Prof. Dr. Heinz-Jürgen Pezzer
Leitsatz
1. Die Pauschsätze in § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 EStG gelten den Mehraufwand für Verpflegung auch hinsichtlich der Personalkosten ab, der für die Bereitstellung der Verpflegung anteilig vom Steuerpflichtigen zu tragen ist.
2. Dies gilt selbst dann, wenn dieser Personalkostenaufwand anteilig im Weg der Umlage (im Streitfall von Lotsen einer Lotsenbrüderschaft für einen gemeinschaftlich unterhaltenen Kantinenbetrieb) unabhängig davon zu tragen ist, ob der Steuerpflichtige die unter Einsatz dieses Aufwands bereitgestellte Verpflegung in Anspruch genommen hat.
Normenkette
§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 EStG
Sachverhalt
Der Kläger erzielt als Schiffslotse im Rahmen einer Einsatzwechseltätigkeit Einkünfte aus selbstständiger Arbeit. Die Lotsenbrüderschaft, deren Mitglied er ist, bietet durch ihren Küchenbetrieb mit eigenem Personal für ihre Mitglieder täglich unentgeltlich ein Frühstück und ein Mittagessen an. Die Umlage der Betriebskosten – einschließlich der Personalkosten – des Küchenbetriebs erfolgt unabhängig davon, ob und in welchem Umfang der jeweilige Lotse tatsächlich in der Kantine gegessen hat.
Die anteiligen Personalkosten (nicht die übrigen anteilig umgelegten Sachaufwendungen des Küchenbetriebs für die Verpflegung der Lotsen) machte der Kläger erfolglos als Betriebsausgaben geltend.
Der dagegen erhobenen Klage gab das FG (Niedersächsisches FG, Urteil vom 07.08.2007, 14 K 28/04, Haufe-Index 2106184) statt.
Entscheidung
Auf die Revision des FA hob der BFH die Vorentscheidung auf und wies die Klage ab. Nach Wortlaut und Zweck des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 EStG betreffe die Abgeltungswirkung der Pauschsätze auch die anteiligen Personalkosten und gelte selbst dann, wenn der Steuerpflichtige die bereitgestellte Verpflegung nicht in Anspruch genommen habe.
Hinweis
Die Vorschrift des § 4 Abs. 5 EStG regelt Abzugsbeschränkungen für verschiedene Betriebsausgaben und Werbungskosten, die ihrer Natur nach eine besondere Nähe zur privaten Lebensführung aufweisen. Um die damit verbundenen Streitigkeiten, insbesondere die kaum lösbaren Beweisschwierigkeiten zu vermeiden, ordnet die Vorschrift manche Aufwendungen insgesamt der Privatsphäre zu und erklärt sie daher für nicht abziehbar. Für andere Arten von Aufwendungen, in denen unbestreitbar auch ein beruflicher Anteil steckt, der aber im Einzelfall kaum rechtssicher zu ermitteln ist, erklärt die Vorschrift einen fiktiven Betrag für abziehbar, um damit allen Streit von vornherein zu unterbinden.
Zu diesen letztgenannten Aufwendungen gehören auch Mehraufwendungen für Verpflegung i.S.v. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 EStG. Mit den in dieser Vorschrift geregelten Pauschbeträgen soll typisiert der Mehraufwand des Steuerpflichtigen für auswärtige Verpflegung abgegolten werden, der durch die fehlende Gelegenheit entsteht, sich so günstig wie zu Hause zu verpflegen. Dabei kommt es für die Gewährung der Pauschbeträge weder darauf an, wie sich die konkrete Verpflegungssituation am Einsatzort darstellt, noch darauf, ob überhaupt ein berufsbedingter Verpflegungsmehrbedarf eintritt.
Dieses Abzugsverbot umfasst alle Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der Verpflegung des Steuerpflichtigen stehen. Es betrifft damit auch Personalkosten, die für die Bereitstellung der Speisen und Getränke entstanden sind. Denn auch dieser Aufwand ist allein durch die Bereitstellung und Abwicklung der Verpflegung veranlasst, deren steuerliche Berücksichtigung der Gesetzgeber insgesamt mit dem JStG 1996 auf die gesetzlich geregelten Pauschsätze begrenzen wollte.
Deshalb ist es nicht zulässig, etwa nur die reinen Sachkosten für die Verpflegung den Beschränkungen der Pauschalierungsvorschrift zu unterwerfen, den für die Zubereitung notwendigen Personalaufwand aber davon auszunehmen.
Die Abgeltungswirkung der Pauschsätze ist selbst dann gegeben, wenn der Personal- und Sachaufwand im Weg der Umlage unabhängig davon getragen werden muss, ob der Steuerpflichtige die unter Einsatz dieses Aufwands bereitgestellte Verpflegung überhaupt in Anspruch genommen hat.
Diese Rechtsgrundsätze entsprechen der bisherigen Rechtsprechung und sind in der Sache nicht neu; sie wurden hier jedoch an einem besonders signifikanten Sachverhalt verdeutlicht.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 17.02.2009 – VIII R 21/08