Verfahrensgang
LG Bochum (Aktenzeichen 4 O 151/20) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurückzuweisen.
Es wird Gelegenheit gegeben, binnen drei Wochen Stellung zu nehmen.
Gründe
I. Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung auf Grund mündlicher Verhandlung erfordern und eine mündliche Verhandlung auch sonst nicht geboten ist.
Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Berufungsangriffe des Klägers aus der Berufungsbegründung vom 01.12.2020 (Bl. 13 ff. der elektronischen Gerichtsakte II. Instanz, im Folgenden: eGA-II und für die erste Instanz eGA-I) greifen nicht durch.
1. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Prämien nebst gezogener Nutzungen zu.
a) Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus § 8 Abs. 5 VVG a.F. in Verbindung mit §§ 346 ff. BGB.
aa) Allerdings stand dem Kläger ursprünglich ein Rücktrittsrecht nach dieser Vorschrift und nicht etwa ein - gemäß § 8 Abs. 6 VVG vorrangiges - Widerspruchsrecht gemäß § 5a Abs. 1 VVG a.F. zu.
Ein Widerspruchsrecht gemäß § 5a Abs. 1 S. 1 VVG a.F. besteht nur, wenn der Vertragsschluss im Policenmodell erfolgte, wenn also der Versicherer dem Versicherungsnehmer bei Antragstellung die Versicherungsbedingungen nicht übergibt oder die erforderliche Verbraucherinformation unterlässt.
Vorliegend bestehen für den Senat aber keine Zweifel im Sinne von § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO an der Feststellung des Landgerichts, dass der Abschluss der beiden hier in Rede stehenden Verträge nach dem Antragsmodell erfolgte.
(1) Zu Recht ist das Landgericht zu dem Ergebnis gekommen, dass der Kläger den Erhalt der Allgemeinen Versicherungsbedingungen und der weitergehenden steuerlichen Informationen nicht wirksam bestritten hat. Sein einfaches Bestreiten ist unbeachtlich.
Unstreitig hat er den Erhalt dieser Unterlagen in den Antragsformularen durch eine eigene Unterschrift bestätigt (eGA-I 182 und 213). Ein solches gesondert unterschriebenes Empfangsbekenntnis, das gemäß § 309 Nr. 12 lit. b) BGB auch in AVB zulässig ist, begründet ein beweiskräftiges Indiz für den Empfang der Unterlagen (BGH, Urteil vom 28.09.1987 - II ZR 35/87, NJW-RR 1988, 881; Senat, Beschluss vom 24.10.2014 - 20 U 73/14, juris Rn. 8; Senat, Beschluss vom 18.10.2019 - 20 U 165/19, juris Rn. 9; OLG Jena, Urteil vom 07.08.2020 - 4 U 1075/19, juris Rn. 49). Das einfache Bestreiten des Erhalts der Unterlagen durch den Kläger ohne nähere Darlegung, warum er dennoch jeweils die Empfangsbekenntnisse unterzeichnete, ist ungeeignet, dieses Indiz zu entkräften.
Dagegen wendet sich der Kläger in seiner Berufungsbegründung auch nicht mehr.
(2) Dazu, dass die dem Kläger danach übergebenen Unterlagen eine bestimmte nach dem Gesetz vorgeschriebene Verbraucherinformation nicht enthalten hätten, ist nichts dargelegt.
bb) Der Kläger übte den Rücktritt aber jeweils nicht fristgerecht aus.
Die Rücktrittsfrist von 14 Tagen ab Vertragsschluss gemäß § 8 Abs. 5 S. 1 VVG a.F. war im Zeitpunkt des im Schreiben der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 06.09.2017 (Anl. K1, eGA-I 19 f.) erklärten Rücktritts hinsichtlich beider Verträge lange abgelaufen.
Die Frist wurde bei Antragstellung jeweils wirksam in Lauf gesetzt. Der Kläger wurde seinerzeit ordnungsgemäß über sein Rücktrittsrecht belehrt.
(1) Dies gilt zunächst bezogen auf die äußere Form.
(a) Obwohl § 8 Abs. 5 VVG a.F. selbst keine formalen Voraussetzungen normierte, musste die Belehrung - um ihren Zweck erfüllen zu können - darauf angelegt sein, den Angesprochenen aufmerksam zu machen und ihm das maßgebliche Wissen zu vermitteln (BGH, Urteil vom 29.06.2016 - IV ZR 24/14, r+s 2016, 556, juris Rn. 14).
Der Senat teilt die Ansicht des Landgerichts, dass diese Voraussetzungen bezüglich der von der Beklagten in den beiden Antragsformularen verwendeten Rücktrittsbelehrungen (eGA-I 182 und 213) erfüllt sind.
Entscheidend dafür ist zum einen, dass die Belehrung über das Rücktrittsrecht sich unmittelbar vor der Unterschriftszeile befindet. Zwar genügt eine räumliche Nähe zur Unterschrift nicht unbedingt (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 20.07.2016 - IV ZR 166/12, VuR 2016, 395, juris Rn. 13 zu einem Fall, in dem die Belehrung als dritter von sechs Absätzen vor der Unterschriftenzeile platziert und - anders als die ersten beiden Absätze - nicht fett gedruckt war). Hier kommt aber zum anderen hinzu, dass die Belehrung insgesamt in Fettdruck gehalten ist und zudem links davon in einer eigenen Textbox das - ebenfalls fett gedruckte - Wort "Rücktrittsrecht" deutlich ins Auge springt. Davon, dass die Belehrung - wie in dem vom BGH in der Entscheidung vom 17.12.2014 (IV ZR 260/11, VersR 2015, 224) zugrunde liegenden Fall - in einem längeren Textblock optisch untergeht, kann angesichts dessen keine Rede sein. Vielmehr ist die Gestaltung er...