Leitsatz
Aufwendungen eines Pächters für die Erneuerung der Dacheindeckung eines im Eigentum des Verpächters stehenden und dem Pachtbetrieb dienenden Wirtschaftsgebäudes sind als Betriebsausgaben des landwirtschaftlichen Pachtbetriebs abziehbar, wenn sie in Erwartung des späteren Eigentumsübergangs erbracht worden sind.
Normenkette
§ 4 Abs. 4 EStG
Sachverhalt
Der Kläger hatte, nachdem er durch Erbvertrag als Hoferbe eingesetzt worden war, von seinem Vater dessen landwirtschaftlichen Betrieb gepachtet. Im Pachtvertrag hieß es, dass der Pächter die gewöhnlichen Ausbesserungen an den Gebäuden etc. auf seine Kosten durchzuführen habe. Ein Jahr nach Abschluss des Pachtvertrags vereinbarten die Vertragsbeteiligten, dass die Erhaltung und Bewirtschaftung durch den Pächter auch Großreparaturen beinhalten solle, die über die gewöhnlichen Ausbesserungen hinausgingen. Der Pächter verzichte insoweit auf einen Aufwendungsersatz.
In der Folgezeit ließ der Pächter das reparaturbedürftige Dach eines Wirtschaftsgebäudes neu decken und schuf damit in zeitlichem Zusammenhang im Dachgeschoss Unterkünfte für Saisonarbeitskräfte. Die Kosten von insgesamt ca. 51.000 DM machte der Kläger zunächst erfolglos als Betriebsausgaben des Pachtbetriebs geltend. Das FG gab seiner Klage jedoch statt.
Entscheidung
Der BFH hob das Urteil des FG auf und verwies das Verfahren zurück. Zwar sei das FG zutreffend davon ausgegangen, dass die Aufwendungen durch den Betrieb des Klägers veranlasst seien, der sie in Erwartung des späteren Eigentumserwerbs gemacht habe. Eine Zuwendung an den Vater liege demgemäß nicht vor. Es müsse jedoch noch geprüft werden, ob die Aufwendungen nicht im Hinblick auf die Schaffung neuer Räumlichkeiten im Dachgeschoss als Herstellungskosten zu beurteilen und dann zu aktivieren seien.
Hinweis
1. Bereits in zwei Urteilen zum sog. Wirtschaftsüberlassungsvertrag (vom 28.2.2002, IV R 20/00, BFH-PR 2002, 249 und vom 8.5.2003, IV R 6/02, BFH/NV 2003, 1546) hatte der BFH deutlich gemacht, dass Aufwendungen auf betrieblich genutzte, aber in fremdem Eigentum stehende Wirtschaftsgüter ohne besondere Gegenleistung des Eigentümers Betriebsausgaben sein können und nicht als Zuwendungen vom Abzug ausgeschlossen sind. Im Fall des Wirtschaftsüberlassungsvertrags ist ähnlich wie im hier entschiedenen Fall der Verpachtung an den künftigen Erben und Übernehmer des Betriebs davon auszugehen, dass der Pächter bzw. Wirtschaftende Aufwendungen auf die dem Verpächter bzw. Überlassenden gehörenden Wirtschaftsgüter, zu denen er nicht ohnehin nach dem Vertragsverhältnis verpflichtet ist, nur macht, weil er sich als künftigen Eigentümer des Betriebs sieht.
Dass der Eigentümer keinen Aufwendungsersatz leisten muss, lässt die Aufwendungen nicht als Zuwendung an den Eigentümer erscheinen, weil der Pächter bzw. Wirtschaftende in einem solchen Fall gar keinen Aufwendungsersatzanspruch hat. Dieser entstünde nach Bereicherungsrecht nur und erst dann, wenn die Eigentumsübertragung ausbliebe.
2. Sind die Aufwendungen durch den Betrieb des Pächters bzw. Wirtschaftenden veranlasst, werden sie in der Gewinnermittlung dieses Betriebs berücksichtigt. Zu einem sofortigen Betriebsausgabenabzug kommt es aber allerdings nur dann, wenn die Kosten nicht als Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu beurteilen sind. In einem solchen Fall geht der BFH nämlich von der Schaffung eines immateriellen Wirtschaftsguts aus, das wie ein materielles Wirtschaftsgut zu behandeln, insbesondere abzuschreiben ist.
3. Im Besprechungsfall war in zeitlichem Zusammenhang mit der Reparaturmaßnahme am Dach des Gebäudes neue Wohnfläche im Dachgeschoss geschaffen worden. Einer isolierten Betrachtung mehrerer Baumaßnahmen steht zwar grundsätzlich nicht im Weg, wenn Instandhaltungsarbeiten im zeitlichen Zusammenhang mit unmittelbar zu Herstellungskosten führenden Bauarbeiten durchgeführt werden. Die angefallenen Kosten sind entsprechend aufzuteilen, ggf. im Weg der Schätzung (BFH, Urteil vom 9.5. 1995, IX R 116/92, BStBl II 1996, 632, und vom 3.12.2002, IX R 64/99, BFH-PR 2003, 137).
Eine Ausnahme gilt jedoch, wenn die Maßnahmen bautechnisch ineinander greifen. Dann handelt es sich insgesamt um Herstellungskosten. Davon ist der BFH insbesondere im Fall der Erneuerung der Dacheindeckung in Verbindung mit einer Vergrößerung der Nutzfläche im Dachgeschoss ausgegangen (BFH, Urteil vom 9.5.1995, IX R 88/90, BStBl II 1996, 628). Diesen Gesichtspunkt hatte das FG im Besprechungsfall nach Meinung des BFH nicht genügend beachtet, weshalb das Verfahren zurückverwiesen wurde.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 13.5.2004, IV R 1/02