Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Abrechnungsprüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK). Aufwandspauschale nach § 275c Abs 1 S 2 SGB 5. keine Minderung des Abrechnungsbetrages aufgrund der Prüfung. Veranlassung der Prüfung durch Verhalten des Krankenhauses (hier: keine medizinische Begründung für das Überschreiten der (ursprünglich angenommenen) voraussichtlichen Dauer der Krankenhausbehandlung entgegen § 301 Abs 1 S 1 N. 3 SGB 5)
Orientierungssatz
1. Ein Anspruch des Krankenhauses auf Zahlung einer Aufwandspauschale nach § 275c Abs 1 S 2 SGB 5 in der ab 1.1.2020 geltenden Fassung besteht nicht, wenn die Prüfung durch den MDK zwar nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrages geführt hat, das Krankenhaus aber Veranlassung zu der Prüfung durch den MDK gegeben hat.
2. Ein Krankenhaus, welches nicht auf Verlangen der Krankenkasse - wie durch § 301 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB 5 vorgegeben - eine medizinische Begründung dafür gibt, dass die (ursprünglich angenommene) voraussichtliche Dauer der Krankenhausbehandlung überschritten wird, gibt Anlass für die Beauftragung des MDK, so dass ein Anspruch auf Zahlung der Aufwandspauschale in diesem Fall nicht besteht.
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 10.03.2021 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über eine Aufwandspauschale nebst Zinsen.
Die Klägerin ist Trägerin des nach § 108 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zugelassenen St. E Krankenhauses L , in dem die 1940 geborene, bei der Beklagten krankenversicherte C M (Versicherte) in der Zeit vom 02.12.2019 bis zum 20.12.2019 stationär behandelt wurde. Am 03.12.2019 teilte die Klägerin der Beklagten im Wege der elektronischen Datenübertragung nach § 301 SGB V per Datenträgeraustausch (DTA) eine geplante Entlassung am 08.12.2019 mit. Mit Rechnung vom 31.01.2020 forderte die Klägerin von der Beklagten einen Gesamtbetrag von 4.426,13 Euro. Dabei legte sie die Fallpauschale DRG (Diagnosis Related Group) I47A (Verletzungen am Unterarm, Handgelenk, Hand und Fuß mit äußerst schweren oder schweren CC oder unspezifische Arthropathien) für den Zeitraum vom 02.12.2019 bis 13.12.2019 zugrunde und berechnete einen Langliegezuschlag für den Zeitraum vom 14.12.2019 bis 19.12.2019. Am 16.02.2020 bat die Beklagte die Klägerin per DTA um eine medizinische Begründung für die Überschreitung des voraussichtlichen Entlassungsdatums und die angefallenen Langliegetage. Die Klägerin gab am 03.02.2020 an, nach Prüfung der Behandlungsunterlagen könne sie mitteilen, dass der Zustand der Versicherten aus medizinischer Sicht noch nicht gut genug gewesen sei, um eine Entlassung vornehmen zu können. Weitere Details zum Stand der Versicherten und zur Behandlung dürften aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht in dieser Form erörtert werden. Hierzu stehe der Beklagten das Prüfungsverfahren gemäß §§ 275 ff SGB V zur Verfügung. Sollte sie ihre Zahlungsverweigerung ohne ein solches Verfahren aufrechterhalten, werde ohne weiteren Schriftverkehr Klage beim Sozialgericht eingereicht. Am 17.03.2020 beauftragte die Beklagte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Rheinland-Pfalz (MDK) mit einer Begutachtung zu der Frage, ob die Überschreitung der Oberen Grenzverweildauer (OGV) in vollem Umfang medizinisch begründet gewesen sei. Die übermittelten Daten ließen die Notwendigkeit einer Überschreitung nicht erkennen. Der MDK kam in seinem Gutachten vom 18.05.2020 zu dem Ergebnis, dass die Überschreitung der OGV und die Gesamtverweildauer von 18 Tagen medizinisch begründet seien. Die Beklagte zahlte daraufhin den Rechnungsbetrag in voller Höhe.
Die Klägerin forderte die Beklagte mit Rechnung vom 26.05.2020 zur Zahlung einer Aufwandspauschale in Höhe von 300,00 Euro auf. Die Beklagte wies die Rechnung per DTA am 27.05.2020, eingegangen bei der Klägerin am 28.05.2020, zurück. Sie, die Beklagte, habe gemäß § 301 Abs. 1 Nr. 3 SGB V eine Anfrage über die medizinische Begründung bezüglich der Verweildauer gestellt. Sie habe keine weiteren medizinischen Informationen erhalten und deshalb den MDK beauftragen müssen. Die Einschaltung des MDK sei erst durch die Obliegenheitspflichtverletzung der Klägerin veranlasst worden. Die Klägerin führte in ihrem Schreiben vom 22.06.2020 aus, sie habe keineswegs gegen eine Obliegenheit verstoßen. Die von der Beklagten gestellten Frage nach der Notwendigkeit der Verweildauer habe keinerlei Rechtsgrundlage. Es handele sich weder um die Mitteilung eines Aufnahmegrunds gemäß § 301 SGB V noch um eine Verpflichtung, die aus dem für Rheinland-Pfalz geltenden Landesvertrag abzuleiten sei.
Die Klägerin hat am 20.08.2020 Klage beim Sozialgericht (SG) Koblenz erhoben. Sie hat geltend gemacht, die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Aufwandspauscha...