Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen einer Titelgegenklage nach § 767 ZPO analog
Verfahrensgang
BGH (Urteil vom 11.02.2016; Aktenzeichen V ZR 158/15) |
LG Kassel (Urteil vom 17.09.2014; Aktenzeichen 4 O 868/14) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des LG Kassel vom 17.09.2014 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. DerKlägerdarfdie Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger wendet sich mit seiner Klage gegen die Zwangsvollstreckung aus einem Versäumnisurteil des LG Kassel vom 11.12.2009 (Az.: 4 O 1305/09), das nach seiner Auffassung mangels ordnungsgemäßer Zustellung nicht vollstreckbar sei. Mit dem vorgenannten Urteil, das durch öffentliche Zustellung gemäß § 185 ZPO zugestellt wurde, war er zur Duldung der Zwangsvollstreckung aus einer Grundschuld in das geerbte Grundstück Straße1 in Stadt1 verurteilt worden.
Nachdem die Klageschrift vom 02.07.2009 nicht zugestellt werden konnte, beantragte die Beklagte im Anlassrechtsstreit mit Schriftsatz vom 07.09.2009 unter Hinweis auf eine erfolglose Auskunft des Einwohnermeldeamts und einer Anschriftenprüfung bei der Post die öffentliche Zustellung der Klageschrift. Nach einem vergeblichen Zustellungsversuch bei einer vom Einzelrichter ermittelten Anschrift in Stadt2 bewilligte das LG mit Beschluss vom 17.09.2009 die öffentliche Zustellung der Klageschrift nebst Anordnung des schriftlichen Vorverfahrens. Am 11.12.2009 erließ das LG antragsgemäß ein Versäumnisurteil und ordnete ebenfalls dessen öffentliche Zustellung an, die durch Aushang an der Gerichtstafel am 17.12.2009 und Veröffentlichung in der Zeitung X am 24.12.2009 bewirkt wurde.
Mit Schreiben vom 11.01.2010 legt der Kläger Einspruch ein und wies darauf hin, dass die Voraussetzungen für eine öffentliche Zustellung nicht vorgelegen hätten. Er bat ferner um Zustellung der Klageschrift und des Versäumnisurteils. Das LG wies mit Verfügung vom 13.01.2010 darauf hin, dass der Einspruch durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden müsse und übersandte einen Kopie der Klageschrift und des Versäumnisurteils. Ergänzend wies das LG dabei darauf hin, dass mit der Übersendung dieser Schriftstücke keine förmliche Zustellung zu sehen sei. Mit Anwaltsschriftsatz vom 16.03.2010 legte Frau Rechtsanwältin ... nochmals Einspruch für den Kläger ein und beantragte die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Nachdem weder eine Einspruchsbegründung noch eine Begründung des Wiedereinsetzungsantrags zur Akte gelangte, wurde der Einspruch mit Urteil vom 19.04.2010 mit der Begründung verworfen, dass die Einspruchsfrist nicht eingehalten und die Wiedereinsetzungsvoraussetzungen nicht näher substantiiert worden seien. Gegen das Verwerfungsurteil wurde kein Rechtsmittel eingelegt.
Das Grundstück wurde zwischenzeitlich versteigert. Eine Verteilung des Versteigerungserlöses hat hingegen noch nicht stattgefunden.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass die Voraussetzungen für eine öffentliche Zustellung im Verfahren 4 O 1305/09 nicht vorgelegen hätten, weil dem Kläger sämtliche Schriftstücke unter der Adresse ... hätten zugestellt werden können. Diese Adresse sei der Beklagten bekannt gewesen, weil sie dem Kläger unter dieser Anschrift u.a. die Schreiben vom 23.11.2006, 08.12.2006 und 08.02.2007 zugesendet hatte. Unter der in der Klageschrift angegebenen Adresse habe Frau A gewohnt, die bei entsprechender Nachfrage die Anschrift des Klägers in Stadt3 hätte benennen können.
Wegen der weiteren Feststellungen und der erstinstanzlichen Anträge wird auf das angefochtene Urteil des LG Kassel vom 17.09.2014 gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen (Bl. 91 - 95 d.A.).
Das LG hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klage sei zwar als Titelgegenklage analog § 767 ZPO zulässig. Auch sei die Zustellung des Versäumnisurteils nach § 310 Abs. 3 ZPO Wirksamkeitsvoraussetzung. Die Klage sei jedoch unbegründet, weil die öffentliche Zustellung der Klageschrift und des Versäumnisurteils wirksam seien. Die Anforderungen an eine öffentliche Zustellung hätten sowohl die Beklagte als auch der Dezernent erfüllt. Die Beklagte hätte eine Anfrage beim Einwohnermeldeamt als auch eine Anschriftenprüfung bei der Post vorgenommen. Der zuständige Dezernent habe darüber hinaus über die Strafkammer des LG eine Anschrift ermittelt, an die jedoch ebenfalls nicht zugestellt werden konnte. Selbst wenn Zweifel an der Wirksamkeit der öffentlichen Zustellung bestünden, sei eine Heilung von Zustellungsmängeln gemäß § 189 ZPO eingetreten. Dem Beklagten sei nämlich eine Kopie der Klageschrift und des Versäumnisurteils übersandt worden.
Gege...