Verfahrensgang
OLG Bremen (Entscheidung vom 07.04.2021; Aktenzeichen 1 U 90/20) |
LG Bremen (Entscheidung vom 04.11.2020; Aktenzeichen 1 O 899/19) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des 1. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen vom 7. April 2021 - 1 U 90/20 - wird als unzulässig verworfen.
Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
Rz. 1
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass die Beklagte wegen der Nichtgewährung von Übergangsgeld im Zusammenhang mit dem Grunde nach bewilligten Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach dem Sechsten und Neunten Buch Sozialgesetzbuch (im Folgenden: LTA) aus Amtshaftung zum Schadensersatz verpflichtet ist. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde.
II.
Rz. 2
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der gemäß § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erforderliche Mindestwert der mit der beabsichtigten Revision geltend zu machenden Beschwer von mehr als 20.000 € nicht erreicht wird.
Rz. 3
1. Der Wert der Beschwer, zugleich Streitwert des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde, beträgt 5.000 € (§§ 2, 3 ZPO, §§ 47, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG). Dies entspricht der Streitwertangabe des Klägers in seinem Schriftsatz vom 7. Dezember 2020 und der Wertfestsetzung beider Vorinstanzgerichte, die vom Kläger nicht beanstandet worden ist.
Rz. 4
2. Soweit der Kläger in der Begründung seiner Nichtzulassungsbeschwerde geltend macht, der Wert des Feststellungsbegehrens betrage mehr als 20.000 €, rechtfertigt dies eine höhere Wertfestsetzung nicht.
Rz. 5
a) Der Wert der mit der (beabsichtigten) Revision geltend zu machenden Beschwer bemisst sich nach dem Interesse des Rechtsmittelklägers an der Abänderung der Entscheidung des Berufungsgerichts. Entscheidend für die Wertermittlung sind hierbei die dem Klageantrag zugrundeliegenden tatsächlichen Angaben des Klägers zum Wert. Ihm ist es dabei verwehrt, im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren diese zu ändern, um die Wertgrenze des § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO (entspricht § 26 Nr. 8 Satz 1 EGBGB aF) zu überschreiten. Hat der Kläger in den Vorinstanzen keine verlässlichen oder vollständigen Angaben zum Wert gemacht und hat das Berufungsgericht den Streitwert daher unter Zugrundelegung der unvollständigen Angaben geschätzt, so ist der Kläger auch gehindert, die Annahmen, auf denen diese Streitwertfestsetzung beruht, mit neuem oder ergänzendem Vortrag in Frage zu stellen, um den Wert der Beschwer zu erhöhen. Insbesondere ist er gehindert, neue Angaben zu einem Schadensumfang zu machen, wenn dieser Vortrag in den Tatsacheninstanzen keinen Niederschlag gefunden hat und deshalb auch nicht bewertungsfähiger Gegenstand eines Feststellungsbegehrens war (st. Rspr.; vgl. nur Senat, Beschlüsse vom 18. Dezember 2014 - III ZR 221/13, BeckRS 2015, 748 Rn. 2; vom 13. August 2015 - III ZR 340/14, BeckRS 2015, 14870 Rn. 5; vom 23. Juni 2016 - III ZR 104/15, BeckRS 2016, 12557 Rn. 10; vom 27. Oktober 2016 - III ZR 205/15, BeckRS 2016, 20067 Rn. 4 und III ZR 300/15, BeckRS 2016, 19428 Rn. 5 sowie vom 21. November 2019 - III ZR 14/19, BeckRS 2019, 31310 Rn. 5; BGH, Beschlüsse vom 16. Mai 2013 - VII ZR 253/12, NJW-RR 2013, 1402 Rn. 3 und vom 21. Juni 2017 - VII ZR 41/17, NJW 2017, 3164 Rn. 11; jeweils zu § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO und jeweils mwN).
Rz. 6
b) Nach diesen Kriterien kann im vorliegenden Fall nicht von einem höheren Wert der Beschwer als dem durch das Berufungsgericht festgesetzten Streitwert ausgegangen werden.
Rz. 7
Die Streitwertfestsetzung der Vorinstanzen auf jeweils 5.000 € entspricht - wie oben ausgeführt - den Angaben des Klägers in seinem Schriftsatz vom 7. Dezember 2020. Auf die Anfrage des Landgerichts, zum Zwecke der Streitwertfestsetzung eine ungefähre Größenordnung des begehrten Übergangsgeldes anzugeben, hat der Kläger mitgeteilt, dass ihm eine Bezifferung nicht möglich sei und er deshalb anrege, den Streitwert auf der Grundlage des Streitwertkatalogs für die Sozialgerichtsbarkeit gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000 € festzusetzen. Auf den Einwand der Beklagten mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2020, der Kläger müsse zur Streitwertberechnung Bescheinigungen seines letzten Nettoarbeitsentgelts vorlegen, hat der Kläger nicht reagiert. Mit Beschluss vom 4. Mai 2021 hat das Oberlandesgericht eine Gegenvorstellung der Beklagten zur Höhe der Streitwertfestsetzung mit der Begründung zurückgewiesen, es bestehe keine Veranlassung, die Streitwertfestsetzung abzuändern, da mangels Angaben des Klägers zur Höhe des mit der Klage erfolgten Interesses weiterhin Anhaltspunkte für eine konkrete anderweitige Streitwertbestimmung fehlten. Auch hierauf erfolgte keine Reaktion des Klägers.
Rz. 8
Erstmals im Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde hat der Kläger sodann vorgetragen, er habe vor der beabsichtigten LTA-Maßnahme Arbeitslosengeld bezogen, so dass Übergangsgeld jedenfalls in Höhe der bisher gezahlten Entgeltersatzleistungen hätte weitergezahlt werden müssen. Ausweislich des - der Beschwerdebegründung als Anlage beigefügten - Bescheides der Bundesagentur für Arbeit vom 21. März 2012 habe zuletzt ein Anspruch auf einen Leistungsbetrag von 1.740,30 € monatlich bestanden. Da die LTA-Maßnahme über 24 Monate gelaufen wäre, errechne sich ein Anspruch des Klägers in Höhe von insgesamt 41.767,20 €. Unter Berücksichtigung eines Abschlags von 20 %, da es sich um eine Feststellungsklage handele, ergebe sich eine Beschwer des Klägers in Höhe von 33.413,76 €.
Rz. 9
Dieses erstmalige Vorbringen in der Beschwerdebegründung führt nicht zu einer Erhöhung der Beschwer aus dem Zurückweisungsbeschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO. Es handelt sich um neuen Vortrag, der in den Vorinstanzen - obwohl der Kläger den Bescheid vom 21. März 2012 dort ohne weiteres hätte vorlegen können und dessen Vorlage sich ihm aufdrängen musste - keinen Niederschlag gefunden hat, dementsprechend nicht bewertungsfähiger Gegenstand des Feststellungsbegehrens war und lediglich darauf abzielt, die im Berufungsverfahren der Streitwertfestsetzung zugrunde gelegten Annahmen zu ändern, um den Wert der Beschwer zu erhöhen. Dies ist nach den oben (unter a) dargestellten Grundsätzen zur Streitwertbemessung im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren unzulässig und deshalb nicht berücksichtigungsfähig.
III.
Rz. 10
Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die Beschwerde auch unbegründet wäre, weil die Zulassungsvoraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
Herrmann |
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Reiter |
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Kessen |
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Herr |
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Liepin |
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Fundstellen
Haufe-Index 15112129 |
FA 2022, 38 |