Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Steuerbarkeit einer Vergleichszahlung aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs zur Beendigung eines Rechtsstreits über die Formwirksamkeit eines Treuhandvertrages
Leitsatz (redaktionell)
Wirtschaftliches Eigentum an GmbH-Anteilen aufgrund eines Treuhandverhältnisses setzt - unabhängig von der Formwirksamkeit des Treuhandvertrages - stets die tatsächliche Durchführung der für die Beherrschung der Gesellschaft wesentlichen Elemente des Treuhandvertrages voraus.
Eine Anwartschaft ist bei der Bestimmung der Höhe der Beteiligung am Stammkapital einer GmbH nicht zu berücksichtigen, so dass sie nicht zur Begründung einer Beteiligung i.S.d. § 17 Abs. 1 EStG ausreicht.
Der zeitliche Anwendungsbereich des § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG ist nach § 52 Abs. 28 Satz 11 EStG auch bei Erwerb einer Anwartschaft vor dem 1. Januar 2009 ausgeschlossen.
Steht nach dem wirtschaftlichen Gehalt eines gerichtlichen Vergleichs fest, dass der zur Zahlung vereinbarte Betrag für die endgültige Aufgabe eines Vermögenswerts in seiner Substanz sowie zur Abgeltung eines in erster Instanz titulierten Schadensersatzanspruchs aufgrund einer Vertragsverletzung gezahlt wird, liegt keine steuerbare Leistung i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG vor.
Normenkette
AO 1977 § 39 Abs. 2 Nrn. 1, 1 S. 2, § 41 Abs. 1 S. 1; EStG §§ 17, 17 Abs. 1 Sätze 1, 3, § 20 Abs. 2, 2 S. 1 Nr. 1, § 22 Nrn. 3, 2, § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 52 Abs. 28 S. 11; GmbHG § 15 Abs. 3-4
Streitjahr(e)
2015
Tatbestand
Streitig ist, ob eine an den Kläger geleistete Zahlung aufgrund eines Vergleichs, mit dem ein Rechtsstreit über die Form(un)wirksamkeit eines Treuhandvertrages über 90 % der Anteile an einer GmbH beendet worden ist, der Einkommensbesteuerung unterliegt.
Die Kläger sind Eheleute und wurden im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sowie aus einer Leibrente. Die Klägerin erzielte Einkünfte aus Gewerbebetrieb.
Der Beklagte erhielt am xx.xx.2013 vom Finanzamt…eine Kontrollmitteilung für die Veranlagungszeiträume 2008 bis 2010. Danach haben die Kläger der…GmbH mit Vertrag vom xx.xx.2006 ein Darlehen über…Mio. EUR gewährt. Es habe sich um ein „Darlehen für Unternehmenserwerb“ gehandelt. Die Darlehenskonditionen sahen Zinsen in Höhe von 5 % vor. Die Rückzahlung einschließlich Zinsen sollte bis zum xx.xx.2010 erfolgen. Der Beklagte wurde aufgefordert mitzuteilen, in welcher Höhe hierfür Zinseinnahmen für die Jahre 2008 bis 2010 von den Klägern erklärt worden seien.
Der Beklagte konnte eine Versteuerung der Zinseinnahmen für die Veranlagungszeiträume 2006 bis 2011 nicht feststellen. Er legte daher mit Schreiben vom xx.xx.2013 dem Finanzamt für Fahndung und Strafsachen…– FAFuSt – Unterlagen vor und bat um strafrechtliche Prüfung. Insbesondere sei auch zu prüfen, woher die Mittel für die Darlehensgewährung stammten und wie bzw. woher eventuell eine Sicherheitsleistung für das Darlehen erbracht werden konnte.
Mit Schreiben vom xx.xx.2016 teilte das FAFuSt dem Beklagten mit, dass umfangreiche Ermittlungen durchgeführt worden seien, insbesondere habe es ein persönliches Gespräch mit dem Kläger am xx.xx.2016 in dessen Wohnhaus gegeben. Aus dem Aktenvermerk des FAFuSt und den dazugehörigen Anlagen ergab sich Folgendes:
Der Kläger sei bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2009 in leitender Funktion in einem ausländischen Produktionsstandort der…GmbH in .../Polen beschäftigt gewesen.
Herr…(G) sei seit 2003 ebenfalls in Polen beschäftigt gewesen. Er sei Mitglied der Geschäftsleitung einer in .../Polen ansässigen Firma…Sp.z.o.o. (Sp.z.o.o.) gewesen. Die Sp.z.o.o. habe zur ...-Group gehört. In 2005 oder 2006 habe die ...-Group den Entschluss gefasst, sich von der Sp.z.o.o. zu trennen und diesen den Führungskräften der Firma zum Kauf angeboten. Der Kaufpreis habe rund…Mio. EUR betragen sollen. Von diesem Angebot der ...-Group habe der Kläger von G erfahren, welcher aufgrund seines damaligen Alters (... Jahre) nicht den Mut gehabt habe, dass Angebot anzunehmen. Der Kläger habe ihm jedoch dazu geraten das Risiko einzugehen und die Sp.z.o.o. zu kaufen. G habe sodann dem Kläger angeboten, die Firma zu erwerben. Aufgrund seiner leitenden Funktion bei der…GmbH sei dies dem Kläger jedoch nicht möglich gewesen, da er offiziell nach außen nicht habe auftreten dürfen.
Daher sei am xx.xx.2006 ein Treuhandvertrag über Geschäftsanteile an der…GmbH (G-GmbH) zwischen dem Kläger als Treugeber und G als Treuhänder (Treuhandvertrag) abgeschlossen worden. In § 1 des Treuhandvertrages regelten der Kläger und G unter anderem, dass der Treuhänder den Gesellschaftsvertrag der G-GmbH abschließen und die G-GmbH sodann die Anteile an der Sp.z.o.o. kaufen soll; zudem sollte nach den getroffenen Regelungen die Stammeinlage der G-GmbH zu 90 % auf den Treugeber und zu 10 % auf den Treuhänder entfallen und das Stammkapital von… EUR zur Hälfte eingezahlt werden. Der Treugeber sei sich bewusst, dass der Treuhänder seine Geschäftsanteile künf...