Entscheidungsstichwort (Thema)
§ 8b Abs. 1 KStG erfasst europarechtswidrig bis einschließlich 2007 nur Liquidation inländischer Körperschaften
Leitsatz (redaktionell)
1) § 8b Abs. 1 S. 1 KStG i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG erfasst bis einschließlich 2007 ausschließlich Bezüge aus der Liquidation unbeschränkt steuerpflichtiger Körperschaften.
2) Die Besteuerung ausländischer Liquidationserlöse verstößt gegen die Freiheit des Kapitalverkehrs nach Art. 56 EGV, jetzt Art. 63 AEUV.
Normenkette
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 2; EGV Art. 56; AEUV Art. 63; KStG § 8b Abs. 1 S. 1
Tatbestand
Streitig ist, ob durch die im Streitjahr 2005 erfolgte Liquidation der A North America Inc. (nachfolgend: ANA), einer Tochtergesellschaft der Klägerin, ein steuerpflichtiger Liquidationsgewinn bei der Klägerin entstanden ist.
Umstrukturierung 1999:
Im Jahr 1999 wurde innerhalb der A-Gruppe eine Umstrukturierung vorgenommen. Diese Umstrukturierung betraf u.a. die C D E GmbH & Co. KG (nachfolgend: C D E). An dieser Gesellschaft war als Komplementärin ohne Kapitalanteil die C D GmbH beteiligt; als Kommanditisten (teilweise mittels einer Treuhandvereinbarung) waren C D, F D, G H, I J und K D beteiligt. Weiterhin erfasste diese Umstrukturierung die L A E-gesellschaft mbH. An dieser Gesellschaft waren ebenfalls die vorgenannten natürlichen Personen beteiligt; das Stammkapital der GmbH betrug 9,35 Mio. DM.
Durch Gesellschafterbeschluss vom ….1999 wurde zunächst das Stammkapital der L A E-gesellschaft mbH auf Euro umgestellt und unter Wahrung der Beteiligungsverhältnisse im Wege der Barkapitalerhöhung geringfügig auf 4,785 Mio. EUR erhöht. Durch denselben Beschluss wurde die GmbH sodann in eine Kommanditgesellschaft auf Aktien unter der Bezeichnung A M AG & Co. KGaA (nachfolgend: A-KGaA) formwechselnd umgewandelt. Das Kommanditkapital der A-KGaA entsprach dem Stammkapital der bisherigen GmbH; die Aktien wurden den Kommanditaktionären gemäß den bisherigen Beteiligungsverhältnissen zugeteilt. Die A AG trat als Komplementärin ohne Kapitaleinlage in die A-KGaA ein. Als weitere Komplementärin trat die C D E ein. Diese sollte eine nicht auf das Grundkapital zu leistende Vermögenseinlage in Höhe von 43,065 Mio. EUR durch Einbringung von Beteiligungen an insgesamt elf Gesellschaften erbringen, darunter die ANA. Die Einbringung erfolgte gemäß dem Gesellschafterbeschluss zu Buchwerten. Soweit der Buchwert der eingebrachten Beteiligungsrechte über den Betrag der vereinbarten Vermögenseinlage hinausging, sollte der überschießende Betrag in eine Kapitalrücklage eingestellt werden.
Ebenfalls am ….1999 schlossen die C D E und die A-KGaA einen notariell beurkundeten Einbringungsvertrag. Hierin wurde die Übertragung der Gesellschaftsanteile – soweit es sich um Gesellschaften deutschen Rechts handelte – vollzogen. Hinsichtlich der weiteren Gesellschaften wurde die Verpflichtung bestätigt, diese nach den Formvorschriften des jeweiligen Ansässigkeitsstaats gesondert zu übertragen. Der Gegenwert der Gesellschaftsanteile wird in dem Einbringungsvertrag mit 47,179 Mio. EUR angegeben. Gemäß Ziffer 4 Abs. 3 des Einbringungsvertrages wird hiervon ein Teilbetrag in Höhe von 43,065 Mio. EUR dem Kapitalkonto I der C D E bei der A-KGaA gutgeschrieben, der Restbetrag dem Kapitalkonto II.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss der Gesellschafterversammlung der L A E-gesellschaft mbH vom ….1999 (nebst Anlage), dem Einbringungsvertrag zwischen der C D E und der A-KGaA vom ….1999 und der Satzung der A-KGaA vom ….1999 mit späteren Änderungen vom ….2000, ….2000 und ….2000 verwiesen.
Gründung der Klägerin (A B GmbH) im Jahr 2002:
Im Jahr 2002 wurde die Klägerin gegründet. An dieser waren die A-KGaA mit einem Gesellschaftsanteil von 275,00 EUR und die A GmbH & Co. KG mit einem Gesellschaftsanteil von 27.225,00 EUR beteiligt.
Umstrukturierung 2005:
Im Jahr 2005 erfolgte eine weitere Umstrukturierung innerhalb der A-Gruppe.
Mit Vertrag vom ….2005 verkaufte und übertrug die A GmbH & Co. KG einen Gesellschaftsanteil an der Klägerin von 27.225,00 EUR auf die A-KGaA. Mit Gesellschafterbeschluss vom ….2005, auf den wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird, wurde das Stammkapital der Klägerin um 82.500,00 EUR auf 110.000,00 EUR erhöht. Der neue Gesellschaftsanteil wurde der A-KGaA zugewiesen, die im Gegenzug ihre Beteiligung an der A North America Inc. einbrachte. Die Einbringung erfolgte ausweislich des Gesellschafterbeschlusses „als Einbringung gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten nach § 20 UmwStG”. Der Wert der eingebrachten Beteiligung wurde mit dem Betrag des steuerlichen Buchwerts der einzubringenden Beteiligung festgesetzt. Der den Ausgabebetrag des neuen Geschäftsanteils (82.500 EUR) übersteigende Betrag sollte in die Kapitalrücklage eingestellt werden.
Mit Wirkung zum ….2005 wurde die ANA liquidiert. In der Folge wurde das Betriebsvermögen der ANA von der Klägerin übernommen. Die Schlussbilanz der ANA stellte sich wie folgt dar (Gerichtsakte Bl. 141 f.):
Aktiva (in USD) |
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Passiva... |