Leitsatz (amtlich)
1. Allein aus dem Ausschluss eines Elternteils von der (gemeinsamen) elterlichen Sorge für die Kindesunterhalt für ein minderjähriges Kind folgt bei nicht miteinander verheirateten Eltern noch nicht, dass auch der andere Elternteil von der Vertretung des Kindes ausgeschlossen ist (Fortführung von Senatsbeschluss vom 24. März 2021 - XII ZB 364/19, BGHZ 229, 239 = FamRZ 2021, 1127).
2. Befindet sich das Kind in der alleinigen Obhut eines Elternteils, so ist dieser allein vertretungsbefugt.
3. Im Fall des Wechselmodells sind beide (nicht miteinander verheirateten) Elternteile hinsichtlich des gegen den jeweils anderen Elternteil gerichteten Unterhaltsteilanspruchs vertretungsbefugt. Der Bestellung eines Ergänzungspflegers oder einer Entscheidung nach § 1628 BGB bedarf es nicht (Aufgabe von Senatsurteil vom 21. Dezember 2005 - XII ZR 126/03, FamRZ 2006, 1015).
Normenkette
BGB §§ 1628, 1629 Abs. 1-2, § 1824
Verfahrensgang
OLG München (Entscheidung vom 04.07.2023; Aktenzeichen 2 UF 185/23 e) |
AG Fürstenfeldbruck (Entscheidung vom 26.01.2023; Aktenzeichen 6 F 504/22) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des 2. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts München vom 4. Juli 2023 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Gründe
I.
Rz. 1
Die Beteiligten streiten um Kindesunterhalt für die im Juli 2012 und Oktober 2015 geborenen Antragsteller.
Rz. 2
Deren nicht miteinander verheiratete Eltern sind gemeinsam sorgeberechtigt. Zum Umgang mit den Kindern trafen sie im April 2022 eine Regelung, nach der die Betreuung an den Wochenenden und in den Schulferien hälftig aufgeteilt wird. Im Übrigen sollten die Kinder - abhängig vom Dienstplan des Vaters - an sieben Tagen im Monat (jeweils beginnend mit dem Vorabend ab 18 Uhr) von der Mutter betreut werden. Ansonsten sollten sie beim Vater leben. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Antragsteller sich in der Obhut des Vaters befinden oder ein Wechselmodell vorliegt.
Rz. 3
Der Vater hat im Namen der Kinder beantragt, die Antragsgegnerin zur Zahlung laufenden und rückständigen Unterhalts für die Zeit ab Juni 2022 an die Antragsteller sowie zur Zustimmung zur Auszahlung des hälftigen Kindergelds an ihn für die Zeit von Juni bis Oktober 2022 zu verpflichten. Das Amtsgericht hat die Anträge als unzulässig abgewiesen, weil dem Vater die Vertretungsbefugnis für die Kinder fehle.
Rz. 4
Dagegen hat der Vater im Namen der Kinder Beschwerde eingelegt. Statt des abgewiesenen Antrags auf Zustimmung zur Auszahlung des hälftigen Kindergelds hat er in der Beschwerdeinstanz den Antrag um die Zahlung des hälftigen Kindergelds an die Kinder erweitert. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Vater als Vertreter der Antragsteller die zweitinstanzlichen Anträge weiter.
II.
Rz. 5
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
Rz. 6
1. Nach Auffassung des Beschwerdegerichts können die Antragsteller durch ihren Vater nicht wirksam vertreten werden. Die Vertretungsbefugnis nach § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB setze voraus, dass sich die Kinder in der Obhut des Vaters befänden. Das sei vorliegend nicht der Fall, weil nicht von einem Betreuungsschwerpunkt beim Vater ausgegangen werden könne. Dazu genüge es zwar, dass bei einem Elternteil ein eindeutig feststellbares, aber nicht notwendigerweise großes Übergewicht bei der tatsächlichen Fürsorge vorliege. Es sei bisher aber nicht ausreichend geklärt, ob trotz eines geringen Übergewichts eines Elternteils, also bei Betreuungsanteilen zwischen 45 % und 55 %, von einem Wechselmodell im unterhaltsrechtlichen Sinne auszugehen sei, so dass eine Vertretungsbefugnis nach § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB ausscheide. Bei der Bemessung der zeitlichen Betreuungsanteile seien grundsätzlich weder die Nächte noch die Zeit in Schule, Kindergarten oder sonstiger Betreuungseinrichtung sowie die Ferien außer Acht zu lassen. Ob die Eltern mit ihrer Vereinbarung ein Wechselmodell im unterhaltsrechtlichen Sinne beabsichtigt hätten, sei nicht erheblich. Im vorliegenden Fall schließe ein Anteil von durchschnittlich 15 Übernachtungen im Monat einen Betreuungsschwerpunkt beim Vater aus. Ein atypischer Fall, der bei der Bemessung des Betreuungsanteils nach Nächten zu einem unangemessenen Ergebnis führe, liege nicht vor.
