Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Änderung wegen neuer Tatsachen bei Vorliegen eines gewerblichen Grundstückshandels
Leitsatz (amtlich)
Zeitpunkt und Anzahl der von einem Steuerpflichtigen veräußerten Objekte sind Tatsachen i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO. Sie sind für das FA auch im Falle eigener Ermittlungspflichtverletzung neu, wenn der Steuerpflichtige den zu ändernden Steuerbescheid durch unrichtige oder unvollständige Angaben erwirkt hat.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2; AO § 173 Abs. 1 Nr. 1
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beklagte berechtigt war, den ursprünglichen Einkommensteuerbescheid für 1993 gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung -AO- zu ändern.
Die Kläger sind Eheleute. In ihrer am 04. Januar 1996 beim damals zuständigen Finanzamt L eingereichten Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1993 (Bl. 15 ff. der Einkommensteuerakten) erklärte die Klägerin gewerbliche Einkünfte aus dem Betrieb eines Friseursalons und der Kläger Einkünfte aus selbständiger Arbeit aus dem Betrieb eines Planungsbüros. Die Veranlagung wurde mit Einkommensteuerbescheid vom 01. Oktober 1996 antragsgemäß durchgeführt und die Einkommensteuer auf 0 DM festgesetzt. Bereits zuvor hatte der Kläger über seinen damaligen Steuerberater Sch. beim Finanzamt L am 24. Mai 1994 eine Eröffnungsbilanz zum 01. August 1993 hinsichtlich des Gewerbes äSchlüsselfertiges Bauen (Bl. 11 der Einkommensteuerakten sowie Bl. 4 ff. der Außenprüfungsakten) eingereicht. Des weiteren hatte der Kläger in einem dem Finanzamt L übersandten Fragebogen zur steuerlichen Erfassung (Bl. 12 der Einkommensteuerakten) unter Art der Tätigkeit äPlanungsbüro und schlüsselfertiges Bauen von Mehrfamilienhäusern angegeben. Auf dem Formular ist mit Datumsangabe vom 27. April 1994 der optisch durch roten Textmarker hervorgehobene handschriftliche Vermerk: äbei Vlg. 93 beachten angebracht. Darüber hinaus hatte der damals mit der Einkommensteuerklärung der Kläger betraute Steuerbevollmächtigte F dem Finanzamt L mit Schreiben vom 13. Oktober 1994 (Bl. 14 der Einkommensteuerakten) mitgeteilt, dass nach bestandener Architektenprüfung die Einkünfte des Klägers ab August 1994 unter § 18 des Einkommensteuergesetzes -EStG- fielen.
Im Rahmen einer vom Finanzamt M beim Kläger im August 1999 bis November 1999 für das Kalenderjahr 1994 durchgeführten Außenprüfung stellte der Prüfer u.a. fest, dass der Kläger im Streitjahr 1993 sowie im Kalenderjahr 1994 auch Einkünfte aus einem gewerblichen Grundstückshandel erzielt hatte. Der Gewinn hieraus hatte im Kalenderjahr 1993 DM 59.656,-- betragen. Hinsichtlich der Höhe des Gewinns besteht zwischen den Beteiligten Einvernehmen. Insoweit wird auf den Betriebsprüfungsbericht vom 17. November 1999 Bezug genommen (Bl. 5 ff. des Sonderbands des Finanzamts Limburg). Das Finanzamt L erließ daraufhin am 11. Januar 2000 einen Bescheid über die gesonderte Gewinnfeststellung für die Jahre 1993 und 1994 auf Grund des festgestellten gewerblichen Grundstückshandels (Bl. 28 der Einkommensteuerakten). Nach einer entsprechenden Mitteilung des Gewinns änderte der Beklagte den Einkommensteuerbescheid 1993 mit Bescheid vom 10. Februar 2000 (Bl. 32 f. der Einkommensteuerakten). Als Änderungsvorschrift ist im Bescheid § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO genannt. Auf Rechtsbehelf des Klägers hin hob das Finanzamt L unter dem Datum vom 23. März 2000 den Feststellungsbescheid vom 11. Januar 2000 wieder auf und teilte dem Beklagten den Gewinn aus dem gewerblichen Grundstückshandel im Wege der Amtshilfe mit (Bl. 37, 40 der Einkommensteuerakten).
Den gegen den geänderten Einkommensteuerbescheid 1993 vom 10. Februar 2000 gerichteten Einspruch begründeten die Kläger damit, dass dieser Folgebescheid nach Aufhebung des Bescheides über die gesonderte Gewinnfeststellung einer gesetzlichen Grundlage entbehre und im Übrigen der angefochtene Einkommensteuerbescheid mangels neuer Tatsachen auch nicht auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO gestützt werden könne, da im Zeitpunkt des Erlasses des ursprünglichen Einkommensteuerbescheides Veräußerungsmitteilungen hinsichtlich der fraglichen Grundstücke, eine Gewerbeanmeldung sowie eine Eröffnungsbilanz für den gewerblichen Grundstückshandel vorgelegen hätten.
Der Beklagte wies mit Entscheidung vom 18. Juni 2002 den Einspruch als unbegründet zurück. Zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Einkommensteuerbescheides habe ein bindender Feststellungsbescheid des Finanzamts L vorgelegen. Die ersatzlose Aufhebung des Feststellungsbescheides habe dazu geführt, dass der für den Folgebescheid zuständige Beklagte den Sachverhalt, der zunächst Gegenstand des Feststellungsverfahrens gewesen sei, in eigener Zuständigkeit zu ermitteln und steuerrechtlich zu beurteilen habe (Hinweis auf BFH-Urteil vom 25. Juni 1991 IX R 57/88, BStBl II 1991, 821). Da die Feststellungen des Außenprüfers hinsichtlich des Vorliegens eines gewerblichen Grundstückshandels und der Höhe dieser Einkünfte nicht in Frage gestellt würden, hätte der Beklagte eine...