Entscheidungsstichwort (Thema)
Soldatenversorgung. Hinterbliebenenversorgung. Wehrdienstbeschädigung. Radarflugmelder. Krebserkrankung. Gefährdung durch Strahlung in früheren Radareinrichtungen der Bundeswehr und der Nationalen Volksarmee. Strahlenexposition während des Wehrdienstes. Nachweis. Bericht der Radarkommission. Beweiserleichterung. Beweislastumkehr. Kann-Versorgung
Leitsatz (amtlich)
1. Die Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer durch ionisierende Strahlen verursachten Wehrdienstbeschädigung ist grundsätzlich ausgeschlossen, wenn bereits eine Strahlenexposition während der Ausübung des Wehrdienstes nicht nachgewiesen werden kann.
2. Jedenfalls soweit der Bericht der Radarkommission Beweiserleichterungen empfiehlt, handelt es sich nicht um ein antizipiertes Sachverständigengutachten.
3. Eine fehlende Beobachtung und Dokumentation der Strahlenbelastung von Angehörigen der Bundeswehr, führt jedenfalls dann nicht zu einer Beweislastumkehr, wenn nicht festgestellt werden kann, dass damit gegen bereits geltende gesetzliche Bestimmungen zum Strahlenschutz verstoßen wurde. Eine Beweisvereitelung, die Beweiserleichterungen zur Folge haben könnte, ist auch nicht damit zu begründen, dass die Bundeswehr ein Verzeichnis radioaktiver Gegenstände (AU 76) unter Verschluss halten würde.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Schleswig vom 15. Januar 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob das beklagte Land der Klägerin Hinterbliebenenrente nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG) zu gewähren hat.
Der verstorbene Ehemann der Klägerin leistete vom 5. Januar 1970 bis zum 30. Juni 1971 als Wehrpflichtiger Dienst bei der Bundeswehr. Dort war er nach der Grundausbildung ab dem 26. März 1970 als Radarflugmelder eingesetzt. In dieser Tätigkeit hatte er an einem Bildschirm den Luftraum zu überwachen oder das sichere Landen von Flugzeugen auf einem Flugplatz auch bei schlechten Sichtverhältnissen sicherzustellen. Sein Arbeitsplatz befand sich in einem unterirdischen Gefechtsstand einige Kilometer von der Radaranlage entfernt. Im Jahre 1986 wurde bei dem Ehemann der Klägerin ein Hodentumor und im Jahre 1995 ein Melanom (Hautkrebs) am linken Unterschenkel diagnostiziert. An den Folgen der Hautkrebserkrankung verstarb der Ehemann der Klägerin am 17. März 1996.
Am 4. Dezember 2001 beantragte die Klägerin bei dem beklagten Land die Gewährung einer Hinterbliebenenrente und machte zur Begründung geltend, dass die zum Tod führenden Krebserkrankungen ursächlich auf Strahleneinwirkungen während der wehrdienstlichen Tätigkeit an Radargeräten zurückzuführen seien.
Das beklagte Land zog den Verstorbenen betreffende medizinische Unterlagen aus der Zeit des Wehrdienstes und über die Behandlung der Krebserkrankungen bei und holte Auskünfte zum Einsatz des Verstorbenen in seiner Wehrdienstzeit bei der Wehrbereichsverwaltung ein.
Mit Bescheid vom 15. April 2002 lehnte das beklagte Land den Antrag der Klägerin im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass der verstorbene Ehemann als Radarflugmelder an keinem Radargerät eingesetzt gewesen sei, sondern seinen Dienst in einer unterirdischen Bunkeranlage (Gefechtsstand) an Bildschirmen verrichtet habe. In diesem Bereich habe weder eine Hochfrequenz- noch eine Röntgen-Strahlen-Exposition bestanden.
Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs machte die Klägerin im Wesentlichen geltend, dass ihr verstorbener Mann an Konsolen gearbeitet habe, die zu dieser Zeit mit nicht abgedeckter radioaktiver Leuchtfarbe belegt gewesen seien. Außerdem habe es sich um eine “Weitbereichs-Radarstellung„ gehandelt, so dass auch eine Überexposition durch Radarstrahlen in Frage komme.
Mit Widerspruchsbescheid vom 7. August 2002 wies das beklagte Land den Widerspruch der Klägerin im Wesentlichen aus den Gründen des angefochtenen Bescheides zurück und führte ergänzend aus: Nach derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnissen löse die Einwirkung radioaktiver Stoffe (beispielsweise durch Leuchtfarbe an Bedienelementen) trotz genereller Kanzerogenität keine malignen Melanome oder Hodentumore aus. Das bei dem verstorbenen Ehemann der Klägerin diagnostizierte metastasierende maligne Melanom begründe daher keinen Anspruch nach dem SVG.
Dagegen hat sich die Klägerin mit der am 23. August 2002 bei dem Beklagten eingegangenen, an das Sozialgericht Schleswig weitergeleiteten Klage gewandt und zur Begründung im Wesentlichen geltend gemacht: Die von der Radarkommission geforderten Kriterien der hier maßgebenden Phase 1 (bis 1975) für eine Anerkennung seien erfüllt. Als Bediener habe der Verstorbene zur Unterstützung des Technikers bei der Reparatur von Radargeräten herangezogen werden können. Außerdem gehe der Bericht der Radarkommission bezogen auf die Gefährdung durch radiumhaltige Leuchtfarben von unzutreffenden Werten aus. Über die Str...