Rz. 7
2. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts ist der Vater befugt, die Antragsteller im vorliegenden Verfahren zu vertreten. Es kommt im Ergebnis nicht darauf an, ob die Kinder sich in der Obhut des Vaters befinden oder im Wechselmodell betreut werden.
Rz. 8
a) Die gemeinsam sorgeberechtigten Eltern vertreten das Kind nach § 1629 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 BGB grundsätzlich gemeinschaftlich. Gemäß § 1629 Abs. 1 Satz 3 BGB vertritt ein Elternteil das Kind allein, soweit er die elterliche Sorge allein ausübt oder ihm die Entscheidung nach § 1628 BGB übertragen ist. Gemäß § 1629 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB können der Vater und die Mutter das Kind insoweit nicht vertreten, als nach § 1824 BGB (bis 31. Dezember 2022 § 1795 BGB aF für den Vormund) ein Betreuer von der Vertretung des Betreuten ausgeschlossen ist; steht die elterliche Sorge für ein Kind den Eltern gemeinsam zu, so kann der Elternteil, in dessen Obhut sich das Kind befindet, Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den anderen Elternteil geltend machen.
Rz. 9
Nach § 1824 Abs. 1 Nr. 1 BGB kann der Betreuer den Betreuten bei einem Rechtsgeschäft zwischen seinem Ehegatten oder einem seiner Verwandten in gerader Linie einerseits und dem Betreuten andererseits grundsätzlich nicht vertreten. Das gleiche gilt gemäß § 1824 Abs. 1 Nr. 3 BGB bei einem Rechtsstreit zwischen den in § 1824 Abs. 1 Nr. 1 BGB bezeichneten Personen. Die Regelung erfasst über den Gesetzeswortlaut hinaus - entsprechend dem Rechtsgedanken des für Rechtsgeschäfte geltenden § 181 BGB - erst recht auch Rechtsstreitigkeiten, die der Betreuer unmittelbar mit dem Betreuten führt (Insichprozess; vgl. Grüneberg/Ellenberger BGB 83. Aufl. § 181 Rn. 5; MünchKommBGB/Schneider 9. Aufl. § 1824 Rn. 24), und gilt entsprechend auch für Eltern im Verhältnis zu ihren minderjährigen Kindern (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 193, 1 = FamRZ 2012, 859 Rn. 12).
Rz. 10
b) Gemäß § 1629 Abs. 2 Satz 1 BGB iVm § 1824 Abs. 1 Nr. 3 und Nr. 1 BGB besteht mithin ein Vertretungsausschluss bei einem Rechtsstreit zwischen dem Kind und dem Ehegatten des Elternteils (vgl. Senatsbeschlüsse BGHZ 193, 1 = FamRZ 2012, 859 Rn. 6 und vom 2. November 2016 - XII ZB 583/15 - FamRZ 2017, 123 Rn. 16 zur Vaterschaftsanfechtung unter Geltung von § 1795 BGB aF). Anderes gilt jedoch bei nicht miteinander verheirateten, gemeinsam sorgeberechtigten Eltern.
