücklage zur Beseitigung des Jahresfehlbetrages und des Verlustvortrages wieder auf.
Für das Streitjahr erklärte die Klägerin einen Jahresfehlbetrag von -90.400 DM und einen verbleibenden Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer von 795. 956 DM. Das FA veranlagte die Klägerin erklärungsgemäß. Die Bescheide vom 21.1.2002 wurden bestandskräftig.
Nach einer Betriebsprüfung erließ das FA am 26.1.2005 entsprechend den Feststellungen im Bericht vom 6.8.2004 geänderte Bescheide über Körperschaftsteuer 2000 und die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer zum 31.12.2000. Dabei berücksichtigte es einen Jahresüberschuss von 659.600 DM und setzte eine Körperschaftsteuer von 0 DM fest. Das Einkommen im Sinne des § 47 Abs. 2 Nr. 3 Körperschaftsteuergesetz (KStG) a.F. (Verlust...