Entscheidungsstichwort (Thema)
Detektiv ermittelt
Leitsatz (amtlich)
1. Macht der Verletzte einen Verfügungsantrag bei einem LG anhängig, nimmt diesen jedoch kurze Zeit darauf wieder zurück, nachdem Verhandlungstermin anberaumt worden ist, kann einem sodann vor einem anderen Gericht gestellten inhaltsgleichem Verfügungsantrag wegen rechtsmissbräuchlichem "forum-shopping" das erforderliche besondere Rechtsschutzbedürfnis der §§ 12 Abs. 2 UWG, 935, 940 ZPO fehlen.
2. Dies gilt insb. dann, wenn der Verletzte hierdurch erkennbar eine vorgesehene Beteilung des Prozessgegners an der Entscheidungsfindung vereiteln will. Das Interesse, eine gerichtliche Eilentscheidung nur ohne die Gewährung rechtlichen Gehörs des Prozessgegners erlangen zu wollen, ist rechtlich nicht schutzfähig.
3. In derartigen Fällen ist die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG durch das eigene Verhalten des Verletzten selbst dann widerlegt, wenn die erneute Einreichung des Verfügungsantrags vor dem zweiten Gericht innerhalb eines Zeitraums erfolgt, der für sich genommen noch nicht dringlichkeitsschädlich ist.
Normenkette
UWG § 12 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 25.10.2005; Aktenzeichen 407 O 199/05) |
Tenor
Auf die Berufung des Antragsgegners wird das Urteil des LG Hamburg, Kammer 7 für Handelssachen, vom 25.10.2005 abgeändert.
Die einstweilige Verfügung des LG Hamburg, Zivilkammer 12, vom 1.6.2005 wird unter Abweisung des auf ihren Erlass gerichteten Antrags vom 24.5.2005 aufgehoben.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.
Gründe
I. Zu der Verlagsgruppe der Antragstellerin gehört u.a. der "F.-Verlag". Hierbei handelt es sich um einen sog. "Zuschussverlag" bzw. "Dienstleistungsverlag", dessen Tätigkeit u.a. dadurch geprägt ist, dass die Autoren, deren Werke veröffentlicht werden, zu einem erheblichen Anteil bzw. vollständig die hierbei anfallenden Kosten selbst tragen müssen.
Der Antragsgegner veröffentlicht unter der Bezeichnung "Autorenhaus Verlag" u.a. Ratgeber für junge Autoren (Anlage AG6). Er ist auch selbst Autor von derartigen Ratgebern ("Handbuch für Erst-Autoren - Wie ich mein Manuskript anbiete und den richtigen Verlag finde" bzw. "Mini-Verlag").
Auf der von ihm zu verantwortenden Internet-Seite www.abc.de bietet der Antragsgegner in unterschiedlichen Rubriken Informationen zu Themenbereichen an, die sich in erheblichem Umfang mit Nachwuchsautoren und dem Verlagswesen befassen (Anlage AG7). Am 12.4.2005 hatte der Antragsgegner auf dieser Seite unter der Überschrift
"ZDF-WISO ermittelt: F.-Verlag"
Jede Woche ermittelt der Detektiv von WISO gegen "gegen Betrüger, Gauner und verbraucherfeindliche Geschäftspraktiken" (ZDF) auf eine Sendung am 0.00.2005 Bezug genommen, die sich mit dem F.-Verlag beschäftigt.
Dieses Verhalten beanstandet die Antragstellerin unter dem Gesichtspunkt einer unlauteren Herabsetzung/Verunglimpfung bzw. einer rufschädigenden Tatsachenbehauptung als wettbewerbswidrig.
Die Antragstellerin hatte im Anschluss an eine Abmahnung des Antragsgegners vom 22.4.2005 (Anlage ASt8) zunächst am 19.5.2005 bei dem LG Stuttgart Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gestellt (Anlage AG1). Nach Rücknahme dieses Antrags hat sie sodann am 25.5.2005 bei dem LG Hamburg einen inhaltsgleichen Antrag gestellt.
Die Antragstellerin hatte in erster Instanz beantragt, den Antragsgegner zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, auf ihrer(richtig: seiner) Internetseite "Autorenhaus.de", über den F.-Verlag wörtlich oder sinngemäß zu berichten:
"ZDF-Wiso ermittelt: F. Verlag 12.4.2005
Jede Woche ermittelt der Detektiv von Wiso "gegen Betrüger, Gauer und verbraucherfreundliche Geschäftspraktiken" (ZDF)
Diesmal ging es bei "Wiso ermittelt" um den F. Literaturverlag.
Sendung vom 11.4.2005, hier mehr, ZDF Wiso ermittelt.
Der F. Verlag (Verlagsgründer DMHH) gehört zum yyyy Verlag GmbH (Geschäftsführer DUF), einem Unternehmen des Zuschussverlagskonzerns xxxx Verlagsgruppe (Vorstand DUF)."
Das LG hat den Antragsgegner mit einstweiliger Verfügung vom 1.6.2005 entsprechend zur Unterlassung verpflichtet und diese Verfügung auf den mit einem Abweisungsantrag verbundenen Widerspruch des Antragsgegners mit Urteil vom 25.10.2005 mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass die Worte "oder sinngemäß" im Verbot entfallen..
Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Antragsgegners. Der Antragsgegner verfolgt in zweiter Instanz unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Sachvortrags sein Abweisungsbegehren weiter. Die Antragstellerin verteidigt auf der Grundlage der bereits erstinstanzlich gestellten Anträge das landgerichtliche Urteil.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen im Übrigen wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils sowie auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II...