Rz. 11
aa) Allerdings hatte der Bundesgerichtshof in seiner früheren Rechtsprechung einen Elternteil auch dann als von der gesetzlichen Vertretung ausgeschlossen angesehen, wenn er mit dem anderen Elternteil nicht (mehr) verheiratet, aber gemeinsam sorgeberechtigt war und die Eltern dementsprechend zur Gesamtvertretung befugt waren (BGH Urteil vom 14. Juni 1972 - IV ZR 53/71 - FamRZ 1972, 498, 499 f. zur damaligen Ehelichkeitsanfechtung). Diese Rechtsprechung hat der nunmehr zuständige Senat jedoch aufgegeben (Senatsbeschluss BGHZ 229, 239 = FamRZ 2021, 1127 Rn. 22 ff.). Danach führt der bei einem Elternteil verwirklichte Ausschlussgrund nicht zugleich auch zum Ausschluss des anderen, vom Ausschlussgrund nicht betroffenen Elternteils. Vielmehr bleibt dessen Vertretungsbefugnis bestehen und ermächtigt ihn zur Alleinvertretung des Kindes.
Rz. 12
bb) Gegen diese neuere Rechtsprechung des Senats ist eingewandt worden, dass das Gesetz in anderem Zusammenhang (§§ 1678, 1680 BGB) die alleinige Sorge des einen Elternteils nach Verhinderung oder Versterben des anderen Elternteils ausdrücklich hervorhebe (vgl. BeckOK BGB/Veit [Stand: 1. Januar 2023] § 1629 Rn. 37.2 mwN). Das führt indes nicht zu dem Umkehrschluss, dass der vom Ausschlussgrund nicht betroffene Elternteil von der Vertretung ebenfalls ausgeschlossen ist. Der Senat hat vielmehr bereits darauf hingewiesen, dass eine aus § 1629 Abs. 2 Satz 1 BGB und dessen Wortlaut hergeleitete zusammenfassende Betrachtung der Eltern im Hinblick auf den nur in Person eines Elternteils gegebenen Ausschlussgrund schon deswegen nicht in Betracht kam, weil das Gleichberechtigungsgesetz vom 18. Juni 1957 (BGBl. I S. 609), auf das die heutige Fassung des § 1629 BGB insoweit zurückgeht, keine Gesamtvertretung durch die Eltern vorsah (Senatsbeschluss BGHZ 229, 239 = FamRZ 2021, 1127 Rn. 24). Schon deswegen kann aus anderen gesetzlichen Bestimmungen, welche beim Ausschluss eines Elternteils von der Ausübung des Sorgerechts den anderen für allein ausübungsbefugt erklären (§§ 1678 Abs. 1, 1680 Abs. 1 BGB), nicht der Schluss gezogen werden, dass für § 1629 Abs. 2 Satz 1 BGB etwas anderes bestimmt sei. Da das Gleichberechtigungsgesetz zudem insoweit wegen Verfassungswidrigkeit nichtig war, lassen sich aus dem von ihm vorgesehenen - seinerzeit noch generellen - Ausschluss der Mutter von der Vertretung des Kindes weder systematische noch teleologische Gründe für einen „automatischen“ Ausschluss des nicht vom Ausschlussgrund betroffenen Elternteils von der elterlichen Vertretungsbefugnis nach heutiger Gesetzeslage herleiten. Wie der Senat bereits ausgeführt hat, ergibt sich auch aus der weiteren Gesetzesentwicklung insoweit keine Änderung der maßgeblichen Regelung in § 1629 BGB (Senatsbeschluss BGHZ 229, 239 = FamRZ 2021, 1127 Rn. 25 f.).
Rz. 13
Die Begründung der Alleinvertretung durch den nicht von der Vertretung ausgeschlossenen Elternteil folgt schließlich zwingend daraus, dass es mangels eines vom Gesetz angeordneten Vertretungsausschlusses insoweit bei der vom Gesetz begründeten - und von Art. 6 Abs. 2 GG grundrechtlich gewährleisteten - elterlichen Vertretungsbefugnis verbleibt. Ist daneben kein anderer (gesamt-)vertretungsbefugter Elternteil vorhanden, kann es sich hierbei folglich nur um eine Alleinvertretungsbefugnis handeln (vgl. BGH Urteil vom 5. Februar 1958 - IV ZR 293/57 - FamRZ 1958, 178, 179).
