Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsmittel. Staatliche Beihilfen. Beihilfen zugunsten von Flughäfen und Luftverkehrsgesellschaften. Beschluss, mit dem die Maßnahmen zugunsten des Flughafens Frankfurt-Hahn als mit dem Binnenmarkt vereinbare staatliche Beihilfen eingestuft werden und festgestellt wird, dass keine staatlichen Beihilfen zugunsten der Luftverkehrsgesellschaften, die diesen Flughafen nutzen, vorliegen. Unzulässigkeit einer Nichtigkeitsklage. Natürliche oder juristische Person, die von dem fraglichen Beschluss nicht unmittelbar und individuell betroffen ist. Wirksamer gerichtlicher Rechtsschutz
Normenkette
AEUV Art. 263 Abs. 4
Beteiligte
Deutsche Lufthansa/ Kommission |
Tenor
1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.
2. Die Deutsche Lufthansa AG trägt neben ihren eigenen Kosten die Kosten der Europäischen Kommission, des Landes Rheinland-Pfalz und der Ryanair DAC.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 13. Juni 2019,
Deutsche Lufthansa AG mit Sitz in Köln (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt A. Martin-Ehlers,
Rechtsmittelführerin,
andere Parteien des Verfahrens:
Europäische Kommission, vertreten durch T. Maxian Rusche und S. Noë als Bevollmächtigte,
Beklagte im ersten Rechtszug,
Land Rheinland-Pfalz, vertreten durch Professor C. Koenig,
Ryanair DAC mit Sitz in Swords (Irland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwalt G. Berrisch sowie D. Vasbeck, avocat, und B. Byrne, Solicitor,
Streithelfer im ersten Rechtszug,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Vilaras, der Richter N. Piçarra, D. Šváby und S. Rodin (Berichterstatter) sowie der Richterin K. Jürimäe,
Generalanwalt: M. Szpunar,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 27. Oktober 2020
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihrem Rechtsmittel begehrt die Deutsche Lufthansa AG die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 12. April 2019, Deutsche Lufthansa/Kommission (T-492/15, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2019:252), mit dem das Gericht ihre Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses (EU) 2016/789 der Kommission vom 1. Oktober 2014 über die staatliche Beihilfe SA.21121 (C 29/08) (ex NN 54/07) Deutschlands über die Finanzierung des Flughafens Frankfurt-Hahn und die finanziellen Beziehungen zwischen dem Flughafen und Ryanair (ABl. 2016, L 134, S. 46, im Folgenden: streitiger Beschluss) als unzulässig abgewiesen hat.
Vorgeschichte des Rechtsstreits und streitiger Beschluss
Rz. 2
Das Gericht hat die Vorgeschichte des Rechtsstreits im angefochtenen Urteil wie folgt dargelegt:
„1 Die Klägerin, die Deutsche Lufthansa …, ist eine Fluggesellschaft mit Sitz in Deutschland, deren Haupttätigkeit in der Beförderung von Fluggästen besteht. Ihr wichtigster Basisflughafen ist der Flughafen Frankfurt am Main (Deutschland).
2 Der Flughafen Frankfurt-Hahn liegt in Deutschland, im Land Rheinland-Pfalz (im Folgenden: Land), ca. 120 km westlich von der Stadt Frankfurt am Main und 115 km vom Flughafen Frankfurt am Main entfernt. Bis 1992 befand sich am Standort des Flughafens Frankfurt-Hahn eine Militärbasis, die sodann in einen Zivilflughafen umgewandelt wurde. Am 1. April 1995 veräußerte die Bundesrepublik Deutschland das Eigentum an der Infrastruktur an die Holding Unternehmen Hahn GmbH & Co. KG (im Folgenden: Holding Hahn), eine öffentlich-private Partnerschaft, an der das Land beteiligt war.
3 Am 1. Januar 1998 erwarb die Flughafen Frankfurt/Main GmbH (im Folgenden: Fraport), die den internationalen Flughafen Frankfurt am Main betrieb und verwaltete, 64,90 % der Anteile an der Betreibergesellschaft des Flughafens Frankfurt-Hahn, der Flughafen Hahn GmbH & Co. KG Lautzenhausen (im Folgenden: Flughafen Hahn).
4 Im Jahr 1999 warb der Flughafen Frankfurt-Hahn mit der Ryanair Ltd (jetzt Ryanair DAC, im Folgenden: Ryanair) seine erste Billigfluggesellschaft an. Der erste Vertrag zwischen Flughafen Hahn und Ryanair trat am 1. April 1999 in Kraft (im Folgenden: Vertrag mit Ryanair von 1999). Der Vertrag mit Ryanair von 1999, der eine Laufzeit von fünf Jahren hatte, regelte die von Ryanair zu entrichtenden Flughafenentgelte.
5 Im August 1999 übernahm Fraport 73,37 % der Anteile der Holding Hahn sowie 74,90 % der Anteile ihres Kommanditisten Holding Unternehmen Hahn Verwaltungs GmbH.
6 Am 31. August 1999 trafen das Land und Fraport eine Vereinbarung, in der sich Fraport zum Abschluss eines Gewinnabführungs- und Verlustübernahmevertrags verpflichtete. Dieser Vertrag wurde am selben Tag genehmigt und durch notarielle Urkunde vom 24. November 2000 bestätigt; er trat am 1. Januar 2001 in Kraft. Nach diesem Vertrag hatte Fraport Anspruch auf alle vom Betreiber des Flughafens Frankfurt-Hahn erwirtschafteten Gewinne und musste im Gegenzug alle dessen Verluste übernehmen …
7 Anschließend fusi...