Verfahrensgang
LG Leipzig (Entscheidung vom 03.03.2022; Aktenzeichen BSRH 4/22) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Landgerichts Leipzig vom 03. März 2022 aufgehoben.
2. Die Anordnung der Heimerziehung wird für rechtsstaatswidrig erklärt und aufgehoben, soweit sie die Einweisung bzw. Unterbringung des Betroffenen in den Jugendwerkhof "xxx" in O1 ab dem 07. Dezember 1979 zur Folge hatte.
3. Es wird festgestellt, dass der Betroffene in der Zeit vom 07. Dezember 1979 bis 04. Juni 1980 zu Unrecht Freiheitsentzug erlitten hat.
4. Der weitergehende Antrag des Betroffenen wird zurückgewiesen.
5. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet verworfen.
6. Kosten des Verfahrens werden nicht erhoben. Die dem Betroffenen insoweit entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.
Gründe
I.
Durch Verfügung des Referatsleiters der Jugendhilfe vom 20. November 1978, welche mit Beschluss des Jugendhilfeausschusses des Rates des Kreises O2 vom 23. Januar 1979 bestätigt worden ist, wurde im Hinblick auf den Antragsteller die Heimerziehung angeordnet, was zu seiner Unterbringung in einem Durchgangsheim in O2 vom 17. Dezember 1978 bis 27. Februar 1979 und anschließend im Jugendwerkhof "xxx" in O1 vom 28. Februar 1979 bis 10. Juli 1979 führte. Unmittelbar im Anschluss befand sich der Antragsteller zunächst in Untersuchungshaft und sodann in Strafhaft im Jugendhaus O3 bis zum 05. Dezember 1979 und wurde sodann von dort aus in den Jugendwerkhof "xxx" in O1 entlassen, wo er schließlich vom 07. Dezember 1979 bis zum 04. Juni 1980 untergebracht war.
Mit Beschluss des Landgerichts Leipzig vom 30. Januar 2013 (BSRH 242/12) wurde der Antrag des Betroffenen die durch Beschluss des Rates des Kreises O2 - Jugendhilfeausschuss - angeordnete Heimerziehung für rechtsstaatswidrig zu erklären und aufzuheben als unbegründet zurückgewiesen. Die dagegen seitens des Antragstellers gerichtete Beschwerde wurde durch Senatsbeschluss vom 24. April 2013 (1 Reha Ws 27/13) als unbegründet verworfen. Mit Beschluss des Landgerichts Leipzig vom 29. April 2014 (BSRH 91/14) wurde ein weiterer Antrag des Antragstellers mit der Begründung, es handele sich um einen unzulässigen Wiederholungsantrag, als unzulässig zurückgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde durch Senatsbeschluss vom 25. September 2014 (1 Reha Ws 23/14) als unbegründet verworfen. Ein anschließender Wiederaufnahmeantrag des Betroffenen vom 16. November 2017 wurde mit Beschluss des Landgerichts Leipzig vom 28. März 2018 (BSRH 86/18 und BSRH 87/18) als unzulässig zurückgewiesen. Die dagegen eingelegte Beschwerde des Antragstellers wurde mit Senatsbeschluss vom 20. Juni 2018 (1 Reha Ws 22/18) als unbegründet verworfen.
Mit Schreiben vom 31. Dezember 2021 hat der Betroffene nunmehr einen "Antrag Wiederaufnahme des Verfahrens StPO 359 Nr.5 in Verbindung mit StrRehaG § 10 Abs.3" beim Landgericht Leipzig eingereicht und zur Begründung unter anderem Folgendes ausgeführt: "Laut dem aufgefundenem Dokument wird bestätigt, das der Grund meiner Rechtsstaatswidrigen Inhaftierung, eine nicht abgeschlossene Umerziehung (die nun gemäß des neu gefassten § 10 Abs. 3 StrRehaG) die Grundlage gebildet hatte. Ich beantrage, das Verfahren ... nun gemäß § 359 Nr. 5 StPO erneut, wegen dem nun Bekanntwerden neuer Tatsachen, umgehend erneut wiederaufzunehmen". Dem Antrag war ein Schreiben des Jugendwerkhofes "xxx" in O1 vom 10. Dezember 1979 beigefügt, auf dessen Inhalt verwiesen wird.
Das Landgericht Leipzig hat den Antrag des Betroffenen als Wiederholungsantrag nach § 1 Abs. 6 StrRehaG ausgelegt und diesen mit Beschluss vom 03. März 2022 als unbegründet zurückgewiesen. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den vorgenannten Beschluss Bezug genommen.
Gegen die Entscheidung des Landgerichts hat der Betroffene mit Schreiben vom 25. März 2022, welches am 30. März 2022 beim Landgericht Leipzig eingegangen ist, Beschwerde eingelegt und diese mit Schriftsätzen vom 12. April 2022, 27. Juli 2022 und 01. Oktober 2022 im Einzelnen begründet. Wegen der Einzelheiten der Beschwerdebegründung wird auf die vorgenannten Schreiben verwiesen.
Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden hat beantragt, die Beschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss des Landgerichts Leipzig vom 03. März 2022 aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zu verwerfen.
II.
Die zulässig erhobene Beschwerde hat lediglich in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg.
1.
Der seitens des Betroffenen gestellte "Antrag Wiederaufnahme des Verfahrens" ist vom Landgericht trotz seiner Bezeichnung zu Recht als Wiederholungsantrag im Sinne von § 1 Abs. 6 StrRehaG ausgelegt worden. Denn der Betroffene hat in seinem Schreiben vom 31. Dezember 2021 den Antrag mit der im November 2019 in Kraft getretenen Gesetzesänderung unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Vermutungsregelung des § 10 Abs. 3 StrRehaG begründet, so dass das Landgericht den Antrag entsprechend des damit verfolgten Rech...