Rz. 14
cc) Die neuere Rechtsprechung des Senats ist grundsätzlich auch auf die Vertretung des minderjährigen Kindes im Verfahren auf Kindesunterhalt zu übertragen (im Ausgangspunkt zutreffend OLG Hamburg FamRZ 2024, 110, 111; Maaß FamRB 2023, 424, 427; vgl. auch OLG Köln FamRZ 2023, 1024 f.). Der Ausschluss eines Elternteils von der gesetzlichen Vertretung des Kindes wegen Insichprozesses erstreckt sich mithin nicht auf den anderen, vom Ausschlussgrund selbst nicht betroffenen Elternteil.
Rz. 15
Für die Vertretung bei der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen ist indessen die davon abweichende besondere Regelung in § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB zu beachten. Diese weist die alleinige Vertretungsbefugnis insoweit dem Elternteil zu, in dessen Obhut sich das Kind befindet. Dass es sich hierbei um eine verdrängende Zuweisung handelt, der andere Elternteil also neben dem Obhutselternteil nicht zugleich ebenfalls vertretungsbefugt ist, wird aus der Gesetzesentwicklung und dem mit der Regelung verfolgten Zweck hinreichend deutlich.
Rz. 16
Schon mit dem Gleichberechtigungsgesetz wurde eine Regelung in § 1629 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 BGB eingeführt, die für Unterhaltsansprüche eine Ausnahme vom Vertretungsausschluss von Vater und Mutter vorsah. Diese Regelung betraf allerdings mangels gemeinsamer Vertretungsbefugnis der Eltern hinsichtlich der Mutter nur den Fall, dass dieser zuvor die alleinige Personensorge vom Gericht übertragen worden war (vgl. Staudinger/Donau BGB 10./11. Aufl. § 1629 Rn. 80 ff.). Die Regelung erfuhr aber durch das 1. Eherechtsreformgesetz vom 14. Juni 1976 (BGBl. I S. 1421) eine Änderung dahin, dass die Vertretungsbefugnis für Unterhaltsansprüche nicht generell beiden Eltern zustehen sollte, sondern dem Elternteil, in dessen Obhut sich das Kind befindet. Den Gesetzesmaterialien ist zu entnehmen, dass der Gesetzgeber nunmehr von einer grundsätzlich gleichzeitig bestehenden Vertretungsbefugnis beider Eltern ausging. Durch den Begriff der Obhut sollte nach den Vorstellungen des Gesetzgebers gegenüber der vorangegangenen Gesetzesfassung eine Klarstellung erfolgen, welcher Elternteil den Unterhalt des Kindes geltend machen kann (vgl. BT-Drucks. 7/650 S. 175).
Rz. 17
In der Begründung des Gesetzentwurfs war zwar nicht berücksichtigt, dass jedenfalls für die gerichtliche Geltendmachung des Unterhalts eine gleichzeitige Vertretungsbefugnis beider Eltern für denselben Unterhaltsanspruch von vornherein nicht bestehen konnte. Der tatsächlichen Obhut ist aber dessen ungeachtet ausdrücklich die gleiche Legitimationswirkung wie der gerichtlichen Sorgerechtsübertragung zugemessen worden (vgl. BT-Drucks. 7/650 S. 175; BeckOK BGB/Veit [Stand: 1. Januar 2023] § 1629 Rn. 79). Den Gesetzesmotiven ist damit hinreichend deutlich zu entnehmen, dass wie bei einer gerichtlichen Sorgerechtsübertragung auch aus dem Begriff der Obhut eines Elternteils dessen alleinige Vertretungsbefugnis bezüglich des Kindesunterhalts folgt.
Rz. 18
dd) Im Ergebnis besteht somit im Fall der alleinigen Obhut eines Elternteils auch dessen alleinige Vertretungsbefugnis für den Kindesunterhalt. Fehlt es dagegen, vor allem im Fall eines von den Eltern praktizierten Wechselmodells, an der alleinigen Obhut eines Elternteils, so steht die Vertretungsmacht entsprechend der neueren Rechtsprechung des Senats folglich beiden (nicht miteinander verheirateten) Eltern zu. Jeder Elternteil kann in diesem Fall den Unterhaltsanspruch des Kindes, soweit dieser nach § 1606 BGB gegen den anderen Elternteil gerichtet ist, als gesetzlicher Vertreter des Kindes geltend machen. Abweichend von der bisherigen Rechtsprechung des Senats (Senatsurteil vom 21. Dezember 2005 - XII ZR 126/03 - FamRZ 2006, 1015; Senatsbeschluss vom 12. März 2014 - XII ZB 234/13 - FamRZ 2014, 917 Rn. 16 mwN) ist dann weder die Bestellung eines Ergänzungspflegers noch die teilweise Übertragung des Sorgerechts nach § 1628 BGB erforderlich.
