Entscheidungsstichwort (Thema)
Baudekorationsbetrieb als Liebhaberei
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei einem jahrelang ausschließlich mit Verlusten arbeitenden Betrieb ist davon auszugehen, dass er nicht in der Absicht der Gewinnerzielung geführt wird, wenn feststeht, dass der Betrieb nach seiner Wesensart und der Art seiner Bewirtschaftung nach auf Dauer gesehen nicht nachhaltig mit Gewinn arbeiten kann.
2. Bei Beurteilung der Gewinnerzielungsabsicht ist darauf abzustellen, ob der Betrieb aus objektiven Gründen nicht mit Gewinn arbeiten kann.
3. Beruhen die jahrelangen Verluste auf betriebswirtschaftlichem Unvermögen des Inhabers liegt keine fehlende Absicht der Gewinnerzielung vor.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 1
Streitjahr(e)
1984, 1985, 1986, 1987
Tatbestand
Die Klägerinnen sind die ehemaligen Gesellschafterinnen der Firma L Erben (Baudekorationsgeschäft). Sie streiten mit dem Beklagten (das Finanzamt, FA) im Rahmen der Gewinnfeststellung 1984 bis 1987 betreffend die o.a. Firma in erster Linie darüber, ob das FA zu Recht ab 1984 von sog. Liebhaberei ausgegangen ist, in zweiter Linie über die Anerkennung von nach 1983 gezahlten Schuldzinsen als nachträgliche Betriebsausgaben. Im einzelnen liegt dem Rechtstreit der folgende Sachverhalt zugrunde:
Die Klägerinnen sind Töchter des ehemaligen Betriebsinhabers H, der am 1964 verstarb und den damals noch minderjährigen Klägerinnen je zur Hälfte u.a. Immobilien und ein Baudekorationsgeschäft vererbte. Dabei hatte der Erblasser testamentarisch bestimmt, daß der Testamentsvollstrecker Rechtsanwalt und Notar P das Unternehmen bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres der ältesten Tochter führen sollte. Nachdem das Unternehmen in den ersten Jahren nach H's Tod zunächst noch Gewinne erwirtschaftete, wurden ab 1970 bis zum Ableben des Testamentsvollstreckers P im Jahr 1978 nur noch Verluste erzielt. Nach den Feststellungen der Betriebsprüfung (BP) des beklagten FA beruhte dies auf der mangelnden Sachkenntnis und der schlechten Geschäftsführung des Testamentsvollstreckers. Dieser hatte zur Aufrechterhaltung des gewerblichen Geschäftsbetriebs in den Jahren 1968 bis 1978 aus dem ererbten sonstigen Vermögen der Klägerinnen nach und nach rund 2,2 Mio DM in das Betriebsvermögen einlegen müssen. Als Verwalterin dieses sonstigen Vermögens - im wesentlichen Immobilien - hatte P seine Kanzleisekretärin eingesetzt. Während der Geschäftsführungstätigkeit des Testamentsvollstreckers hatten die beiden Klägerinnen weder Einblick in die Geschäftsunterlagen noch irgend einen Einfluß auf die Geschäftsführung.
Die für die Kalenderjahre 1976 bis 1978 durchgeführte Betriebsprüfung (BP) führte zu keinen Beanstandungen der Verluste (wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Kurzbericht mit grünem Aktenvermerk vom 7.4.1981, Blätter 33,34 der BP-Akte sowie auf den BP-Bericht vom 6.4.1990, Tz. 11, Blätter 42, 43 der BP-Akte, Bezug genommen).
Nach dem Tod von P im Jahr 1978 mußten die beiden berufsfremden Gesellschafterinnen - gelernte Arzthelferinnen - die Geschäftsführung des Baudekorationsbetriebs mit damals im Durchschnitt 45 Beschäftigten selbst übernehmen, wobei sie sich der Mithilfe von im Betrieb angestellten Prokuristen und Buchhaltern bedienten. Doch auch unter der Leitung der beiden Klägerinnen verbesserte sich die Geschäftslage bei jährlichen Umsätzen von 1,5 (1978), 2,8 (1979), 2,0 (1980), 1,9 (1981) und 1,2 Mio DM (1982) nicht und es wurden weiterhin Verluste erwirtschaftet (1978: DM, 1979: DM, 1980: DM, 1981: DM, 1982: DM), was in erster Linie auf zu hohe Personalkosten zurückzuführen war (siehe die Feststellungen des gerichtlichen Prüfungsbeamten im Bericht vom 1.3.1995, Blätter 49 ff der FG-Akte).
Mit Beginn des Jahres 1983 stellten die Klägerinnen den Geschäftsbetrieb um. So wurde seit Anfang 1983 der Personalbestand bei zurückgehenden Umsätzen (Jahresumsatz 1983: 0,6 Mio DM) stetig abgebaut, so daß bis zum Jahresende nahezu sämtliche Arbeitnehmer entlassen waren. Das betriebliche Grundstück L-weg (bisher als Lagerplatz genutzt) wurde ebenso veräußert wie fast alle übrigen Betriebsvorrichtungen und Gerätschaften. Die betriebliche Nutzung des Grundstücks D-str wurde eingestellt. Trotz dieser betriebswirtschaftlichen Maßnahmen erhöhte sich der Jahresverlust für 1983 auf rund DM.
Ab 1984 ließen die Klägerinnen die übernommenen Aufträge nur noch von Subunternehmern ausführen, und zwar überwiegend von der Firma F in O, deren Inhaber seit November 1978 mit einer der beiden Gesellschafterinnen verheiratet war. Dabei ermittelten die Klägerinnen bei einem Umsatz von rund 750.000 DM und Fremdleistungen in Höhe von rund 361.000 DM immerhin zunächst einen Gewinn von DM, nach später berichtigter Gewinnermittlung noch von DM.
Für 1985 ergab sich jedoch erneut ein Verlust von zunächst rund DM, nach Einreichen einer berichtigten Gewinnermittlung sodann von fast DM.
Für 1986 ermittelten die Klägerinnen einen Verlust von rund DM und für das letzte Streitjahr 1987 von rund DM.
Entsprechend den eingereichte...