BGH: Haftung des Sondereigentümers

Geht von einer vermieteten Sonder- oder Teileigentumseinheit ein Schaden aus, haftet der Eigentümer nicht als Zustandsstörer, wenn der Schaden allein auf eine fahrlässige oder vorsätzliche Handlung des Mieters zurückzuführen ist.

Hintergrund: Vermietete Einheit als Ursprung für Wasserschaden

Ein Gebäudeversicherer verlangt nach einem Wasserschaden vom Eigentümer einer Teileigentumseinheit aus übergegangenem Recht 73.000 Euro.

Das Gebäude besteht aus zwei Teileigentumseinheiten. In einer Einheit befindet sich ein Gastronomiebetrieb, die andere Einheit ist zum Betrieb einer Zahnarztpraxis vermietet.

Im Dezember 2009 brach in der Zahnarztpraxis bei Außentemperaturen von -20 °C eine von den früheren Eigentümern verlegte Kaltwasserleitung, die zu einem Zahnarztstuhl führte. Dies führte zu einem Wasserschaden in der Gastronomie-Einheit. Der Gebäudeversicherer regulierte den Schaden im dortigen Sondereigentum und verlangt nun vom Eigentümer der Praxis-Einheit Erstattung. Dem Eigentümer der Gastronomie-Einheit habe ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch zugestanden, der auf ihn als Versicherer übergegangen sei.

Der Eigentümer der Praxis-Einheit meint, nicht er hafte für den Schaden, sondern nur der Mieter, weil der Schaden allein auf fehlende Beheizung zurückzuführen sei.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Der Eigentümer der Praxis-Einheit sei bezüglich der schadhaften Wasserleitung in wertender Betrachtung als Störer anzusehen. Er habe den Nutzen aus der Vermietung als Zahnarztpraxis gezogen und die Gefahr als Vermieter auch beherrschen können.

Entscheidung: Eigentümer haftet nicht zwangsläufig

Der BGH hebt die Entscheidung des Landgerichts auf und verweist den Rechtsstreit dorthin zurück, damit dieses prüfen kann, wie genau es zu dem Schaden gekommen war. Hiervon hängt ab, ob gegen den Eigentümer der Praxis-Einheit ein verschuldensunabhängiger nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch in entsprechender Anwendung von § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB besteht.

Ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch ist gegeben, wenn von einem Grundstück im Rahmen privatwirtschaftlicher Benutzung rechtswidrige Einwirkungen auf ein anderes Grundstück ausgehen, die der Eigentümer oder Besitzer des betroffenen Grundstücks nicht dulden muss, aber nicht unterbinden kann. Hierunter fallen auch Einwirkungen durch Wasser. Zudem muss der Betroffene Nachteile erleiden, die das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung übersteigen. 

Ein solcher Anspruch kommt auch in Betracht, wenn - wie hier - ein Sonder- oder Teileigentum durch rechtswidrige Einwirkungen beeinträchtigt wird, die vom Sonder- oder Teileigentum eines anderen Wohnungseigentümers ausgehen. Hingegen scheidet ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch aus, wenn die Nutzung des Sondereigentums durch einen Mangel des Gemeinschaftseigentums beeinträchtigt wird, was hier jedoch nicht der Fall ist. Die defekte Wasserleitung war dem Sondereigentum zuzuordnen, weil sie ausschließlich die Nutzung als Zahnarztpraxis ermöglichte und weder für den Bestand oder die Sicherheit des Gebäudes erforderlich war, noch dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer diente.

Eine Haftung des Eigentümers der Praxis-Einheit setzt voraus, dass dieser als Störer anzusehen ist. Die Störereigenschaft folgt nicht allein aus dem Eigentum oder Besitz an der Einheit, von der die Einwirkung ausgeht. Vielmehr muss die Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks oder der anderen Einheit wenigstens mittelbar auf den Willen des Eigentümers oder Besitzers zurückgehen. Dies muss in wertender Betrachtung im Einzelfall festgestellt werden. Wesentliche Zurechnungskriterien sind dabei u.a. die Veranlassung, die Gefahrenbeherrschung oder die Vorteilsziehung.

Es kommt daher entscheidend darauf an, was den Defekt an der Wasserleitung verursacht hat. Sollte der Schaden allein auf fehlendes Beheizen der Räumlichkeiten durch den Mieter zurückzuführen sein, wäre der Eigentümer der Einheit weder als mittelbarer Handlungsstörer noch als Zustandsstörer verantwortlich.

Steht hingegen fest, dass das Bauteil, von dem der Schaden ausgegangen ist, nicht ordnungsgemäß beschaffen (z. B. nicht hinreichend isoliert) war und für den Schadenseintritt zumindest mitursächlich gewesen sein kann, kann der Schaden auch dem Eigentümer zuzurechnen sein. Wenn die Verursachungsbeiträge von Eigentümer und Mieter nicht voneinander abgrenzbar sind, sind beide für den Schaden verantwortlich.

Das Landgericht muss nun klären, ob die Leitung unzureichend isoliert war und dies den Schaden (mit-) verursacht haben könnte oder der Schaden ausschließlich auf mangelnde Beheizung durch den Mieter zurückzuführen ist.

(BGH, Urteil v. 18.12.2020, V ZR 193/19)


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