Rz. 19
Der Senat verkennt nicht, dass die verfahrensrechtliche Konstellation entstehen kann, in der das Kind als Antragsteller, jeweils vertreten durch einen Elternteil, Unterhaltsteilansprüche gegen beide Eltern geltend macht. Das ist aber unbedenklich zulässig, zumal es sich bei den gegen die Eltern als Teilschuldner (§ 1606 BGB) gerichteten Unterhaltsansprüchen um verschiedene Verfahrensgegenstände handelt. Die gleichzeitige Geltendmachung des Unterhalts gegen die Eltern in einem Verfahren ist insoweit einem Antrag des volljährigen Kindes gegen die Eltern als einfache Streitgenossen vergleichbar und erscheint überdies zur Ermöglichung der abschließenden Klärung des gesamten Unterhalts in einem Verfahren auch als verfahrensökonomisch (vgl. Senatsbeschluss vom 26. November 1997 - XII ARZ 20/97 - FamRZ 1998, 361, 362 zur Zuständigkeitsbestimmung; vgl. auch „Ein faires Unterhaltsrecht für Trennungsfamilien: Eckpunkte des Bundesministeriums der Justiz zur Modernisierung des Unterhaltsrechts“ in der Fassung vom 24. August 2023, veröffentlicht auf www.bmj.de, S. 3, 7).
Rz. 20
Dass zwischen dem jeweils vertretenden Elternteil und dem Kind etwa im Hinblick auf die anteilige Unterhaltspflicht des vertretenden Elternteils (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 213, 254 = FamRZ 2017, 437 Rn. 25) wie auch dessen - in Abhängigkeit vom Kindesunterhalt stehenden - Anspruch auf nachehelichen Unterhalt in gewissem Umfang ein Interessenwiderstreit entstehen kann, unterscheidet sich nicht wesentlich von der alleinigen Vertretung durch einen Elternteil und wird vom Gesetz grundsätzlich hingenommen. Im - praktisch seltenen - Einzelfall eines erheblichen Interessengegensatzes kann die Vertretungsbefugnis nach § 1629 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 1 iVm § 1789 Abs. 2 Satz 3 und 4 BGB entzogen werden (vgl. dazu Senatsbeschluss BGHZ 229, 239 = FamRZ 2021, 1127 Rn. 31 mwN).
Rz. 21
c) Nach den vorstehenden Maßstäben ist der Vater im vorliegenden Verfahren entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts vertretungsbefugt. Denn insoweit ist zwischen den Beteiligten lediglich streitig, ob die Kinder sich in der Obhut des Vaters befinden oder ein Wechselmodell vorliegt. Da der Vater in beiden Fällen gleichermaßen vertretungsbefugt ist, besteht insoweit kein Zulässigkeitshindernis und kommt es mithin im vorliegenden Fall für die gesetzliche Vertretung der Antragsteller auf die vom Beschwerdegericht aufgeworfene Frage der Abgrenzung des Wechselmodells vom Residenzmodell mit alleiniger Obhut eines Elternteils im Ergebnis nicht an.
Rz. 22
3. Der angefochtene Beschluss ist daher aufzuheben. Die Sache ist an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen, weil sich dieses bislang noch nicht mit der Begründetheit der Anträge befasst hat.
Guhling Klinkhammer Günter
Botur Pernice
Fundstellen
Haufe-Index 16322239 |
BGHZ 2024, 378 |
NJW 2024, 2176 |
NJW 2024, 8 |
FuR 2024, 392 |
JuS 2024, 886 |
ErbR 2024, 777 |
FF 2024, 333 |
FF 2024, 366 |
FamRB 2024, 5 |
NZFam 2024, 693 |