Dipl.-Finw. (FH) Paul Eichmann
3.1 Vorbemerkung
Bücher und Aufzeichnungen müssen so geführt sein, dass ein sachkundiger Dritter in angemessener Zeit sich einen Überblick über die Aufzeichnungen verschaffen kann. Elektronische Aufzeichnungen unterliegen grundsätzlich auch den gleichen Prinzipien wie manuell geführte Bücher oder Aufzeichnungen. Die GoB bzw. GoBD erstrecken sich damit nicht nur auf die elektronische Buchführung bzw. die Aufzeichnung als solche, sondern auch auf die in diesem Zusammenhang verwendeten DV-Verfahren und den ihnen zugrunde liegenden Strukturen.
Ordnungsmäßigkeitsgrundsätze müssen immer gewährleistet sein
Das bedeutet, dass bereits bei der Entwicklung und Freigabe der entsprechenden Produkte und Verfahren bzw. der eingesetzten Software die Ordnungsmäßigkeitsgrundsätze beachtet werden müssen. Auch eine spezifizierte Anpassung der elektronischen Systeme an individuelle Anforderungen des Unternehmens darf deshalb nicht dazu führen, dass dadurch die Ordnungsmäßigkeit verloren geht. Sie muss vielmehr für das komplette System und für die gesamte Dauer der Aufbewahrungsfrist zwingend erhalten bleiben. Die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung ergibt sich auch aus den außersteuerlichen Vorschriften, die durch den § 140 AO auch für das Steuerrecht gelten, sofern sie für die Besteuerung bedeutsam sind. Darüber hinaus ergeben sich die Anforderungsmerkmale hinsichtlich der steuerlichen Vorschriften aus den §§ 145-147 AO. Diese gelten nicht nur für die steuerlichen Ordnungsvorschriften im Sinne der §§ 140–144 AO, sondern auch für alle nach materiellem Recht erforderlichen Aufzeichnungen (z. B. §§ 4 Abs. 7, 41 EStG, § 22 UStG usw.). Sofern Buchführung, Aufzeichnungen und Systematik des Unternehmers den Grundsätzen der GoBD entsprechen, besteht kein Anlass, deren Richtigkeit zu bezweifeln. Werden danach z. B. durch eine Betriebsprüfung Buchführungsmängel festgestellt, müssen diese ausführlich begründet und in geeigneter Form benannt werden.
3.2 Merkmale von elektronischer und klassischer Buchhaltung
Jedes Buchführungssystem – ob klassisch oder elektronisch – muss die geforderten "klassischen" Merkmale für die gesamte Dauer der Aufbewahrungsfrist erfüllen.
Merkmale dieser Art sind:
- Nachprüfbarkeit und Nachvollziehbarkeit
- Wahrheit, Klarheit und fortlaufende Aufzeichnungen
- Ordnung
- Vollständigkeit
- Einzelaufzeichnungspflicht
- Richtigkeit
- Zeitgerechte Buchungen und Aufzeichnungen
- Unveränderbarkeit
Wirtschaftlichkeitserwägungen rechtfertigen es nicht, dass die Grundprinzipien der Ordnungsmäßigkeit verletzt und damit der Buchhaltungszweck erheblich gefährdet wird. Die damit verbundenen Kosten sind vom Unternehmer ebenso aufzubringen wie alle anderen Aufwendungen auch, die der Betrieb mit sich bringt.
3.2.1 Nachprüfbarkeit und Nachvollziehbarkeit
Verarbeitung muss leicht verfolgt werden können
Der Grundsatz der leichten Nachvollzieh- und Nachprüfbarkeit ergibt sich nicht nur aus dem steuerlichen Bereich, sondern auch aus dem Handels- und ggf. Berufsrecht. Nachvollziehbarkeit bedeutet, dass die Verarbeitung der einzelnen Geschäftsvorfälle mit dem dabei angewandten Buchhaltungssystem bzw. Aufzeichnungsverfahren relativ einfach verfolgt werden können muss. Jeder (Buchungs-)Vorgang muss durch einen Beleg nachgewiesen werden können. Insofern gilt auch hier der eherne Buchhaltergrundsatz "keine Buchung ohne Belege".
Leicht nachprüfbar heißt, dass die Aufzeichnungen so beschaffen sein müssen, dass sie einem sachverständigen Dritten innerhalb einer angemessenen Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle einerseits und über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens andererseits verschaffen können.
Die Entstehung und die Abwicklung eines Geschäftsvorgangs müssen sich lückenlos, progressiv und retrograd überprüfen lassen (vom Beleg zur Buchung bzw. von der Buchung zum Beleg). Die progressive Prüfung eines Geschäftsvorfalls beginnt beim Beleg. Sie führt über die Grundaufzeichnungen (im Grundbuch) und das Journal zu den Buchhaltungskonten. Aus den Konten müssen die Entwicklung der Bilanz sowie der GuV und in deren weiterer Folge die Daten der Steueranmeldungen bzw. -erklärungen nachvollziehbar sein. Die retrograde Prüfung beginnt bei der Buchung bzw. beim Ansatz in der Bilanz bzw. GuV und endet beim Beleg.
Nachvollziehbarkeit gilt für die gesamte Aufbewahrungsdauer
Sowohl progressive als auch retrograde Prüfungen müssen für die gesamte Dauer der Aufbewahrungsfrist und für jeden einzelnen Verfahrensschritt möglich sein. Ebenso müssen sämtliche Verfahrensdokumentationen, die zum Verständnis der Buchführung bzw. der Aufzeichnungen notwendig sind, jederzeit aussagekräftig und einsehbar sein. Sie müssen sowohl die historischen als auch die aktuellen Verfahrensinhalte umfassen und der aktuell in der Praxis eingesetzten Version entsprechen. Neben diesen klassischen Aufzeichnungen müssen alle Unterlagen bereitgehalten werden und lesbar sein, die zum Verständnis der Aufzeichnungen notwendig sind.
3.2.2 Buchführungswahrheit: Tatsächliche und wahre Geschäftsvorfälle
Die aufgezeichneten Geschäftsvorfälle müssen den tatsächlichen und belegmäßigen Verhältnissen entsprechen. Sie müssen vollständig, vollzählig und lückenlos erfasst sein.
Grundsätzlich ist jeder Ge...